Keine A39! Verkehrswende jetzt!
GWR 499 Artikel
Der Höhepunkt der Klimabewegung ist vorbei, der aufkommende Faschismus beschäftigt zurecht viele Menschen. Dies erklärt womöglich, warum Klimaproteste derzeit kleiner ausfallen. Weniger bedeutsam ist der Kampf gegen Klimazerstörungen jedoch nicht. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis kämpft in Lüneburg gegen den geplanten Bau der A39 und für ein Umsteuern in der Verkehrspolitik.
Das Bauprojekt A39
Im Januar 2025 wurde die Planfeststellung für den ersten Bauabschnitt der A39 in Lüneburg (Nummer 1) bekanntgegeben (1). Sie soll zwischen Lüneburg und Wolfsburg verlaufen und rund 100 Kilometer lang sein. Der Planfeststellungsbeschluss für den Wolfsburger Abschnitt Nummer 7 wurde bereit im Sommer 2024 veröffentlicht. Inmitten der Klimakrise sollen in Deutschland noch immer neue Autobahnen gebaut werden, obwohl es hier bereits eines der dichtesten Autobahnnetze der Welt gibt. Widerstand ist nötig. Stattdessen braucht es Sanierungen, Ausbau und Modernisierungen der Bahn. Für eine barrierefreie, bezahlbare Mobilität für Alle!
Wer Straßen sät, erntet Autoverkehr. Wer Schienen baut, ermöglicht soziale und ökologische Mobilität! Es braucht Geld für die Bahn, nicht für die klimaschädliche Autobahn. Während die lokalen Verwaltungen einen Fachkräftemangel an Planer*innen für die Verkehrswende melden, sind hunderte Menschen in Deutschland bei der Autobahn GmbH damit beschäftigt, teure, sinnlose und zerstörerische neue Autobahnen zu planen. Ursprünglich sollte die A39, mit Stand 2003, bei Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan durch die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder 437 Mio Euro kosten, mittlerweile belaufen sich die Prognosen auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro (Stand 2024)! Dieses Geld fehlt bei sinnvollen Projekten!
Der Widerstand
Der Widerstand gestaltet sich seit Jahrzehnten vielfältig. Mit dabei ist der „Dachverband der A39-Gegner“ (über 30 Bürgerinitiativen, eher konservativ geprägt), der Gemeinderat Tappenbeck und die Gemeinde Jemke. Einzelne politische Parteien wie die Grünen sprechen sich auch explizit gegen den Ausbau aus. Eine Klage vom BUND Niedersachsen gegen den Planfeststellungsbeschluss der Abschnitte 7 und 1 sind beim Gericht anhängig (2).
Vom A39-Neubau sind zahlreiche wichtige Biotope, Waldgebiete, Moorflächen und sogar FFH-Gebiete mit streng geschützten Arten, wie z. B. Eisvogel, Zwergfledermaus und Moorfrosch, betroffen. Aktiv vor Ort sind zahlreiche Gruppen wie das Klimakollektiv, der BUND oder ROBIN WOOD. Sie bilden inzwischen ein Bündnis gegen die A39, offen für weitere Gruppen und Vereine.
In der jüngeren Vergangenheit haben bereits einige Aktionen stattgefunden. Fahrraddemonstrationen werden auf Betreiben der Autobahn GmbH und dem Land Niedersachsen systematisch untersagt. Die Rechtsprechung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist leider sehr konservativ, sodass Veranstalter*innen für Protestrouten auf Bundesstraßen verwiesen werden. In Lüneburg konnte 2020 die Nutzung der vierspurigen Ostumgehung gerichtlich durchgesetzt werden. Angemeldete Abseilaktionen haben an Autobahnbrücken, als Zeichen der Verbundenheit mit der bundesweiten Wald statt Asphalt Bewegung, stattgefunden. Außerdem eine große Banneraktionen auf der geplanten Trasse und auf dem Marktplatz in Lüneburg, eine Vernetzungsradtour im Sommer 2024 entlang der betroffenen Gemeinden von Wolfsburg nach Lüneburg, direkte Aktionen gegen Volkswagen in Wolfsburg, Waldspaziergänge, Infoabende, Filmabende und Aktionstage.
Hier ein kleiner Überblick über Aktionen seit Verkündung des Planfeststellungsbeschlusses.
Aktion: Der Autobahn GmbH auf’s Dach gestiegen!
Am 2. Februar protestierten ROBIN WOOD Aktivist*innen zusammen mit Aktiven vom Klimakollektiv Lüneburg vor der Niederlassung der Autobahn GmbH in Lüneburg. Diese ist für die Planung der A39 verantwortlich und macht aggressive Werbekampagnen für das Bauvorhaben. Dabei betreibt sie Greenwashing. Sie verkauft den Autobahnbau als grün mit dem Argument, es werde auf einem Teilstück einen Deckel geben, der ökologisch gestaltet werde.
Ein großes Banner „Bahn Statt Autobahn“ wurde an der Fassade der Niederlassung aufgehängt, ein Zelt auf das Vordach gesetzt. Die Aktivist*innen wollten damit signalisieren, dass der Widerstand einen langen Atem hat. Quer über die Straße wurde ein Banner gespannt: „Unsere Zukunft? Wald statt Asphalt!“
Fahrraddemonstrationen gegen die A39
Am 16. März wurde in Lüneburg mit Fahrrädern, Inlinern und Skateboards gegen die A39 protestiert. Dazu aufgerufen hatte ein großes Bündnis. Zu der Demo kamen ca. 250 Menschen. Die Strecke führte auf der Ostumgehungsstraße an einem FFH-Gebiet entlang und endete im Lünerholz mit Kaffee und Kuchen. Die gerade erst sanierte Umgehungsstraße soll zur Autobahn erweitert, der Wald im Zuge dieser Fahrbahnerweiterung abgeholzt werden. In zahlreichen Redebeiträgen wurde auf die Gefahren für Tier, Mensch und Umwelt hingewiesen und sich für eine ökologische, soziale und inklusive Verkehrswende stark gemacht. Ein Banner wurde bei der Abschlusskundgebung hoch in den Bäumen aufgehängt. Es gab viele kreative Plakate, wie „Rollstuhlbahn statt Autobahn“. Die Demonstrierenden zeigten sich sehr zufrieden mit Organisation und Ablauf der Demo und fragten nach Folgeaktionen. Infos zu den öffentlichen Protesten gibt es unter anderem auf dem Telegraminfokanal (3) und der Homepage keine A39 (4).
Der Demonstration vorausgegangen war eine Klage gegen versammlungsfeindliche Demonstrationsauflagen im Eilverfahren. Die Stadt hatte u.a. eine Beteiligung mit Inlinern oder Skateboard untersagt. Das wurde durch das Verwaltungsgericht aufgehoben.
Der Widerstand geht weiter
Neben der Autobahn GmbH gibt es weitere Akteur*innen, die Interesse am zügigen Bau der Autobahn haben: Hervorzuheben ist die IHK Lüneburg-Wolfsburg, welche durch Öffentlichkeitsarbeit (fragwürdige Umfragen, Pressemitteilungen, pro A39-Vernetzung) die öffentliche Meinung beeinflusst. VW ist ebenfalls ein starker Befürworter des Projektes, da eine durchgängige A39 aufgrund der Anbindung an die norddeutschen Häfen dem Automobilkonzern ermöglicht, just-in-time zu produzieren. Entsprechend geht der Konzern hart gegen Menschen vor, die Widerstand leisten und hat in Wolfsburg zahlreiche Anzeigen gegen Aktivist*innen erstattet (vgl. GWR 498).
Mehre Gerichtsprozesse stehen in den kommenden Monaten an.
Haltet euch auf dem Laufenden! Denn angesichts der aktuellen klimafeindlichen Politik braucht Widerstand erst recht einen langen Atem. Die Proteste der letzten Wochen waren in diesem Hinblick empowernd. Aktivist*innen schmieden Pläne für den weiteren Protest. Kommt gern nach Lüneburg!
Eichhörnchen
Fußnoten:
1) Planfeststellungsbeschluss: https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/uber_uns/presse/presseinformationen/planfeststellungsbeschluss-fur-1-bauabschnitt-der-a-39-liegt-vor-238790.html
2) Klage vom BUND: https://luene-blog.de/bund-elbe-heide-a39-spendenaufruf-klage-bauabschnitt-lueneburg/
3) Telegraminfokanal: https://t.me/KeineA39