Ankettprozess um Uranmüllzug in Steinfurt: am zweiten Tag ist plötzlich alles geheim.

Tag1Prozessbericht aus Steinfurt wo zwei AktivistInnen wegen einer Schienen-Ankettaktion gegen den Export von Uranmüll von Gronau nach Frankreich im Jahr 2012, ich wirke als Verteidigerin am Verfahren mit:

Der Tag begann mit Erklärungen (§257 StPO) der Verteidigung zur Beweiserhebung vom ersten Prozesstag. Darin setzte sich die Verteidigung mit den Aussagen der Zeugen, ein in der Hauptverhandlung am ersten Prozesstag gezeigtes Beweisvideo und die Vorwürfe aus der Anklageschrift auseinander. Die politische Dimension des Verfahrens wurde dabei erneut klar gemacht.

Im weiteren Verlauf wurden dann drei Polizeizeugen aus Sankt Augustin vernommen. Ihr Aussageverhalten warf zahlreiche Fragen auf. Sie weigerten sich mit Verweis auf ihre begrenzte Aussagegenehmigung und „polizei-taktischen“ Erwägungen einige Fragen der Verteidigung zu beamntworten. Die Verteidigung hegte Zweifel an den Wahrheitsgehalt der Aussage eines Polizeizeugen, der zum damaligen Geschehen aus der Erinnerung kaum eine Angabe machen konnte, und sich bei seiner Aussage auf geheime interne polizeiliche Dokumente bezog – was eine Überprüfung seiner Aussage unmöglich macht. Die wurde durch die vorsitzende Richterin Dr. Klapproth nicht hinterfragt, sie lehnte einen Antrag auf Vereidigung des Zeugen ab.

Wie bereits am ersten Verhandlungstag, verfolgten auch diesmal zivile Polizeikräfte das Prozessgeschehen aus dem Publikum und machten sich Notizen.

Tag1Prozessbericht aus Steinfurt wo zwei AktivistInnen wegen einer Schienen-Ankettaktion gegen den Export von Uranmüll von Gronau nach Frankreich im Jahr 2012, ich wirke als Verteidigerin am Verfahren mit:

Der Tag begann mit Erklärungen (§257 StPO) der Verteidigung zur Beweiserhebung vom ersten Prozesstag. Darin setzte sich die Verteidigung mit den Aussagen der Zeugen, ein in der Hauptverhandlung am ersten Prozesstag gezeigtes Beweisvideo und die Vorwürfe aus der Anklageschrift auseinander. Die politische Dimension des Verfahrens wurde dabei erneut klar gemacht.

Im weiteren Verlauf wurden dann drei Polizeizeugen aus Sankt Augustin vernommen. Ihr Aussageverhalten warf zahlreiche Fragen auf. Sie weigerten sich mit Verweis auf ihre begrenzte Aussagegenehmigung und „polizei-taktischen“ Erwägungen einige Fragen der Verteidigung zu beamntworten. Die Verteidigung hegte Zweifel an den Wahrheitsgehalt der Aussage eines Polizeizeugen, der zum damaligen Geschehen aus der Erinnerung kaum eine Angabe machen konnte, und sich bei seiner Aussage auf geheime interne polizeiliche Dokumente bezog – was eine Überprüfung seiner Aussage unmöglich macht. Die wurde durch die vorsitzende Richterin Dr. Klapproth nicht hinterfragt, sie lehnte einen Antrag auf Vereidigung des Zeugen ab.

Wie bereits am ersten Verhandlungstag, verfolgten auch diesmal zivile Polizeikräfte das Prozessgeschehen aus dem Publikum und machten sich Notizen.

Bei Manchen ZuschauerInnen und Prozessbeteiligten drängt sich der Verdacht auf, dass die Beamten mit dem merkwürdigen Aussageverhalten der Zeugen am zweiten Prozesstag irgendwie zu tun haben. Oder: Warum diesen plötzlichen Verweis auf polizei-taktischen Erwägungen? Warum wird nun plötzlich mit Verweis auf geheime polizeiinternen Dokumente eine Auflösung der verfahrensgegenständlichen Versammlung behauptet, obwohl diese in der Strafakte nirgendwo Erwähnung findet und von keinem Zeugen (aus der selben Einheit!) am ersten Tag erwähnt wurde?

Der Prozess geht am 6. Juni 2014 um 10 Uhr im Saal 1 des Amtsgerichts Steinfurts weiter.

Ich zitiere zum Schluss aus der Erklärung der Verteidigung zu geschichtlichen und politischen Einordnung des Vorwurfes der Störung öffentlicher Betriebe (§ 316 b StGB):

„Bei einer Auseinandersetzung mit dem §316 b StGB darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der „Störung öffentlicher Betriebe“ um eine Straftat aus dem Straftatkatalog des Terorrismusparagrafs 129 a StGB handelt. Ist der durch die vernommenen Zeugen geschilderte Sachverhalt Sabotage? Ist es Terrorismus? Die Verteidigung ist der Auffassung, dass die angeklagte Handlung durch den Sinn und Zweck des §316 b StGB nicht abgedeckt ist. Hier kommen ein paar Erläuterungen.

Ist eine Ankettaktion im Gleisbereich Sabotage?

Der BGH ist der Überzeugung, dass §316b sehr eng mit §88 StGB (Verfassungsfeindliche Sabotage) zusammen hängt. So schreibt er in einem Beschluss vom 14. Dezember 1977 – 1 BJs 91/77 – StB 255/77 –, BGHSt 27, 307-312 in Abschnitt 7:

Der Wortlaut der Vorschrift [gemeint ist §88 StGB] spricht für eine Auslegung, die sich hinsichtlich des Erfolgs der Handlung im wesentlichen mit dem in den §§ 316b, 317 StGB umschriebenen deckt. Diese Strafvorschriften gegen Störung öffentlicher Betriebe und von Fernmeldeanlagen stimmen in den Schutzobjekten fast völlig mit denen des § 88 StGB überein, unterscheiden sich aber darin, daß sie einerseits regelmäßig einen Eingriff in die Sachsubstanz voraussetzen – während § 88 StGB auch sonstige Störhandlungen erfaßt -, andererseits auch dann eingreifen, wenn der Täter mit der Tat keine verfassungsfeindlichen oder sicherheitsgefährdenden Bestrebungen verfolgt oder sich für solche Bestrebungen einsetzt. Die §§ 316b, 317 StGB schützen die darin genannten öffentlichen Betriebe und Fernmeldeanlagen lediglich vor Eingriffen in die Funktionsfähigkeit des « Betriebs » und dienen damit im wesentlichen der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Verwendungsfähigkeit des Schutzobjekts im Sinne der Möglichkeit eines regelgerechten technischen Arbeitsablaufs.

§88 StGB benötigt jedoch auch einen Taterfolg in dem Sinne, dass Anlagen „ganz oder zum Teil außer Tätigkeit gesetzt oder den bestimmungsgemäßen Zwecken entzogen werden“ – dies legt nahe, dass das auch beim §316b StGB sein soll und klingt nach einer dauerhaften Schädigung der Anlage, nicht lediglich nach einer kurzen Blockade, wie eine Ankettaktion sie darstellt. Insofern ist unter Bezugnahme der Ähnlichkeiten des §88 StGB und des §316 StGB ein Taterfolg und damit eine Störung öffentlicher Betriebe zu verneinen.

Ist eine Ankettaktion im Gleisbereich Terrorismus?

Ich zitiere Rechtsanwalt Kaleck im Prozess zu Aktenzeichen 29 Ns 95/02 vorm Landgericht Lüneburg zur Einordnung des §316 b als Katalogstraftat im Sinne des Terorrismus-Paragraphen 129a:

Bei der Diskussion um die Erweiterung des Kreises der Katalogtaten des § 129 a StGB im Terrorismusgesetz 1986 wurde immer wieder von den Kommentatoren vorgehoben, dass die « außerordentliche weitgehenden Konsequenzen einer auf § 129 a StGB gestützte Strafverfolgung nur damit begründet sind, dass diejenigen kriminellen vor allen erfasst sind, deren Gefährlichkeit dadurch gekennzeichnet ist, dass ihre Tätigkeiten auf die Begehung schwerster Delikte gerichtet sind ». Deswegen hoben im Gesetzgebungsverfahren die Parlamentarier, die eine Erweiterung des Kataloges und die Aufnahme der Störung öffentlicher Betriebe in § 316 b StGB befürworten immer wieder hervor, um welche Delikte es ihnen denn letztlich ging. In der Drucksache 10/6635 des Deutschen Bundestages heißt es dazu in der Einführung zum Gesetz:

« Die Mehrheit des Ausschuss ist der Auffassung, dass zu diesen Straftaten nach den Erfahrungen aus jüngerer Zeit folgende Delikte auf typische terroristische Erscheinungsformen hinzuzurechnen und demzufolge in den Katalog des § 129 a Abs. 1 Nr. 3 StGB einzubeziehen sind. Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr, § 315 StGB (Störaktion gegen Munitionstransporter durch Entfernen von Eisenbahnschwellen oder Blockieren von Weichen), Störung öffentlicher Betriebe § 316 b StGB, insbesondere durch Absägen von Strommasten… Nach Auffassung der Mehrheit des Ausschusses haben insbesondere die Anschläge auf Strommasten in erschreckender Weise zugenommen und neue Verhaltensweisen der die staatliche Ordnung bekämpfenden Terroristen offenbart. Dem müsse der Gesetzgeber durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahme Rechnung tragen.

Der gesamten Debatte ist -nachvollziehbar an den Gesetzesmaterialien- zu entnehmen, dass keiner der damals Beteiligten auch nur auf die Idee gekommen ist, dass möglicherweise Schienen oder Straßenblockaden den Tatbestand des § 316 b StGB erfüllen sollten. Es war vielmehr an wesentlich schwerere und anders geartete Delikte gedacht worden, wie eben das Absägen von Strommasten, welches einen erheblichen Substanzangriff bedeutet. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass nicht auf dem Umweg über eine erweiternde Auslegung des § 316 b StGB der Tatbestand des § 129 a StGB nunmehr auf wesentlich mehr Gruppierungen und Personen angewandt werden könnte. Genau dies haben weder der Gesetzgeber noch die sonst am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten gewollt.

Etwas verständlicher formuliert heißt dass, die Gesetzgeber sind nicht auf den Gedanken gekommen, dass der §316b auf friedliche Versammlungen im Gleisbereich anwendbar sei – sonst hätten sie ihn nicht als Katalogstraftat im Sinne des §129a aufgenommen.“

UranwaggonsIst der Protest gegen die tödliche Atomindustrie Staatsgefährden? Unsere PolitikerInnen, die Kanzlerin zu erst, wollten nach Fukushima alle „Atomnkraftgegner“ sein. Zum einschläfern des Massenprotestes wurde ein „Atomausstieg“ versprochen. Von Atomausstieg kann aber nicht die Rede sein Atomanlagen wir die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelemente Fabrik Lingen dürfen unbefristet weiter laufen und aller Welt mit angereichertem Uran und AKW-Brennstäbe beliefern. Hinzu kommen zahlreiche Atomtransporte. Gestern fuhr wieder ein Atomzug vom Hamburger Hafen durchs Ruhrgebiet nach Narbonne (Frankreich). Er war mit für die Verarbeitung in der französischen Malvési Comuhrex Anlage bestimmten Uranerzkonzentrat beladen und wurde durch AktivistInnen an mehreren Stellen beobachtet (Hamburg, Maschen, osnabrück, Münster, Köln, Trier wie auf dem Bild – Bericht auf Urantransport.de  )

Atomausstieg bleibt Handarbeit!