Ich habe die Pressemitteilung der Gegner*innen vom Atomklo-Projekt Cigéo und ihrer Anwält*innen zur Urteilsverkündung vom 21.9. übersetzt (siehe unten).
Über den Ablauf des Prozess hatte ich einen Ticker (auf Twitter) auf Deutsch gemacht.
Die 7 Angeklagten wurden zu 1 x 12 Monate Gefängnis ohne Bewährung, 1×9 Monate ohne Bewährung, 3 x 9 Monate auf Bewährung, 1 x 6 Monate auf Bewährung verurteilt, 1 Freispruch. Sie gehen in Berufung. Sie standen heute bereits vor dem Gebäude des Berufungsgerichtes für eine Kundgebung und blieben der Urteilsverkündung vom Amtsgericht fern. Alle Angeklagten wurden vom Vorwurf der kriminellen Vereinigung und banden-mäßigen Begehung von Straftaten freigesprochen.
Presseerklärung der Atomkraftgegner*innen gegen das Atommüll Endlagerprojekt Cigéo und ihrer Anwält*innen
21. September 2021
Die dreijährigen Ermittlungen haben es der Staatsanwaltschaft und dem Ermittlungsrichter des Gerichts von Bar-le-Duc, ermöglicht, die rechtlichen Möglichkeiten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der kriminellen Vereinigung zu nutzen, zur Unterdrückung der Anti-Atom-Bewegung gegen das geplante Endlager für radioaktive Abfälle in der Nähe des Dorfes Bure, in der Maas (Frankreich).
Heute hat das Strafgericht von Bar-le-Duc die Angeklagten vom Vorwurf der banden-mäßigen kriminellen Vereinigung freigesprochen. Diese Anklage lieferte den Grund für die Abhöraktionen, Überwachungsmaßnahmen, Hausdurchsuchungen und Aufenthaltsverbote für die Departement Maas und Haute-Marne.
Einige der Angeklagten wurden vor allem wegen politischen Straftaten verurteilt: Organisation einer nicht bei der zuständigen Versammlungsbehörde (Präfektur) angemeldeten Demonstration am 15. August 2017 und Teilnahme an einer aufgelösten Versammlung. Die Höchststrafe für diese Straftaten liegt bei einem Jahr bzw. sechs Monaten Gefängnis. Das Gesetz verbietet es Staatsanwälte und Ermittlungsrichter, Abhörmaßnahmen für die Untersuchung dieser Delikte zu veranlassen. Genau das ist jedoch geschehen unter dem Vorwand, es werde wegen dem Vorwurf der kriminellen Vereinigung ermittelt, diese Vereinigung existierte nur im Kopf des Staatsanwalts und des Ermittlungsrichters.
Die Verurteilungen (Übersetzung)
Zwei Personen, die von der Anklage der kriminellen Vereinigung und der Beihilfe zum Besitz von Sprengstoff freigesprochen wurden, erhielten eine neunmonatige Bewährungsstrafe für die Organisation einer nicht angemeldeten Demonstration und die Teilnahme an einer polizeilich aufgelösten verbotenen Versammlung.
Eine Person, die von der Anklage der kriminellen Vereinigung und der Beihilfe zum Besitz von Sprengstoff freigesprochen wurde, wird wegen der Organisation einer nicht angemeldeten Demonstration und der Teilnahme an einer polizeilich aufgelösten verbotenen Versammlung zu 9 Monaten Haft* verurteilt.
Eine Person zu 6 Monaten auf Bewährung für die Teilnahme an einer polizeilich aufgelösten verbotenen Versammlung.
Eine Person wird wegen des Transports von Sprengstoff zu einer Bewährungsstrafe von 9 Monaten verurteilt
Eine Person wurde wegen des Besitzes von Sprengstoff zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten* und einem fünfjährigen Verbot für das Tragen von waffen verurteilt.
Außerdem bleiben alle bei den verschiedenen Durchsuchungen sichergestellten Gegenstände (Papiere, Telefone, Computer, Drucker usw.) beschlagnahmt.
* Niemand befindet sich derzeit in Haft, die Entscheidung fällt nach Ablauf der Berufungsfrist, die Einlegung der Berufung setzt entweder die haft aus oder der Haftrichter passt die Strafe der Situation an.
Hintergrund:
- die nicht angemeldete verbotene Demo
- Hausdurchsuchungen, Überwachung, Kafkaeske repression
Hallo Cecile
Mit Interesse habe ich (über sofa-münster) deine email und die Webseite mit der Pressemitteilung des Anwalts gelesen. Ich wollte einfach wissen, warum diese hohen Freiheitsstrafen erfolgten. Leider ist der Bericht des Anwaltes aber tendenziös und verschweigend. Wenn Sprengstoff im Spiel ist, möchte ich doch zumindestens wissen, warum Sprengstoff von dem einen transportiert wurde und sich von einem zweiten im Besitz befand, denn sonst wären sie deswegen doch nicht verurteilt worden. Also, wozu diente dieser Sprenstoff? Welche Art von Sprengstoff (Mollies?), welche Menge, welcher Zünder? Wenn man sich damit erwischen lässt, ist es doch klar, dass die Staatsmacht ausrastet, oder erwartest du Streicheleinheiten wegen der « hehren » Absichten? Das alles solltest du dazuschreiben, denn sonst kann man nicht beurteilen, ob die Massnahmen der Flics bzw. die Urteile »verhältnismässig » waren. Ich finde jeder Leser sollte objektiv aufgeklärt werden und das Verschweigen von offensichtlichen Tatsachen ist ebenso blöd, wie des gängige « Aufrunden » bei der Zahl von Demoteilnehmern.
Grüsse
1) es ist eine Übersetzung. Kein Text von mir (außer die Zusammenfassung oben die ergibt sich aber aus dem übersetzten Text)
2) die Urteilgründe sind noch nicht öffentlich, nur der Tenor. Ich gehe davon aus dass mehr Informationen kommen, wenn die Gründe öffentlich sind. Das ist in Frankreich üblich, dass es zwischen Prozess, Urteilsverkündung und Urteilsgründe zugänglich machen, länger dauert. Urteilgründe dürften wenn ich das richtig mitbekommen habe, in den nächsten Tage publik werden.
3) Was mit « Sprengstoff » gemeint ist, wird sich aus den Urteilgründen ergeben. Es kann vieles sein. Eine Fakel ist schon « Sprengstoff ». Es gab gegen einen Aktivisten aus dem anti-Cigeo widerstand mal einen absurden Prozess zb wegen « Arme par destiation » eine « Waffe » wurde in seinem Auto gefunden, genauer gesagt ein für Nutzung als Waffe geeigneter Gegenstand. Das wurde bei einer der zahlreichen Kontrollen mitten auf dem Land in der gegend von Bure im Auto aufgefunden. es handelte sich bei dem Gegenstand um « pelle à tarte » (Tortenheber) und es gab dafür einen Prozess. Wie das ausgegangen ist, weiß ich nicht mehr.
Satirisches Video zum Prozess pelle à tarte: https://youtu.be/ODtizbJ80Vs
Und ich kenne einen Fall von Verurteilung wegen Mitführe von « Sprengstoff », nicht gegen jmd aus Bure, damals ging es um Globalisierungsproteste. « Sprengstoff » war eine Granate der Polizei. der Demonstrant hatte teile einer explodierten Granate aufgehoben und auf einer Veranstaltung über Polizeigewalt präsentiert. Da auch eine explodierte Granate minimale reste von TNT enthält, wurde das als « Sprengstoff » gesehen.
ich habe inzwischen die Info: es geht um Feuerwerk, das frei verkaufbar ist (nicht mal das was es nur zu Sylvester gibt), das in einem Auto gefunden wurde.