Alle Jahre wieder: Die Vatenfall-Cyclassics als Greenwashing-Veranstaltung für den Konzern.
Alle Jahre wieder: Der kreative (Kletter)Protest gegen den Klimakiller Vattenfall an der Strecke.
Alle Jahre wieder: die Polizei hält es nicht so genau mit den Grundrechten der Protestierenden. Sie benötige anwältliche Nachhilfe.
Es wurde dieses Jahr an unterschiedlichen Stellen an der Rennstrecke gegen den Konzern protestiert. Gegen Radfahren ist nichts einzuwenden, gegen ein Konzern wie Vattenfall aber schon. Mit dem Radrennen schmückt das Unternehmen sein Image „grün“ und pflegt die Seilschaften mit EntscheidungsträgerInnen (z.B. mit PolitikerInnen, wie bei der Vattenfall-Pressekonferenz vor dem Rennen). Sich neben PolitikerInnen als das coole Unternehmen das ein großes Radrennen veranstaltet hinzustellen, hilft vergessen zu lassen, das die Atommüllfässer des Konzerns in Brünsbüttel und Krümmel vor sich hin rosten. Die aktuellen Berichte über die rostigen Fässer am AKW Brünsbüttel und die Verharmlosung des Vorfalls durch Vattenfall-Chef Wasmuth waren gründe genug, gegen den Konzern an der Strecke zu protestieren. Hinzu kommen die Umweltzerstörungen durch den Kohle-Tagebau in der Lausitz und das Kohlekraftwerk in Hamburg Moorburg, das sich derzeit noch im Probetrieb und dass Vattenfall demnächst in Betrieb nehmen will. Dagegen gibt es u.a. Widerstand vom Bündnis Gegenstrom
Das Bündnis hatte am Sonntag zu protest und zueiner Mahnwache in der Mönckebergstrasse aufgerufen, unweit vom Zielbereich des Radrennens. Infotisch und Flyer an der einen Stelle, Kletteraktion von Robin Wood an der anderen Stelle.
Die Polizei versuchte es, die Kletteraktion zu unterbinden. Zwei KletteraktivistInnen kamen an zwei dicken Säulen bei der Europa-Passage hoch und konnten zunächst kleine Banner mit der Aufschrift „Scheiß Sponsor“ und „Tschüss Vattenfall“ aufhängen.
Die anderen Beteiligten am Boden erhielten Platzverweise und befanden sich zeitweise in Polizeigewahrsam. Sie mussten sich entfernen.
Ein Anwalt wurde eingeschaltet. Die Polizei musste schließlich einsehen, dass die Platzverweise rechtswidrig waren und hob diese faktisch auf indem sie die Rückkehr der AktivistInnen am Aktionsort genehmigte. Nach zäher Verhandlung zwischen Anwalt und Polizei durfte dann auch ein großes Banner gespannt werden. Kleine Banner wurden am Boden hoch gehalten, die Aktion konnte endlich durch das Verteilen von FlugblätterInnen den PassantInnen vermittelt werden.
Die Einhaltung von Grundrechten ist bei der Polizei keine Selbstverständlichkeit, im Gegenteil. Die Polizei, dein Freund und Helfer? Naja ich erlebe immer wieder, dass die Polizei Versammlungen sprengt, Menschen ihrer Freiheit beraubt, Menschen körperlich misshandelt (wie beim Cyclassics-Protest vor 3 Jahren), überwacht… Und natürlich ist es nur ein Irrtum, so dass die Beamten dafür nicht belangt werden können (Siehe hierzu meine Auflistung: Politisch motivierte Polizeikriminalität PMPK)
Es ist schon ein Armutszeugnis für die Behörde, wenn Willkür nur durch die Intervention eines Anwaltes abgewendet werden kann!
Die Personlien der KletterInnen wurde nach Beendigung der Aktion aufgenommen, Sich an einer Versammlung zu beteiligen sei strafbar, so die Polizei. Ach ja… (bild der Personalienfeststellung auf hh-Mittendrin sowie Bericht von hh-mittendrin zum protest)
Gerüchte zur Folge wurde auch an anderer Stelle an der Strecke protestiert, zum Beispiel direkt im Zielbereich (CO2 Ballons und „Scheiß Sponsor“ beim Ankunft der Profifahrer)
Vermisstes Eichhörnchen!
Die Anekdote: Eichhörnchen vermisst Eichhörnchen Plüsch-Tier. Es hatte sich aus seiner Sicherung gelöst (okay, eine dünne Schnur ist kein tauglicher Klettergurt…aber ein Plüschtier fällt weich, war an sich nicht problematisch). Die Polizei hat es zunächst zu sich in Verwahrung/Gewahrsam genommen (ich habe gesehen wie es aufgehoben wurde), ein bisschen drauf getreten (da war insbesondere bei einem Beamten eine hohe Dosis Sadismus vorhanden, das hat er im Laufe des Tages öfter gezeigt) und dann 2 -3 Meter von ihr entfernt liegen gelassen (wie auf dem bild). Zwei PassantInnen haben es später einfach geklaut (die auf dem Bild)… Die Polizei hat meines Erachtens nach eine weitere Straftat begangen: Verwahrungsbruch. Zu diesem Zeitpunkt konnten die anderen AktivistInnen am Boden nichts machen, das war in den zwei Stunden wo mit unterstützung des Anwaltes über deren Rückkehr am Aktionsort verhandelt wurde. In dieser Zeitspanne war nicht nur eine Betreuung der KletterInnen nicht möglich (was zu jeder Kletteraktion aus Sicherheitsgründen gehört). Eine Rettung der KletterInnen im Falle einer Verletzung wäre darüber hinaus nicht möglich gewesen, die Rettungs-Person war ja samt Ausrüstung vom Platz verwiesen worden. So viel zum Verständnis von Sicherheit durch die Polizei.
Und zum Schluss zu den Polizeistraftaten, mal was zum lachen (oder weinen?), der heutige TAZ-Artikel zu einer Freiheitsberaubung von Polizeibeamten, die für die Polizei folgenlos geblieben ist. Es ging genauso wie am Sonntag ums Klettern auf Masten um Transparente aufzuhängen… gut, dass ich Sonntag schnell genug hoch geklettert bin. Die ganze Geschichte in Berlin beim Protest gegen das Atomforum ist hier im Blog nachzulesen. Ja ja die Polizisten müssen doch nicht wissen, dass es nicht verboten ist, sich vertikal zu bewegen und seine Meinung zu äußern… Der Fall den die Taz da übernommen hat, ist in meinen Augen nicht der „Renner“, die Gießener Polizei hat es mit der unbestraften Freiheitsberaubung noch besser hinbekommen. Das Ergebnis war dass der Steuerzahler das Schmerzensgeld an das Opfer (ich was das, ja) zahlen musste, nicht die Beamten selbst….
Der TAZ-Artikel vom heutigen Tag:
25.08.2014 | http://www.taz.de/Kriminalitaet/!144814/
Kriminalität
Dummheit schützt Polizisten vor Strafe
Beamte halten Frau illegal fest: Staatsanwaltschaft meint, Polizisten war unklar, dass das verboten ist. Grüne fordern bessere Ausbildung für Einsatzkräfte.
Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung gegen mehrere Polizisten eingestellt. Die Beamten hatten eine Frau gegen ihren Willen weggetragen und im Auto festgehalten. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Ergebnis: Den Polizisten sei nicht bewusst gewesen, dass das verboten ist. Somit würden „hinreichende Verdachtsmomente für den Nachweis der subjektiven Komponente einer Freiheitsberaubung“ fehlen, schreibt die Staatsanwaltschaft der Frau.
Der Fall zeigt, wie die Justiz mit zweierlei Maß misst. Eigentlich gelten die Gesetze für alle Menschen gleich. Aber je nach Art des Täters wird ein Gesetz mal in diese Richtung und mal in die andere gebogen. So entsteht für Polizisten ein teilweise rechtsfreier Raum, in dem sie Straftaten begehen können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Die Tat geschah bereits im Mai 2011. Damals tagte im Congress Center am Alexanderplatz das Atomforum, ein Lobbyverband der Atomindustrie. Auf der anderen Straßenseite demonstrierte die Anti-Atom-Aktivistin Cecile Lecomte. Sie kletterte auf einen Laternenmast, um ein Transparent aufzuspannen.
Polizisten zogen Lecomte herunter, erteilten ihr einen Platzverweis, trugen sie in ein Polizeiauto und hielten sie eine halbe Stunde fest, bis ihre Personalien aufgenommen waren. Die Polizisten beriefen sich auf das Landespolizeigesetz: „Die Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen.“
Polizisten dürfen also nicht willkürlich jeden Bürger wegtragen, sondern nur die Bürger, die eine Gefahr sind. Lecomte meinte: Sie war keine Gefahr für das Atomforum, da sich zwischen ihr und dem Veranstaltungsgebäude noch eine achtspurige Straße, eine Absperrung mit Gittern und eine Menge Polizisten befand. Lecomte klagte vor dem Verwaltungsgericht und gewann: Die Polizisten hätten sie nicht wegtragen und festhalten dürfen.
Damit stellte sich die Frage nach der Strafe für die Täter. Im Strafgesetzbuch heißt es: „Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Es gibt aber auch Ausnahmen. „Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln“, heißt es im Strafgesetzbuch. Davon profitiert etwa ein Kneipenbesucher, der an der Garderobe einen fremden Mantel anzieht statt den eigenen. Das erfüllt eigentlich den Tatbestand des Diebstahls, ist aber nur versehentlich passiert. Wer nicht weiß, was er tut, wird nicht bestraft.
Diesen Grundsatz wendet die Staatsanwaltschaft nun auch auf die Polizisten an. Die wussten zwar, dass sie eine andere Person wegtragen – aber angeblich nicht, dass sie das nicht hätten tun dürfen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, „das
s die Polizeibeamten von der Rechtmäßigkeit ihres Handelns überzeugt waren. Damit steht die Überführung einer vorsätzlichen und schuldhaft verwirklichten rechtswidrigen Tat nicht zu erwarten.“
Sprich: Wer ungestraft Straftaten begehen will, muss einfach nur fest davon überzeugt sein, es sei gar keine Straftat. So steht es auch an anderer Stelle im Strafgesetzbuch: „Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.“
Dummheit schützt also doch vor Strafe. Aber nicht jeden – denn diese Vorschriften werden sehr unterschiedlich angewandt. „Die Justiz argumentiert ergebnisorientiert“, berichtet der Kreuzberger Strafverteidiger Carsten Hoenig aus seiner Erfahrung. Er erinnert sich an einen Mandanten, der kostenpflichtige Abofallen im Internet betrieben hatte. Er hatte sich vorher von einem Rechtsanwalt beraten lassen, damit er nichts macht, was strafbar ist. Anstatt dann wegen eines Irrtums auf eine Strafe zu verzichten, legte die Staatsanwaltschaft dem Mandanten die Beratung negativ aus: Das zeige gerade das Unrechtsbewusstsein des Mannes.
Hat dagegen ein Polizist eine Tat begangen, „dann setzt eine Art Solidarisierungseffekt der Staatsanwaltschaft ein“, meint Hoenig. Auch Staatsanwälte haben die Sonderbefugnis zu Maßnahmen, die sie unter bestimmten Bedingungen nutzen dürfen, und die sonst aber unter hohen Strafandrohungen stehen. Die Polizisten müssten „in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung treffen », sagt Hoenig, eben ob zum Beispiel in einer Situation eine Gefahr besteht oder nicht.
Wenn jede Fehlentscheidung eines Polizisten gleich als Freiheitsberaubung bestraft würde, hätte das erhebliche Konsequenzen für den Beamten – bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Das wäre wohl ebenso zu hart, wie das jetzige Verfahren, bei der Polizisten bei Straftaten häufig völlig ohne Sanktionen bleiben, zu nachsichtig ist.
Eine Lösung könnte eine bessere Ausbildung der Polizei sein, die bei Polizisten solche Irrtümer darüber, wann sie jemanden festhalten dürfen, gar nicht erst entstehen lässt. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux: „Das Land Berlin trägt die Verantwortung dafür, dass nur Polzisten eingesetzt werden, die die Rechtslage kennen und die nicht vorschnell Leute festnehmen.“
Die Polizei lehnt das ab. Auf die Frage, welche Konsequenzen die Behörde aus der Angelegenheit ziehen will, teilt die Pressestelle mit: „Keine“.