Am Montag machte sich gegen Mittag wieder ein mit 450 Tonnen Uranmüll beladener Atomzug auf dem Weg nach Frankreich. Alle vier Wochen ist derzeit ein solcher Atomzug durch das Ruhrgebiet unterwegs. Am Dienstag vormittag passierte er dann Köln, nach dem er im Güterbahnhof Hamm eine längere Pause eingelegt hatte.
Dies haben aufmerksame BeobachterInnen bekannt gegeben – und das reichte in Hamm für die Erteilung eines Platzverweises durch die Polizei, die scheinbar was dagegen hatten, dass die Bevölkerung darüber informiert wird, was für gefährliche Stoffe an ihrer Haustür vorbei fährt.
Informieren und Aufklären ist ein wichtiger Bestandteil politischer Arbeit.
Aktionen ermöglichen, auf ein Thema aufmerksam zu machen und Menschen zum Nachdenken zu bringen. Informations-Veranstaltungen und Infostände sind die Gelegenheit, Hintergrundinformationen zu vermitteln und mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen.
So lange Anlagen wie die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelementefabrik Lingen laufen, kann von Atomausstieg keine Rede sein. Diese Anlagen versorgen alle Welt mit Brennelementen für Atomkraftwerke. Deren Abschaltung ist nicht geplant. AREVA, die Betreiber Firma der Brennelementefabrik Lingen will sogar ein tel der Uranfabrik Gronau (Betrieben von URENCO) abkaufen! Daher nenne ich immer die beiden vom Atomausstiegsgesetz absischtlich « vergessenen » Uran-Fabriken in einem Zug.
Um genau darüber aufzuklären war die Umweltorganisation letzte Woche in diversen Städten unterwegs. Ich beteiligte mich an der Mahnwache in Lüneburg.
Die Versammlung war angemeldet und das Ordnungsamt, das Antiatomdemonstrationen grundsätzlich für gefährlich hält, hatte für die Versammlung jede Menge Auflagen erteilt. Doch weder das Ordnungsamt noch die Polizei ließen sich wirklich blicken – zumindest nicht in Uniform.
Auf Bespitzelung verzichtete die Behörde aber nicht. Drei Herren im mittleren Alter näherten sich als erste dem Infostand, als wir mit dem Aufbau gerade fertig waren. Ihre Befragung kam mir verdächtig vor… nach einer viertel Stunde gab dann ein Herr an, Polizist zu sein. Auf der Frage ob er dienstlich unterwegs sei, wollte er sich zunächst nicht festlegen, räumte schließlich, dass er der Ansprechpartner für den Versammlungsleiter sei.
Der Polizist (ja, der auf dem Bild oben) wird seinem Chef brav erzählen, dass ich dabei war und das wird in die nächste Gefahrenprognose der Polizei für Präventiv-Festnahmen einfließen und auch dem Verfassungsschmutz mitgeteilt. Ich habe gerade eben eine Auskunft über gespeicherte Daten vom Niedersächsischen Verfassungsschutz erhalten. Die Behörde will nicht zu viel sagen, dass könnte ja die Quellen und die Sicherheit des Staates gefährden – Eichhörnchen ist gefährlich, eine Ehre! Es ist ein Armutszeugnis dafür was sie « Demokratie » nennt und eigentlich eher eine « Demokratur » ist. Ich amüsiere mich aber lieber darüber statt mich einschüchtern zu lassen.
Was die Behörde mir auf vier eng gedruckten Seiten mitteilt, sagt einiges über ihre Arbeitsweise aus. Die Auskunft verdient die Note 5 in Linguistik. Dem Text fehlt jegliche Struktur, ist ein totales Wirrwarr, im einem einzigen Satz wird von einem Jahr zum anderen gesprungen (der Verfassungsschutz interessiert sich schon länger für meine Aktivitäten). Die Auflistung mit Demonstrationen, Redebeiträgen, Konferenzen, Vorträgen (alles ganz legales Verhalten…) ist ewig lang(weilig) und nicht einmal richtig. Ob ich ein Doppelgänger habe? Man bemüht sich aufzuschreiben, dass ich hier und da auf einer Demonstration ein Anarchie A mit Kreide gemalt habe. Gesinnungsschnüflerei.
Ein großes Teil der Auskunft ist Kopie-Paste vom Landeskriminalamt. Das ist sowohl an der Formulierung als auch an der Tatsache, dass die Fehlinformationen übernommen wurden, zu sehen. Oder hat das Landeskriminalkamt beim Verfassungsschutz Kopie-Paste gemacht?
Das Bundeskriminalamt ist ehrlicher : „ Übermittlung Ihrer Personalien an das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erlangung dirt virhandener zusätzlicher Inormationen“ schreibt mit die Behörde.
Die Behörden können wohl miteinander kommunizieren. Das geht nur angeblich nicht, wenn es um Nazis geht… und das ist nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens! Stichwort NSU-Untersuchungsausschuß und das lächerliche Bild, was die Behörden von sich geben. Fakt ist, dass der Verfassungsschmutz sich gerne mit gewaltfreiem Protest beschäftigt und all das was sie in die Schublade „Linke“ steckt, kriminalisiert, als (befreundete) Neonazis und Mörder auf die Spur zu kommen.
Von dieser Bespitzlung lasse ich mich nicht einschüchtern – das liefert mir einfach weitere Ideen für mein Buch, das ich bald fertig geschrieben haben werde. Es sind skurille, amüsanten oder auch ernste Kurzgeschichten aus dem politischen Alltag.
Nach dem seltsamen anfänglichen Besuch, hatten wir auf dem Lüneburger Marktplatz schließlich viel Spaß und Besuchh auf unserer Mahnwache. Wir hatten ein fünf Meter hohes Dreibein mit Kletternden (Eichhörnchen)Plüschtieren aufgestellt sowie Transparente aufgehängt. Das war ein sehr guter Hingucker um auf unser Anliegen aufmerksam zu machen. Es entwickelten sich interessante Gespräche über Atomkraft, Urananreicherung und Aktivismus mit PassantInnen. Viele schmunzelten über das Stück Schiene und die Säge, die an diesem schönen aber windigen Tag als Gewicht für die Flyer dienten. Atomausstieg ist Handarbeit! Ob unsere Staatsschützer Humor kennen und ein Gespür für Symbolik haben? Ich würde dessen sicherlich amüsanten Bericht gerne lesen…
Am Wochenende geht es mit einer Antiatomkonferenz in Berlin weiter!
Undim November mit Protesten gegen einen weiteren MOX-Transport