Am Donnerstag wurde im so genannten Keksprozess vor dem Landgericht Lüneburg weiter verhandelt. Dem Angeklagten Karsten Hilsen wird vorgeworfen, das Gelände einer Groß-Konditorei betreten zu haben, um dort abgelaufenen Kekse aus einer Mülltonne zu entwenden. Der zweite Verhandlungstag legte den politischen Hintergrund des Verfahrens zu Tage und endete mit einem Antrag der Verteidigung auf Einstellung wegen « Verfahrenshindernis » ; das heißt dass die Voraussetzung für die Verfolgung nicht mehr gegeben sind, Hausfriedensbruch wird nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt. Eine Vertreterin der Konditorei war zuvor als Zeugin vernommen worden, dabei ergaben sich erhebliche Zweifel, ob der Strafantrag rechtskräftig gestellt wurde. Die Verteidigung rechnet nun mehr mit einem für den Angeklagten positiven Ausgang des Verfahrens. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft bat gestern um eine Frist zur Stellungnahme.Das Verfahren wird am 14. Februar um 14 Uhr fortgesetzt. Die Vernehmung der Zeugin soll fortgeführt werden.
Nach dem ersten Verhandlungstag gab das Gericht einem zuvor abgelehnten Antrag statt und ordnete dem Angeklagten Rechtsanwalt Martin Lemke aus Hamburg als Pflichtverteidiger bei. Dieser Verteidigte Karsten Hilsen in der Vergangenheit in anderen politischen Verfahren wie Castor-Prozesse erfolgreich. 2004 kam es zu einer Grundsatzentscheidung, wonach Versammlungen auch auf Schienen, keine Straftat darstellen.
« In dem Verfahren, das von der Staatsanwaltschaft Lüneburg ausdrücklich als Musterverfahren geführt wurde, erlitt sie eine schwere juristische Niederlage, die sie mir offensichtlich bis heute nicht verziehen hat. Aktenkundig ist, dass das aktuelle Verfahren zunächst eingestellt – aber mit Verweis auf meinem politischen Engagement wiederaufgenommen wurde. Meine Vermutung ist, dass der für politische Verfahren zuständige Oberstaatsanwalt Vogel von Anfang an die Strippen gezogen hat. » Erläutert Karsten Hilsen
Dies wurde unter anderem an der geradezu irrealen Hartnäkigkeit deutlich, mit welcher Staatsanwältin Kaiser auf Weisung ihrer Behörde, bestehen musste. Der Gewissenskonflikt der Staatsanwältin war für alle Prozessbeteiligten erkennbar.
Im Laufe der Zeugenvernehmung von Frau Scholze ergaben sich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Strafantrages gegen den Angeklagten. Als die Verteidigung klar stellte, dem Angeklagten sei es nie um eine Schädigung der Firma Scholze gegangen, ließ Frau Scholze ihren Anwalt schriftlich zur Protokoll erklären, dass seitens der Großkonditorei, kein weiteres Verfolgungsinteresse mehr bestünde.
Abschließend stellte Rechtsanwalt Lemke den Antrag auf Einstellung des Verfahrens nach §206a der Strafprozessordnung, weil ein « Verfahrenshindernis » vorliegt.
Weil die Staatsanwältin offensichtlich nicht entscheidungsbefugt war, bat sie um eine Frist zur Stellungnahme. Wann das Gericht den Antrag bescheiden wird, ist nicht bekannt.
» Ich finde, das war ein guter Tag für die Verteidigung. Die Entwicklungen sind spannend. Vor gut einem Jahr, hatte Amtsrichterin Lindner den Antrag auf Ladung der Zeugin Scholze wegen angeblicher « Prozessverschleppung » zurückgewiesen. Dadurch wurde verhindert, dass die Zeugin zum Strafantrag befragt werden konnte – und das Verfahren in die Länge bis vor das Landgericht gezogen wurde. Die philosophische Theorie des « Absurden » von Albert Camus hat an Akualität nichts verloren. » Kommentiert Kartens Nachbarin Cécile Lecomte leicht amüsiert.
Das Verfahren soll am 14. Februar um 14 Uhr im Saal 121 am Landgericht Lüneburg fortgeführt werden. Als Zeuge sollen Frau scholze und EPHK Vietgen vernommen werden.
Eichhörnchen und Karsten