Interessanter Beitrag in der „plusminus“ Sendung vom ARD.
Seit Jahren kritisieren AtomkraftgegnerInnen, dass von Atomausstieg keine Rede sein kann, wenn von Deutschland aus die ganze Welt mit atomarem Brennstoff versorgt wird. Anlagen wie die Urananreicherungsanlage in Gronau oder die AREVA-Brennelementefabrik in Lingen dürfen trotz „Atomausstieg“ weiter laufen. Diese Industrie ist mit zahlreichen Transporten und Gefahren verbunden. Dem gingen die Journalisten in ihrem 9 minütigen Beitrag in „plusminus“ nach.
Informationen von ARD zum Beitrag:
Auch nach der Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland bleibt die Bundesrepublik Drehscheibe im internationalen Atomgeschäft.
In Deutschland werden auch nach Abschaltung des letzten Atomkraftwerks weiterhin Brennelemente für den Export hergestellt. Die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau und die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen erhielten unbefristete Betriebsgenehmigungen. Ein aktueller Antrag des Landes Nordrhein-Westfalens im Bundesrat, das Atomgesetz zu ändern, um die Urananreicherung in Deutschland zu beenden, wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.
Bundesrat hat Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie gefordert
Bereits 2011 hatte der Bundesrat einen konsequenten, glaubwürdigen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie gefordert: « Die Unterstützung der Atomenergienutzung im Ausland bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Atomenergienutzung im Inland aus dem Bewusstsein der Unverantwortbarkeit der Atomenergie ist politisch und moralisch widersprüchlich und nicht hinnehmbar », heißt es in einer Stellungnahme des Bundesrates zur Änderung des Atomgesetzes nach der Katastrophe von Fukushima. Die Antwort der Bundesregierung darauf: « Eine generelle gesetzliche Stilllegung aller kerntechnischer Anlagen in Deutschland ist nicht angezeigt. »
Bundeswirtschaftsministerium warnt: Ausstieg würde Arbeitsplätze kosten
Aktuell teilt das Bundeswirtschaftsministerium « Plusminus » mit: « Eine Stilllegung von Anlagen in Deutschland würde zu einem Verlust von hoch qualifizierten Arbeitsplätzen in einer strukturschwachen Region führen und die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Hochtechnologiebereich der deutschen Industrie und des Wirtschaftsstandorts Deutschland schwächen. »
Das bedeutet, dass nach dem Willen der Bundesregierung die deutsche Urananreicherungsanlage auch nach dem deutschen Atomausstieg weiterproduzieren wird. 365-mal im Jahr erreicht zurzeit das gefährliche Uranhexafluorid (UF6) per LKW die Anlage im westfälischen Gronau. Bei Uranhexafluorid handelt es sich um eine chemische Umwandlung von Uran. Uran wird vor allem in Minen in Kasachstan, Kanada, Australien und dem Niger abgebaut. In der Urananreicherungsanlage in Gronau wird das spaltbare Material in seiner Konzentration erhöht und an 50 Kunden in 17 Länder geliefert. Das dabei anfallende abgereicherte Uran wird unter freiem Himmel gelagert.
Uran lagert unter freiem Himmel
Derzeit sind es an die 9.000 Tonnen. Genehmigt ist dort die zeitlich unbegrenzte Lagerung von insgesamt 38.100 Tonnen Uranhexafluorid. Der Betreiber der Anlage, das Unternehmen Urenco, teilte zur Gefahr eines Flugzeugabsturzes mit, dass die Behälter, in denen UF6 im Freilager lagere, nur zu 2/3 befüllt seien. Bei einem voll umschließenden Feuer, das 25 Minuten andauere, könnten diese Behälter bersten. Urenco habe jedoch Sicherheitssysteme, damit brennendes Kerosin in wenigen Minuten abfließen könne und ein Brand deutlich kürzer als 25 Minuten andauere.
Uranhexafluorid ist eine leicht flüchtige, äußerst giftige, radioaktive und korrosive Verbindung. Aus dem Stoff kann eine der gefährlichsten Säuren entstehen, warnt der Atomphysiker Dr. Sebastian Pflugbeil gegenüber « Plusminus ». Bereits bei einer Temperatur von 56,5 Grad wird es gasförmig. Gelangt es in die Umwelt, wird es beim Kontakt mit Flüssigkeit zum Beispiel im menschlichen Organismus zur gefürchteten Flusssäure, die sogar Glas zersetzen kann.
Gefährliche Fracht
Das gefährliche Uranhexafluorid wird regelmäßig durch die Bundesrepublik transportiert. Während der Dreharbeiten von « Plusminus » am 12. August 2013 wurde auf dem Gelände der Urananreicherungsanlage ein Zug mit abgereichertem Uran beladen. Über Koblenz wurde das Material in diesem Fall nach Südfrankreich gefahren. Durchschnittlich ein bis zwei Zugtransporte gibt es pro Monat, so das Unternehmen Urenco. Anwohner Udo Buchholz kritisiert die Lagerung dieses gefährlichen Stoffes in seiner Nachbarschaft sowie die regelmäßigen Transporte über das ganz normale Bahnnetz. Bei einem schweren Unfall in einem Bahnhof oder auf freier Strecke sei eine Katastrophe nicht zu verhindern, fürchtet er.
Am 1. Mai 2013 zeigte sich, dass diese Angst begründet ist. Uranhexafluorid befand sich an Bord des Frachters Atlantic Cartier, der im Hamburger Hafen lag. 500 Meter entfernt wurde gerade der Kirchentag mit zehntausenden Besuchern eröffnet, als der Frachter Feuer fing. Per Kran konnten Behälter mit Uranhexafluorid aus dem brennenden Frachter entfernt werden.
Behörden sind nicht ausreichend informiert
Eine Liste, die « Plusminus » vorliegt, zeigt, dass allein im März 2013 neun Mal radioaktives Material durch den Hamburger Hafen transportiert wurde. Wenn Uran zur Weiterverarbeitung verschifft wird, ist häufig nicht bekannt, aus welchem Abbaugebiet es stammt oder wofür es bestimmt ist, kritisiert Uranexpertin Astrid Schneider. Wie viel Uran in Deutschland angereichert und verarbeitet wird, ist auch dem Bundesamt für Strahlenschutz nicht bekannt, heißt es auf Anfrage.
Uranhexafluorid aus Gronau wird auch in das knapp 60 Kilometer entfernte Lingen transportiert, in Deutschlands Brennelementefabrik. Hier wird das angereicherte Uran in Tabletten gepresst und in Röhren gefüllt, die zusammen ein Brennelement ergeben. 70 Mal im Jahr verlassen Transporte mit Brennelementen die Fabrik. Geliefert werden sie nach Frankreich, Schweden, Finnland, Belgien, Niederlande, Schweiz, Spanien und nach China. Auch die Produktion von Brennelementen ist unbefristet genehmigt. Die regelmäßigen Transporte von Uranhexafluorid und Brennelementen durch Deutschland werden also nach dem Atomausstieg weitergehen. Für den Atomexperten Dr. Sebastian Pflugbeil ein absurdes Phänomen: « Wenn man wirklich davon überzeugt ist, dass man da raus muss und sich wünschen würde, dass auch die anderen Staaten dem folgen, dann ist doch das letzte, dass man die jetzt mit Brennstoff versorgt. »
Morgen gibt es gleich eine Gelegenheit aktiv zu werden!
wir demonstrieren am 14. September in Braunschweig und Duisburg: KEINE ATOMANLAGEN IN WOHNGEBIETEN – und auch nicht anderswo!
Denn, in Braunschweig wollen die Firmen Eckert & Ziegler und GE Healthcare ihr Firmengelände direkt am Wohngebiet und in unmittelbarer Nähe eines Gymnasiums sogar noch erweitern und werben bei ihren Aktionären schonmal mit der Verarbeitung des ASSE-Atommülls! Dabei ist die Strahlung am Zaun schon jetzt so hoch, dass sie nur unter die geltenden – deswegen aber ja nicht unbedingt ungefährlichen – Grenzwerte gedrückt werden kann, indem angenommen wird, dass sich Menschen dort max. 2000 h pro Jahr aufhalten.
Und in Duisburg konditioniert die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), ein Unternehmen der Konzerne RWE, EON, EnBw und Vattenfall, schwach- und mittelradioaktivem Atommüll. Auf dem Gelände dürfen nach derzeitigem Genehmigungsstand 3300t Atommüll gelagert werden.
Duisburg und Braunschweig dürfen nicht die Atommülldrehscheibe der ganzen Republik werden!
Auf www.anti-atom-demo.de (und den dort weiterführenden links) gibt es alle Informationen zur Demo in Duisburg und zur Menschenkette um das Gelände von Eckert&Ziegler/Buchler in Braunschweig.