Weil die Polizei die Aktionen von Kletteraktivistin Cécile Lecomte so sehr fürchtet, wird sie häufig in präventivem Gewahrsam genommen. Ein „Störfaktor“, das zu unterbinden sei, nannte der Lünerburger Polizeipräsident die als „Eichhörnchen“ bekannte französische Umweltaktivistin in einem Fernsehinterview im Frühjahr 2010.
Diese wiederholten Festnahmen sieht Cécile dagegen als unzulässige Ersatzbestrafung an. Gegen einen 4 -tägigen präventiven Sicherungsgewahrsam anlässlich des Castrotransportes nach Gorleben im Jahr 2008 hat sie nun mit Hilfe ihrer Anwältin Ulrike Donat Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Sie bezieht sich dabei auf die jüngste Rechtsprechung des europäischen Gerichtes, dass eine Freiheitsentziehung nur im Rahmen eines Strafverfahrens für zulässig hält, nicht aber zu rein präventiven Zwecken zur Verhinderung einer einfachen Ordnungswidrigkeit, wie bei dem präventiven Gewahrsam der Aktivistin 2008.
Die Aktivistin hatte sich am 6. November 2008 mit drei weiteren Personen an einer Kletteraktion gegen den bevorstehenden Castortransport beteiligt (Video der Aktion). Die Polizei räumte die AktivistInnen von der Brücke, Cécile Lecomte wurde auf Anordnung vom Lüneburger Polizeidirektor als einzige festgenommen.
Neben der Verletzung ihres Freiheitsgrundrechtes rügt die Aktivistin einen Verstoß gegen Art. 3 der europäischen Menschenrechtskonvension. Demnach sind Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen untersagt.
„ Ein viertägiger Aufenthalt in einer weiß gekachelten Zelle ohne Tageslicht mit 30minütiger Hofgang, gefesselt an einer Polizeibeamtin, widerspricht der Forderungen vom europäische Komitee gegen Folter und folterähnliche Behandlung. Deutsche Gerichte schrieben mir schwarz auf weiß, diese Forderungen würden sie nicht interessieren. Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Ich ziehe vor dem europäischen Gericht für Menschenrechte.“ erklärt Cécile.
Das Bundesverfassungsgericht hatte vor wenigen Monaten mitgeteilt, Ihre Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihre Klage vor dem Bundesverfassungsgericht hatte sie genau vor drei Jahren eingereicht.
„ Unabhängig davon, was das europäische Gericht urteilen wird, klettere ich weiter für eine bessere Welt“ erklärt das Eichhörnchen kämpferisch. Grinsend fügt die Kletterkünstlerin hinzu: „Dass politisches Klettern die Behörden so auf Trab hält, sehe ich als Beweis für eine besonders effektive Art des Demonstrierens und Einladung weiter zu machen“.
Und nicht selten werden polizeiliche Maßnahmen gegen die Aktivistin in der Tat für rechtswidrig erklärt. Vergangene Woche erstritt sie in einer Klage vor dem Gießener Landgericht gegen das Land Hessen ein Schmerzensgeld in Höhe von 1500 Euro für eine Rechtswidrige Ingewahrsamnahme im Jahr 2009.