Am heutigen Tag wurde im so genannten Baggerprozess gegen zwei Robin Wood AktivistInnen vorm dem Stuttgarter Landgericht das Urteil verkündet: 30 Tagessätze à 10 bez. 16 Euro. Den zwei KletteraktivistInnen wurde, nach ihrer Beteiligung an einer Baggerbesetzung gegen den Abriss vom Stuttgarter Hauptbahnhof am 30. August 2010, Hausfriedensbruch vorgeworfen worden. Die Frima Wolff und Müller hatte Strafantrag gegen die AktivistInnen gestellt.
Die Verteidigung hatte im Laufe der sechs Verhandlungstage immer wieder auf ein Verfahrenshindernis hingewiesen und ein Urteil durch Freispruch nach § 260 III StPO beantragt. Sie vertrat die Auffassung, nicht die Firma Wolff und Müller habe das Hausrecht gehabt, sondern die Deutsche Bahn. Also habe die falsche Firma den Strafantrag gestellt.
Nachdem die Pflichtverteidiger beider Angeklagten in ihren Plädoyers ausführlich auf diese Frage eingingen , war die Verhandlung vertagt worden. (Plädoyer vom Verteidiger Tronje Döhmer, von der Angeklagten Cécile Lecomte)
In seiner mündlichen Urteilsbegründung, räumte der Vorsitzende Richter Helweth zwar ein, dass nicht bewiesen werden konnte, das Hausrecht sei an die Firma Wolff und Müller übertragen worden. Relevant sei aber der Willen der Bahn. Die Bahn sei damit einverstanden gewesen, dass die AktivistInnen angeklagt werden, der Firma Wollf und Müller, die in ihrer Arbeit beeinträchtigt worden sei, habe es eigentlich zugestanden, Strafantrag zu stellen… Das dies laut Fachliteratur anders geregelt ist, war dem Gericht egal. Laut Kommentar-Literatur ist das Hausrecht Teilbereich der persönlichen Handlungsfreiheit, so dass eine Vertretung im Willen ausgeschlossen ist.
« Das war eine schwache Urteilsbegründung« , kommentiert Rechtsanwalt Martin Heiming.
Zur Urteilsverkündung waren die Angeklagten nicht erschienen. « Tricksen für eine Verurteilung im Namen der Bahn, nenne ich das. Das muss ich mir wirklich nicht anhören. Ich bereite mich lieber auf die nächsten Aktionen vor. Denn ich denke nach wie vor, dass unsere Aktion richtig und legitim war. » Kommentiert die Angeklagte Cécile Lecomte.
Heute abend macht sich die in Lüneburg lebende gebürtige Französin auf dem Weg in die Normandie – für weitere Aktionen gegen irrsinnige Infrastrukturprojekte. » Stuttgart 21 wurde über die Köpfe der Menschen hinweg geplant, beim AKW- und Hochspannungsleitungsbau in der Normandie geht es nicht anders zu Gange. Mit dem Unterschied, dass die Bevölkerung es dort mit der militärischen Polizei zu tun hat, wenn sie sich aufmüpfig zeigt. Es gibt dort viele „schwarzen Donnerstag. Der Widerstand lässt sich aber weder durch Polizeigewalt noch Strafprozesse einschüchtern.“
Das letzte Wort ist im „Baggerprozess“ lange nicht gesprochen. Die Angeklagten legen Revision gegen das Urteil ein.
Eichhörnchen, den 21.6.2012
Update September 2012: Die Revisionsbegründung