Die Klage der Kletteraktivistin Cécile Lecomte gegen das Gefängnis wird am 16.August um 15 Uhr im Saal 4061 vor dem Landgericht Frankfurt am Main verhandelt
„Irgendwie ist es alle Jahre wieder das selbe, wenn der Castor kommt: der Polizeistaat kommt und die Grundrechte gehen – und ich lande immer wieder in einer traurigen kahlen Zelle – Weil ich zu meinen Handlungen und Überzeugungen stehe“ schrieb Umweltaktivistin Cécile Lecomte in ihrem Tagebuch am 27. November 2011.
Die Kletteraktivistin, mit dem Spitznamen „Eichhörnchen“ war am 26. November 2011 im Anschluss an einer Kletteraktion gegen den Castortransport nach Gorleben in Fulda verhaftet und für drei Tage zum Frauengefängnis nach Frankfurt gebracht worden. Hintergrund war eine nicht gezahlte Ordnungsstrafe.
Dort musste Cécile die Erfahrung machen, dass die Grundrechte von Gefangenen in der JVA Preungesheim täglich missachtet werden, dass sich seitens der Anstalt bewusst über geltende Gesetze hinweg gesetzt wird. Mit der Begründung, die JVA Preungesheim unterliege der höchsten Sicherheitsstufe; zahlreiche gesetzlich vorgeschriebenen Rechte können zudem aus organisatorischen Gründen am Wochenende nicht eingehalten werden.
Die Folge war Einzelhaft, Hofgangsperre und absolute Kontaktsperre – selbst mit ihrem Anwalt – über das Wochenende. Bücher wurden als gefährliche Gegenstände eingestuft. Dass die schwerbehinderte Aktivistin an einer chronischen Krankheit leidet und auf Medikamente angewiesen ist, beeindruckte die Anstaltsleitung auch nicht. Aus Sicherheitsgründen könne man der Aktivistin ihre selbst mitgebrachten Rheumatabletten nicht aushändigen, aus organisatorischen gründen seien sie auch nicht zu bestellen, das gehe nur Werkstags. Wer am Wochenende verhaftet wird, hat Pech. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gilt da nicht.
Gegen die Art und Weise wie die Ordnungshaft gegen sie vollzogen wurde, hat Cécile geklagt. Über ihre Klage wird am kommenden Donnerstag Beweis erhoben.
Zu den Hintergründen ihrer Festnahme berichtete Cécile Lecomte in ihrem Tagebuch:
„Meine Festnahme war keine Überraschung, ich habe damit gerechnet gehabt. Ich habe ganz bewusst, eine Ordnungstrafe in Höhe von 150 Euro wegen « Ungebühr vor Gericht » – einer Richterin gefiel meine Kritik an ihrer Verhandlungsführung nicht und sie verhängte Ordnungshaft in meiner Abwesenheit für eine Handlung die sich nicht einmal im Gerichtsaal abspielte – nicht bezahlt […]. Ich zahle nicht, weil ich zu meinen Handlungen stehe und mich nicht einschüchtern lassen will. Und weil ich lieber im Gefängnis als im Polizeigewahrsam sitze….
Einfach zu durchblicken ist meine Situation nicht, aber man kann sagen, dass ich am Samstag nicht so richtig die Wahl hatte. Oder doch…. zwischen Pest und Cholera. Auch wenn ich die 150 Euro gleich gezahlt hätte, wäre ich mit Sicherheit nicht frei gekommen. In der Vergangenheit wurde ich immer wieder präventiv vor einem Castortransport von der Polizei mit Überwachungseinheiten beschattet oder eingesperrt – alles zur « Gefahrenabwehr ». […]
Wenn ich sowieso nicht frei komme, sitze ich doch lieber im Gefängnis als im polizeilichen Gewahrsam. Das ist das kleinere Übel… Und absurd… diese 3 Tage Ordnungshaft kosten dem Staat deutlich mehr als die 150 Euro die er von mir erpressen will!“
Eichhörnchen, August 2012
Weitere Informationen:
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Das Tagebuch der Aktivistin „ Mein K(n)astortransport in der JVA Preungesheim“
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Die Aktion der Gruppe Fuldatalsperre gegen den Castortransport nach Gorleben 2011:
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Interview mit der Bürgerrechtsorganisation Humanistischen Union am Tag nach der Freilassung der Aktivistin , das Video