Termin 4.4. 2025 um 12h45 Verwaltungsgericht Gießen Sitzungssaal 103
- Reicht die Eigenschaft als polizeibekannte Umwelt- und Kletteraktivistin für eine jederzeitige Durchsuchung an Verkehrsknotenpunkten im Bundesgebiet aus?
- Wie hat die Polizei Kenntnis von der privaten Zugreise erlangt?
Nach einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde betreffend Prozesskostenhilfe und die Aussicht auf Erfolg der Klage, wird endlich in der Hauptsache verhandelt.
Hintergrund
3. Dezember 2020. Ich döse im Zug als mehrere Polizist*innen in Frankfurt am Main einsteigen und gezielt zu mir zum Rollstuhlplatz kommen, sie wussten in welchem Zug und Wagen ich reise. Seltsam. Sie kontrollieren meinen Ausweis und durchsuchen meine Taschen. Begründung? Ich bin als Umwelt-Kletteraktivistin bekannt und werde verdächtigt, im dannenröder Wald gegen die Abholzung für eine Autobahn, kletternd protestieren zu wollen. Ich reagiere verwundert, denn mein Zug hat den dannenröder Wald bereits vor 1 Stunde passiert. Ich will dort gar nicht hin. Ich reise privat weiter Richtung Süden. Und habe eine Hin- und Rückfahrkarte dabei, meine Reise beim Mobilitätsservice angemeldet um Hilfe beim Ein- und Ausstieg mit meinem Rolltuhl zu erhalten. Scheiß BarriereBahn! Aber die Polizei handelt nach Schema F, selbst wenn ihr Verdacht sich nicht bestätigt. Ich bin Umweltaktivistin und kann klettern, das reicht aus.
Der Zug wird länger als Fahrplanmäßig angehalten. Aufgrund eines Polizeieinsatzes, wie es heißt. Umstehende Fahrgäste sehen in mir eine Verbrecherin. Wer wird den sonst son martialisch in einem Zug gezeilt aufgesucht?! Ich darf schließlich im Zug verbleiben. Der Zug fährt nach 45min weiter. Die Polizei hat mir Geräte weg genommen, die ich für Kletterkurse für behinderte Menschen verwende. Die Gegenstände wurden mir später wieder ausgehändigt. (siehe auch mein damaliger Bericht)
Klage
Ich habe Klage gegen die Maßnahmen der Polizei vor dem Verwaltungsgericht in Gießen eingereicht. Dort hat mir ein meiner Auffassung nach befangener Richter die Gewährung von Prozesskostenhilfe verweigert, meine Klage habe keine Aussicht auf Erfolg, es sei eine ganz gewöhnliche Polizeikontrolle gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof auf die Beschwerde hin auch. Ich musste Verfassungsbeschwerde einreichen. Und gewann diese (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/10/rk20231030_1bvr068722.html). Siehe auch mein Bericht dazu
Aus der Entscheidung: » Welche polizeilichen Erkenntnisse dennoch die Annahme einer Gefahr beziehungsweise auch nur eines Gefahrenverdachts in der konkreten Situation durch das Verhalten der Beschwerdeführerin haben begründen sollen, bleibt unklar […] Die augenscheinliche Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Eigenschaft als polizeibekannte Aktivistin für eine jederzeitige Durchsuchung an Verkehrsknotenpunkten im Bundesgebiet ausreiche, wäre jedenfalls einer vertieften Erörterung im Hauptsacheverfahren vorbehalten gewesen. Stützt sich die Polizei für die Vornahme von Grundrechtseingriffen auf gespeicherte Daten aus ihren Datenbeständen, dürfen die Gerichte die Rechtmäßigkeit dieser Speicherung und Verwendung nicht ohne Weiteres unterstellen. Sind – wie hier – Vorkenntnisse die Grundlage für ein gezieltes Herausgreifen einer Person, kann von dieser Rechtmäßigkeitsprüfung grundsätzlich nicht abgesehen werden. »
Ich kann nun endlich die Klage in der Hauptsache mit meinem Anwalt RA Nils Spörkel führen. Das Verwaltungsgericht hat die Hauptverhandlung für den 4. April 2025 um 12h45 terminiert. Ob ich endlich erfahre, wieso die Polizei wusste, in welchem Zug, in welchem Wagen ich reise? Die Akte hierzu hat sie bisher nicht rausgerückt. « Verschlusssache ». Ob das Gericht sich genauso befangen verhält, wie im PKH Verfahren?
Kommt gerne vorbei!