Am Montag versank die Stadt Lüneburg ein Stück weiter Richtung Gentrification und Mietwahnsinn. Ein in der Frommestraße, mitten im Senkungsgebiet der Stadt, schief stehendes Haus wurde mit Hilfe von Eliteeinheiten der Polizei von ihren BewohnerInnen geräumt. Es bestand Gefahr für „Leib und Leben“ der BewohnerInnen, argumentiert die Stadt. Die BewohnerInnen ließen das Argument nicht gelten. Für sie steht nämlich klar: Die auf Grund der Schieflage günstige Mieten haben das Viertel in den letzten Jahrzehnten sozial und politisch aufgemischt. Das ist aber politisch nicht gewollt. Hausbesitzer Salier hat Miete kassiert – und nichts zur Sanierung des Hauses getan. Die Stadt kam ihm sodann zur Hilfe und verfügte die Räumung des Hauses auf Stadtkosten – zur Gefahrenabwehr. Und es wird schon über die Zukunft gepokert: Das Gebiet wird zum Sanierungsgebiet erklärt und Salier streicht öffentliche Mittel ein, wenn er neu baut und für großes Geld vermietet. Stadtpolitik im Namen von Profitinteressen, Gentrification wird dies genannt.
Die Stadt Lüneburg wurde mit der Salzförderung und dem Salzhandel reich. Doch die Stadt sägte an dem Ast worauf sie saß. Ein Teil der Stadt senkt heute ab – möglicherweise auf Grund der durch den Salzabbau verursachten unterirdischen Höllen. Das wird aber nicht gerne zugegeben. Wer das Lüneburger Salzmuseum besichtigt, erfährt nichts über das Senkungsgebiet, was immerhin ein Großteil der Stadt betrifft.
Entsprechend gestaltete sich der Auftritt von Oberbürgermeister Ulrich Mädge zu Beginn des Polizeieinsatzes am Montag. Pressewirksam inszenierte er die vorgeschobene Argumentation der Verwaltung: Es gehe nur darum, die BewohnerInnen vor Gefahren zu schützen. Außerdem hätten die ehemaligen BewohnerInnen des Hauses alle eine neue Wohnung gefunden.
Letzteres ist schlicht gelogen. Einige Menschen haben die Keller von FreundInnen mit ihrem Hab und Gut gefüllt, übernachten hier und da und sind immer noch auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Andere mussten auf den Land ziehen, wo die Mietpreise günstiger sind. Die Wenigen haben das „Angebot“ der Stadt angenommen, in einem im Anna-Vogeley-Heim von Campus e.V. zu ziehen. Dort darf in die Böden der dortigen Zimmer nicht gebohrt werden, weil der Boden stark schadstoffbelastet ist! Und was tut hier die Stadt für die Sicherheit der BewohnerInnen? Nichts. Kein Wunder. Der Verein um um einen engen Freund vom OB, Klaus Hoppe, gibt sich sozial an. Doch die Mieten sind alles andere als günstig, wirklich günstiges alternatives Wohnen ist bei Campus e.V. unerwünscht. Genau vor zwei Jahren wurden wir, die WägnerInnen, von Campus e.V. aus unserem Standort bei der Lüneburger Uni in der Uelzener Straße vertrieben. Es sollte angeblich eine Kinderkrippe auf dme Standort gebaut werden, dafür musste eine selbstverwaltete Krippe schließen. Und zwei Jahren hat sich nichtsweiteres getan. Áber damals mussten wir mit unseren Wägen gaaannnzzz schnell weg ziehen. Ein Bauwagenplatz auf dem Gelände von Campus e.V. war schlicht nicht mehr erwünscht. Wir gründeten unseren eigenen Verein zur Förderung von alternativem Leben und … durften nach sechsmonatiger Verhandlungen und die Zahlung von 50 000 Euro für die Erschließungskosten auf dem Acker am Ebelingweg ziehen. (zur Geschichte des Wagenplatzes Fango von Leben(s)Wagen e.V.)
Unser Wagenplatz ist seit einer Weile schon voll. Doch, es wollen viel mehr Menschen im Bauwagen leben! Wie wär’s mit einem Wagenplatz im Senkungsgebiet in der Frommestrasse?
Senkungsgebiet ist kein Bauland ! Sondern Bauwagenland!
Der Protest von ca. 100 DemonstrantInnen im und vor dem Haus am Montag war ein wichtiges Zeichen gegen die Wohnungspolitik der Stadt. Und die Stadt zeigte zur Durchsetzung der Räumung alles was sie zu bieten hat. Die Chefetage der Polizeidirektion und der Polizeiinspektion beobachtete das Geschehen in Person. Die Deinformationsmanager – häm die werden Konfliktmanager genannt– und der Polizeipressesprecher verkauften den Polizeieinsatz an die Medien, während sich technische Einheiten sich mit Barrikaden-ab-bau befassten. Gegen 13 Uhr waren alle BesetzerInnen aus dem Haus. Sie wurden auf die Straße gesetzt – außer eine Aktivistin, die eine Sonderbehandlung wegen „nicht kooperativ2 sein erhielt, und in Gewahrsam genommen wurde. Das Paragraf „nicht kooperativ“ habe ich im Strafgesetzbuch nicht gefunden… Eine spontane Soli-demonstrationen vor dem Polizeirevier wurde durch eine Handvoll mündlichen – wohl vollkommen rechtswidrigen – Platzverweise unterbunden. „Privatgelände“ teilte mir ein hochrangiger Beamter mit – der Gratin der Polizei zog nämlich um, sicherlich weil ich ja sooo gefährlich bin, wenn ich vor der Polizeiwache meine Meinung äußere. Ob er das Flughafenurteile kenne? Frug ich. Wenn man schon bei der Fraport im Flughafen demonstrieren darf, weil das Unternehmen in öffentlicher Hand steht… Natürlich weiß ein EPHK nichts davon… kann doch nicht wissen dass die Polizei eine Staatliche Institution ist, seine Maßnahmen begründet er ja immer mit „weil ich das sage“. „Sie können später klagen, ich nehme Sie in Gewahrsam wenn Sie nicht weg gehen, das ist eine Verfügung“ lautete dueses mal die Antwort. Dabei wurde ich mit Gewalt angefasst. So freundlich geht der frund und helfer mit Kritik um.
Währenddessen hatten sich PolizistInnen – nach insesamt über fünf Stunden Einsatz -einen Zugang zum letzten Stockwerk geschafft und dieses mal alles selbst verbarrikadiert – damit keiner das Haus vor dem Abriss wieder betritt. Inzwischen wurde ein Sicherheitsdienst zur Bewachung des Hauses rund um die Uhr beauftragt. Und wer zahlt den Einsatz für die Immobilienkrake Salier? Der Steuerzahler.
Die Anekdote zum Schluss: die Polizei hat das Sicherheitsdienst vor meiner Person gewarnt… nicht dass ich in einem Baum klettere. Aber liebe Polizei… der Sicherheitsdienst hat hier ein bisschen mehr Klugheit gezeigt : Baumklettern,wo ist das Problem, wir müssen auf das Haus aufpassen, nicht auf die Bäume im Park, war sinngemäß die Reaktion der Security.
Infos zur Frommestrasse: BI Frommestrasse – Blog Frommebleibt