Dieser Beitrag wurde auf #Unfugbleibt, dem Blog meines Wohnprojektes veröffentlicht.
Die Landeszeitung hat nach der Ratssitzung von Februar und ihrer – ja nicht besonders neutralen – Berichtserstattung einige Leserbriefe erhalten. Uns hat der Leserbrief von Verena und Hannah erreicht. Dieser wurde nicht veröffentlicht – auch nicht in seiner auf 2000 Zeichen gekürzten Version. Wir veröffentlichen ihren Leserbrief in voller Länge, da dieser die Vorgänge bei der Stadtratssitzung mit den Fragen zu Unfug an die Politik gut aufzeigt.
Und an dieser Stelle ein Mini-Update:
Die Stadtverwaltung lässt sich durch die Corona-Pandemie nicht ausbremsen und baut weiter Druck für eine Räumung der Bauwagen auf.
Ein Erörterungstermin, welcher uns in der Stadtratssitzung vom 27.02.20 in Aussicht gestellt wurde, soll nun einfach weg fallen. Wir wollten einen neuen Vorschlag einbringen, den wir in Zusammenarbeit mit unserem Anwalt und unserem Architekten erarbeitet haben und der mit dem Baurecht kompatibel ist. Die Stadt will sich aber über die Rechtslage nicht mit uns unterhalten. Das ist natürlich sehr praktisch für die Behörde, weil Protest gegen ein solches Vorgehen sich derzeit wegen Corona äußerst schwierig gestaltet. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.
Leserinnenbrief zu dem LZ-Artikel „„Unfug“ sorgt für Chaos im Rat“ vom 03.03.2020
In dem Artikel vom 03.03.2020 „„Unfug“ sorgt für Chaos im Rat“ hieß es, die Nachfragen zum Thema seien durch ein Mitglied des Unfug (Unabhängig, frei und gemeinsam wohnen e. V.) Wohnprojekts gestellt worden. Dies stimmt nicht, die Person war Teil einer solidarischen Unterstützer*innengruppe des Wohnprojekts. Etwa 20 Unterstützer*innen waren an diesem Tag vor Ort.
In dieser unterstützenden Gruppe entstand der Eindruck, dass Einwohner*innenfragen von der Stadtratsvorsitzenden nicht erwünscht waren, wenn mehr als eine Frage pro Person und mehr als 10 Minuten Antwortzeit benötigt werden. Nach Abschluss der letzten Frage wurde eine Formulierung gewählt, á la „Ein Glück sei der nervige Teil von Einwohnerfragen jetzt vorbei und man könne nun zu wichtigen Themen übergehen“. Wenn selbst die wenigen Möglichkeiten, die die Bewohner*innen Lüneburgs haben ( nämlich einzig durch das Einbringen von Einwohnerfragen nur beim Beginn einer Stadtratssitzung), so wenig ernstgenommen werden und man als sehr störend und unerwünscht dargestellt wird, so finden wir es umso gerechtfertigter, wenn einige Menschen über andere Wege ihre Stimme erheben und Meinungen geäußert werden. Einige haben Mikros – andere nicht.
Als sehr problematisch ist das Verhalten des Oberbürgermeisters Mädge anzusehen. Dieser maß sich selbst weit mehr Redezeit zu, als alle anderen Ratsmitglieder zusammen. Ihm scheint die nötige Objektivität im Umgang mit dem Anliegen des Kollektivs, das aus jungen vielfältig in Lüneburgs Initiativenlandschaft eingebundenen Menschen besteht, zu fehlen. „Sie können gerne klagen, dann stehen sie gegen mich.“ Diese Attitüde des Alleinherrschers steht einem Bürgermeister nicht zu.
Auf das Gutachten, das im Auftrage der Partei der Linken erstellt wurde und in dem es heißt, dass es politisch möglich wäre, eine Entscheidung zu fällen, so dass Unfug inklusive Bauwägen auf dem Grundstück bleiben, geht die LZ in ihrem Artikel gar nicht ein. OB Mägde nahm selbst Bezug auf die Dehnbarkeit gerichtlicher Urteile. Aus der Entscheidung der Verwaltung spricht daher eher der mangelnde politische Wille als ein tatsächlicher Hinderungsgrund.
Leserbriefe erhaltenDas „kreischende Unfug-Mitglied“ vom dem sie berichten ist die Umweltaktivistin Cécile Lecomte, über die die LZ im Jahr 2008 schon einmal im Zuge ihrer Proteste gegen die Castor Transporte berichtete („Hochseilakt Castor“). Damals schrieben Sie von ihrem Kampf gegen die Transporte „das Bild David gegen Goliath drängt sich auf“. Lecomte hat chronische rheumatoide Arthritis und das selbstverwaltete inklusive Wohnprojekt ist ihre Alternative zu einem Behindertenheim. Vielleicht sind emotionale Äußerungen oder Appelle wie „kein Recht auf Nazi-Propaganda“ in einem Stadtrat nicht gerne gesehen, in dem AfD-Mitglieder mit Handschlag begrüßt werden, die Linken aber nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Hannah Uhlich und Verena Pintatis (die im Übrigen die Einwohner*innenfragen gestellt hat)