Als die ersten sieben Streiter den Verein Leben(s)wagen gründeten, war Fango, der Wagenplatz am stadtrand von Lüneburg noch ein fernes Ziel…
Im April feiern wir 2 Jahre « Leben(s)Wagen e.V. in Lüneburg. Auf dem Grundstück am Ebelingweg stehen wir nur seit anderhalb Jahr. Ich gehöre zu den Gründungsmitgliedern des Platzes.
Und letzte Woche hieß es « Schütten schütten schütten, rütteln rütteln rtütteln… » Wir haben gemeinsam angepackt und jetzt einen wunderschönen Rundweg. Das ist Vorausetzung für den Bauantrag, der unserem Platz ein sicheres Status geben soll.Der Vorteil dabei… der Matsch ist weg! Ob wir nun dem Wagenplatz einen neuen Spitzname suchen wollen? Fango bedeutet Matsch im Spanischen… Ob der Name Fango als Erinnerung an die Anfänge bleibt?
Ilka hat in einem Text die Entstehungsgeschichte des Platzes zusammen gefasst.
Part I: Von Leben(s)Wagen zu Fango- eine anstrengende Erfolgsgeschichte
Als die ersten sieben Streiter den Verein Leben(s)Wagen gründeten, war Fango noch ein fernes Ziel.
Doch selbst die Gründung des Vereins war nicht ganz einfach: Denn Ilka, Karsten, Cecile und Vodi, die Bewohnerinnen des Platzes an der Uelzener Straße, waren nur zu viert. Zur Gründung eines Vereins braucht man aber sieben Mitglieder. Nach viel Aufklärungsarbeit kamen dazu: Robert vom Meisterweg, der Noch -Steinhausbewohner Axel aus Hamburg und schließlich die Allzeit-Unterstützerin Freya. Somit konnte unter Wahrung der Vereinsstatuten der beschwerliche bürokratische Weg aufgenommen werden. Die Gründerinnen hatten jetzt ein Werkzeug, um einen Lebensraum zu erkämpfen; vor allem für die Lüneburger Bauwagenbewohner, die derzeit von ihren Plätzen vertrieben wurden. Kurz nach der Gründung stieß als achtes Mitglied Dan vom Meisterweg dazu, und bald darauf der Hamburger Noch- Steinhaus- Martin.
Nun kommt`s: Die Mitglieder hofften, mit direkten und offenen Gesprächen mit der Stadt Lüneburg eine Wohnsituation mit Langzeitperspektive zu schaffen und außerdem das Leben in fliegenden Bauten zu einem anerkannten Bestandteil unserer Stadt zu machen. So begann alles mit einem Brief an Oberbürgermeister Mädge (im Folgenden OBM) und viel Pressearbeit. Außerdem erkundeten die Lebenswagner ganz Lüneburg nach geeigneten Flächen, schrieben Privateigentümer an und waren beim Bauamt vorstellig.
OBM wollte Leben(s)wagen kennenlernen, und es kam zum ersten Gespräch mit der Stadt. Diese war nun gezwungen, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen, dass durch die Baupolitik Bauwägen verdrängt werden, dadurch aber nicht verschwinden. Als Leben(s)wagen OBM die eigenen Vorschläge unterbreitete, gab er, beeindruckt vom Engagement der Wagenmenschen, seine zunächst abweisende Haltung auf. Das Ergebnis der anstrengenden Erkundungen war jedoch die nicht sehr überraschende Erkenntnis, dass alle in Lüneburg attraktiven Flächen verbaut oder anderweitig verplant sind. OBM gab nun seinerseits Vorschläge zu Flächen, welche genutzt werden könnten. Flächen, die nicht so attraktiv und mit erheblichen Erschließungsmaßnahmen verbunden waren.
Trotz und wegen dieser ersten Ergebnisse führten die Leben(s)Wagenden die Verhandlungen fort. Sie konnten sich schließlich mit dem kleinsten der von der Stadt vorgeschlagenen Übel anfreunden und sahen sich in der Lage, die notwendigen Erschließungskosten aufzubringen, indem sie zähneknirschend Darlehen von insgesamt ca. 50000 Euro von Bekannten aufnahmen. Um auf Dauer eine sichere Bleibe zu haben, gehörte auch zum Kompromiss, dass für unser zukünftiges Gelände der Flächennutzungsplan geändert werden musste damit alles schön nach Baurecht laufen kann.
OBM will dieses Projekt, also lief alles an, wenn auch teilweise sehr schleppend.
Am 3. Oktober 2010 beziehen 3 Wägen und ein Zelt das neue Gelände: eine Brachfläche, die abseits des Zentrums gerade noch Stadtgebiet ist und der Stadt als Belüftungsschneise dient; ein windiger knapper Hektar zum Selbstgestalten, der den Verein, abgesehen von der Abbezahlung der Darlehen und laufenden Kosten einen immerhin recht geringen Pachtzins von 900 Euro und die Bewohner die Erfüllung von so einigen Auflagen kostet (siehe Pachtvertrag). Zuweg, Wasser- und Stromleitungen werden erst im November fertig sein, auch wenn Reiners Toilettenwagen bereits an seinem Platz steht und wartet.
Ein Jahr später ist der Platz rappelvoll: Ca. 40 Wägen, 24 Erwachsene, vier Kinder, drei Hunde, drei Katzen und ein Hahn bilden nun den Platz Fango, der sich seinen Spitznamen im ersten Winter eingefangen hat.
Unser kleines buntes Dorf am Ebelingweg ist entstanden aus vielen Gesprächen, Begehungen und Verhandlungen, Handarbeit und Kreativität aller Bewohnerinnen. Die Verhandlungen zwischen Verein, Stadt Lüneburg und Land Niedersachsen sind trotz bestehenden Pachtvertrages letztlich nicht abgeschlossen und haben zum Ziel, was für alle Beteiligten ein schwieriges Unterfangen ist: dem Wohnen in Fliegenden Bauten in der bürokratischen Welt einen Platz zu geben.
Part II: Ambitionen, Wünsche und Ziele der Gründungsmensche
Für uns wollen wir ein Zuhause auf Dauer, wo sich jeder entfalten kann, ohne die Unsicherheit, ob man bleiben kann.
Wir möchten anderen den Weg erleichtern: In Zukunft soll es in unserer Umgebung mehr anerkannte Wagenlätze geben.
(Ausführlicher siehe Satzung)
Die Gründer haben mit dem Aufbringen der zinslosen Darlehen von ca. 50000 Euro eine große Verantwortung auf sich genommen. Wir wünschen uns, dass dies auch auf Dauer im Bewusstsein der Platzbewohnerinnen bleibt. Obwohl wir anfangs nur so wenig waren, hofften wir, dass über die Mieteinnahmen diese Last möglichst schnell verschwindet und die Betreffenden ihr Geld zurückbekommen, wir aber zumindest die Darlehensverträge einhalten können, von denen die längsten 10 Jahre dauern. Eine große und starke Gemeinschaft, die wir nun sind und hoffentlich bleiben, kann das gut schaffen. Jeder Einzelne trägt dazu bei, dass uns dies gelingen mag.
Eins der Darlehen erhielten wir von der Stiftung FreiRäume. Es handelt sich hierbei um 8000 Euro. Bedingung ist hierfür, dass dieses Geld oder zumindest ein großer Teil davon auch wirklich für Freiräume auszugeben, zum Beispiel für Gemeinschaftsräumlichkeiten, die den Prinzipien und Zielen der Stiftung FreiRäume entsprechen: Die Sicherung autonomer Räume, die Kommerzialisierung und Privatisierung entgegenstehen sollen. Wir möchten, dass auf lange Sicht Gemeinschaftsprojekte unseren Platz zu einem solchen Feiraum machen. Durch Projekte wie unser kleiner Umsonstladen (mit containerten Lebensmitteln, Werkzeug, Kleidung etc.) und regelmäßige Vokü im Nicht- Winter wird dies bereits realisiert, es kann aber noch ausgebaut werden, so soll z. B. ein Gemeinschaftswagen die Funktion eines Aufenthalts- und Gästeraums haben. Außerdem wünschen wir uns im Gemeinschaftsbereich die Bereitstellung von Aktionsmaterialien und eine kleine Bibliothek.
Wieviel jedes Mitglied aktiv zur Gemeinschaft beitragen kann und will, liegt an jedem selbst. Wir freuen uns, wenn die Gemeinschaft so stark ist, dass sie in der Lage ist, die Mitglieder zu tragen, die dies benötigen. In einer Gemeinschaft von kreativen, freidenkenden Menschen mit den unterschiedlichsten Talenten kann dies ganz bestimmt, wenn auch manchmal auf chaotische Art und Weise, Wirklichkeit werden!