Zug ins Nirgendwo der Klimakatatrophe, ein Prozessbericht

* Prozess um Abseil- und Ankettaktion gegen den « Train to Paris » der COP 21 (November 2015) wird am 17.11. gegen 2 Umweltaktivist*innen fortgesetzt (9 Uhr, Saal E_11), Infos auf der Seite der Soligruppe

*Den Vorwurf  der „Mittäterschaft durch psychische Unterstützung“ gegen eine Aktivistin konnten die Polizeizeugen nicht erhärten, sie wurde freigesprochen.

* Pflichtverteidiger*innen nehmen Staatsanwaltschaft, Zeugen und Richterin erfolgreich aufs Korn. « ganz großes spannendes Kino » , so das Fazit einer Zuschauerin

* Polizei sabotiert den Prozess durch eigene Dummheit in der Mittagspause mit der Verhaftung von Zuschauer*innen und Angeklagten, angeblich zum Zwecke der Identifizierung von  unidentifizierten Aktivistinnen.

* Eichhörnchen reicht Klage gegen die willkürliche Verhaftung und Personalienkontrolle (die ja nur halb durchgeführt wurde, weil… die unbekannte Person amtsbekannt ist) -> Klage als PDF

Am 8. November 2017 begann – passend zur aktuellen COP-Farce in Bonn – vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main der Prozess gegen 3 Umweltaktivist*innen, denen Eingriff in den Schienenverkehr anlässlich einer Protestaktion gegen die COP21 im November 2015 am Frankfurter Hauptbahnhof vorgeworfen wird. 3 Aktivist*innen seilten sich im Hauptbahnhof auf den « Train to Paris » ab, zwei weitere Personen ketteten sich vor dem Zug im Gleisbett an.

* Prozess um Abseil- und Ankettaktion gegen den « Train to Paris » der COP 21 (November 2015) wird am 17.11. gegen 2 Umweltaktivist*innen fortgesetzt (9 Uhr, Saal E_11), Infos auf der Seite der Soligruppe

*Den Vorwurf  der „Mittäterschaft durch psychische Unterstützung“ gegen eine Aktivistin konnten die Polizeizeugen nicht erhärten, sie wurde freigesprochen.

* Pflichtverteidiger*innen nehmen Staatsanwaltschaft, Zeugen und Richterin erfolgreich aufs Korn. « ganz großes spannendes Kino » , so das Fazit einer Zuschauerin

* Polizei sabotiert den Prozess durch eigene Dummheit in der Mittagspause mit der Verhaftung von Zuschauer*innen und Angeklagten, angeblich zum Zwecke der Identifizierung von  unidentifizierten Aktivistinnen.

* Eichhörnchen reicht Klage gegen die willkürliche Verhaftung und Personalienkontrolle (die ja nur halb durchgeführt wurde, weil… die unbekannte Person amtsbekannt ist) -> Klage als PDF

Am 8. November 2017 begann – passend zur aktuellen COP-Farce in Bonn – vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main der Prozess gegen 3 Umweltaktivist*innen, denen Eingriff in den Schienenverkehr anlässlich einer Protestaktion gegen die COP21 im November 2015 am Frankfurter Hauptbahnhof vorgeworfen wird. 3 Aktivist*innen seilten sich im Hauptbahnhof auf den « Train to Paris » ab, zwei weitere Personen ketteten sich vor dem Zug im Gleisbett an.

Im Zug saßen Wichtig-Menschen (Umweltministerin Hendricks, Bahnchef Pofalla, etc.), sie befanden sich auf dem Weg zur Klimakonferenz nach Paris. Eine legitime Protestaktion, angesichts der Heuchelei der Politik, die mit solchen Konferenzen vorgibt, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, dies jedoch nicht umsetzt und sonst ein schwaches Abkommen, das selbst bei Umsetzung das Klima nicht retten würde, feiert(e). Oder wie ist es mit dem Flugverkehr? Wird im Vertrag mit keinem Wort erwähnt. Und mit der Kohlekraft? Ach ist alles nicht verpflichtend und im Namen von Profit muss man ja gewisse Abstriche machen, etc.

Der Prozess dauerte am Mittwoch von 9 Uhr bis ca. 18 Uhr an und wird am 17.11. gegen zwei Personen fortgesetzt (die Dritte wurde freigesprochen, die psychische Unterstützung der Aktion konnte nicht nachgewiesen werden).

Die Polizei machte sich zum Affen, als sie in der Mittagspause für eine knappe halbe Stunde die Zuschauer*innen des Prozess einkesselte und sich mit  einer gewaltbereiten BFE und einem aggressiven Kampfhund vor ihnen aufbaute… um die Personalien von zwei Personen – darunter meine – zu kontrollieren.

Die Personen verdächtigte sie, an der Aktion gegen den « train to Paris » beteiligt gewesen zu sein, ohne dass sie damals identifiziert werden konnten… Die Polizei ging offensichtlich willkürlich vor und schnappte sich witzigerweise zwei amtsbekannte Personen: nämlich eine der Angeklagten (!) und meine Wenigkeit. Ich fand die Aktion gut und bin damals auch aus Protest geklettert, aber sorry… ich war in Paris… Und es ist nicht so, dass ich bei der Frankfurter Polizei nicht bestens bekannt wäre… und im Hauptbahnhof bin ich in der Tat schon in die Dachkonstruktion spazieren gegangen, es ist aber 8 Jahre her! (Siehe Kurzgeschichte « Um Himmelswillen » in meinem Buch « Kommen Sie da runter! » zu Kletterspaziergängen durch Frankfurt und die Reaktion der Staatsgewalt). Meine Antwort kam prompt: ich klage gegen die Maßnahmen, das ist für meine PMPK-Datei 🙂 (Politisch Motivierte PolizeiKriminalität).

Der Prozess am Mittwoch war spannend. Es war großes Kino – oder Theater, wie man will. Die Zuschauer*innen hatten keine Langweile! Die Richterin machte einen überforderten Eindruck und schien die StPO nicht gut zu beherrschen. Jedenfalls nicht so gut wie die drei Pflichtverteidiger*innen! Ich übernehme den Prozessbericht der Roten Hilfe Frankfurt am Main. In der Zeitung GWR wird zudem nach Prozessabschluss ein Artikel erscheinen.

Prozessbericht & neuer Termin am 17. November // Es fährt ein Zug nach Nirgendwo, mit mir allein als Passagier…

Züge waren wohl das Motto am 8. November 2017. Vor Gericht standen drei Aktivist*innen, die im Herbst 2015 den Sonderzug „Train to Paris“ mit Bundesumweltministerin Hendricks samt Entourage im Frankfurter Hauptbahnhof blockiert haben sollen und dadurch kam die Ministerin zu spät zum Klimagipfel. Durch eine Abseilaktion von zwei der drei Angeklagten vom Dach des Bahnhofes auf den Zug, sollen sich mehrere Personen aufgrund eines möglichen Spannungsüberschlags und das damit vermeintliche reißens der Hochspannungsleitung in Lebensgefahr befunden haben. Zusätzlich sollen sich mehrere Menschen im Gleisvorfeld aufgehalten haben und so ebenfalls den Zug am Weiterfahren gehindert haben. Nach der Aktion wurden sechs Personen festgenommen. Da sich alle Personen verweigert haben ihre Personalien und Fingerabdrücke abzugeben, konnten aber nur drei Aktivist*innen zufällig identifiziert und angeklagt werden – die restlichen drei sind unbekannt und werden des hoffentlich auch bleiben.

Die zuständige Jugendrichterin zeigte früh ihre völlige Überforderung. Den verantwortlichen Bundespolizisten Bug fragte sie zu seiner Kompetenz über Hochspannungsleitungen und physikalischer Größen. Dieser berichtete von einem sechswöchigen Lehrgang, den er aber nicht besucht hatte. Aber es gibt Merkkärtchen auf dem Revier und diese hatte er gelesen und er ist damit Experte auf dem Gebiet von Strom (der Unterschied zwischen Strom und Spannung wurde vor Gericht zumeist ignoriert). Der zweite Zeuge Günther hatte den Lehrgang immerhin besucht. Einmal Mitte der 90ger und einmal 2005. Leider verhakte sich der vermeintliche Experte aber in unzählige Widersprüche und brillierte mit Unwissen und Schätzungen. Alle Prozessbeteiligten mussten zudem ZUGeben, dass sie sich die Strafakte samt Lichtbilder wenige Zeit vor dem Prozess angeschaut haben und die Angeklagten zweifelsfrei erkennen könnten und dies eindrucksvoll unter Beweis stellten („Wenn ich jemand erkenne, dann erkenne ich die Person. Da kann ich keine Einzelheiten nennen, da müssen Sie mir schon glauben!“ oder nach Nachfrage, an welchen Merkmalen, die Beamten die Personen denn erkannt haben soll kamen Allgemeinsätze à la „Ich habe sie an ihrem Gesicht erkannt“).

Nachdem die zahlreich erSCHIENEnen Besucher*innen des Prozesses spekulierten, was denn dann in einem sechswöchigen Lehrgang behandelt wird und warum niemand zuvor die Norm zum Abstand von Hochspannungsleitungen gegoogelt hat, wurde zur Mittagspause gerufen. Dort erwartete alle Teilnehmenden ein ZUG der besonderen Art: Vor dem Ausgang des Gerichtsgebäudes wartete ein ZUG einer Hundertschaft des Überfallkommandos Hessen in Kampfmontur samt Hund, welcher zwischenzeitlich mehrere Personen an den Oberkörper sprang. Erst nach Hinzuziehen der Anwält*innen wurde überhaupt der Grund genannt: Polizist Steiner vom Staatsschutz verwies auf die Notwendigkeit einer Personalienfeststellung einer Person. Völlig irre war, dass es sich um eine Angeklagte handelte und es Ermittlungen „in der selben Sache, die oben verhandelt wird“ gibt. Das verwirrte nun wirklich alle Beteiligten und Umstehenden – bis auf die Richterin, die unbeeindruckt blieb, nicht klären wollte, worin diese Ermittlungen bestünden und die Aktion des Überfallkommandos implizit gut hieß und als Resultat die Verhandlung trotz laufender Ermittlungen fortführte.

Nach der Mittagspause konnte der Zeuge Blumenau mit weiteren netten Geschichten aufwarten, denen nicht einmal die Staatsanwaltschaft oder die Richterin glauben schenken konnte. Ob auch er bei dem berühmten sechswöchigen Lehrgang war, blieb aber ungewiss. Da dies der Belastungszeuge gegen die dritte Angeklagte war, blieb nichts anderes übrig, als die Person freizusprechen. Gegen die beiden anderen Angeklagten gibt es unter Vorbehalt einen weiteren Verhandlungstermin am Freitag, 17. November um 09:00 Uhr Amtsgericht Frankfurt, Hammelsgasse 1, Gebäude E, Saal 11, 1. OG.

Der Prozess zeigt wie wichtig es ist, die angeklagten Genoss*innen solidarisch zu begleiten. Neben der wichtigen Unterstützung gegen Bullenzeugen und Staatsanwaltschaft, kann man immer wieder viele Sachen lernen. Seien es nun Inhalte eines sechswöchigen Lehrgangs der Bundespolizei, die Höhe eines ICEs (ca. 3890 mm) oder viel wichtiger Ermittlungsmethoden der Polizei und Staatsanwaltschaft. Der Prozess zeigte Chancen, aber auch die Folgen des Konzepts der Personalienverweigerung. Einerseits konnte sich die Hälfte der Aktivist*innen trotz sofortiger Festnahme erstmal einer Anklage entziehen. Andererseits müssen die Aktivist*innen jede zufällige Personalienkontrolle vermeiden und jederzeit mit der ganzen Palette der Repression rechnen: Kessel, Überwachung, ED-Behandlung und mehrmonatige U-Haft. Bei „unbekannten Personen (UP)“ tauschen die Polizeibehörden regelmäßig Fahndungsaufrufe mit Fotos aus. Aber noch viel wichtiger war es an diesem Tag, dass viele Unterstützer*innen bei der völlig überzogenen Aktion der Polizei in der Mittagspause anwesend waren. So konn
te verhindert werden, dass die Bullen einzelne Personen raus ziehen und kontrollieren. Außerdem kann erlebt werden, wie Bullen ins Schlingern geraten und sich trotz Vorbereitungen und Absprachen gegenseitig widersprechen und trotzig werden. Dies löst manchmal ein heiteres Gefühl der Genugtuung bei den Prozessbeobachter*innen aus.

Auch wenn die Zeit verrinnt, die Stunden gehen,
bald bricht ein neuer Tag heran,
noch ist es nicht für uns zu spät,
doch wenn die Tür sich schließt, was dann?
 

Zeigt Solidarität auch am zweiten Verhandlungstag und kommt am Freitag, 17. November 2017 um 9:00 Uhr zum Amtsgericht Frankfurt, Hammelsgasse 1, Gebäude E, Saal 11, 1. OG und lasst die Angeklagten nicht alleine! Angeklagt sind zwei – gemeint sind wir alle!

UPDATE: Öffentlicher Treffpunkt zur Prozessunterstützung um 8:30 Uhr, Kreuzung Seilerstraße/Konrad-Adenauer-Straße. Wir gehen dann gemeinsam zum Prozess!