Letzter Teil meines Nachrufs für Karsten Hilsen – Voriger Teil Multi-Themen und Task Aktivist
Karsten letzte Demo war… eine Antiatomdemo im Januar 2022 gegen die EU Taxonomie in Lüneburg. Das passt gut zu ihm! „Ich bin kein Umweltschützer, ich bin Atomkraftgegner“ Da stand er mit einem Lächeln und seinem fahrrad. Er war durch die Chemotherapie sehr geschwächst, aber er war zuverlässlich da.
Ich bin am ende meines Nachrufs angelangt. Die tolle pfiffigen Aktionen, die wir gemeinsam gemacht haben bleiben mir in Erinnerung.
Beim Wohnprojekt Unfug wurde nach Karstens Tod ein Banner für ihn gemalt und aufgehangen. Das mit dem Nähen, müssen wir aber noch üben! Die ersten Schlaufen sind uns nach 30min gerissen. Wir haben den falschen Gurtband gewählt. Arghhh! Karsten war unser Näh-Expert. Jetzt müssen wir ran… Und machen weiter! In seinem Sinne!
So steht es auf dem Banner – mit Fahrrad-Anarchie-Logo und Trainstopping-Logo, wie es sich für Karsten gehört. Das Anarchie-Fahrrad sehe ich beim schreiben durch mein Zimmerfenster.
Die öffentliche Gedenkfeier Kundgebung am Tschernobyl-Jahrestag auf dem Lüneburger Marktplatz war ihm gerecht, mit Musik und Reden, mit vielen Gegenständen die an ihn erinnern – Essen aus dem Container durfte nicht fehlen. Dass ca. 250 Menschen, alt und jung gekommen sind, hat mich berührt. Ich habe die Musikbeiträge moderiert und anhand dieser, Karstens jahrelanges Engagement gewürdigt. Das war traurig und schön zugleich. Ach hätte ich Karsten gern von der schönen Kundgebung erzählt!
Es ist schwer Abschied zu nehmen. Die Kundgebung war für mich ein schöner Abschied, mit einem lebendigen Karsten in Erinnerung. Dieser Nachruf hilft mir ebenfalls Abschied zu nehmen.
Ich habe die Kundgebung für Karsten angemeldet gehabt. Das musste irgendwie sein. Und an dieser Stelle vielen Dank an Karstens Familie, die uns, seiner politischen Familie, die Gestaltung der Feier freie Hand gegeben haben. Und ich habe mich gefreut euch auf der Kundgebung zu sehen!
Karsten wurde im kleinen Kreis Seebestattet. Das passte gut zu seiner Segelleidenschaft. Er war ihm nicht gelegen, irgendwo auf einem Friedhof zu ruhen. Es gibt eine Abschiedsseite für Karsten, mit Bildern aus seiner Jugend, aus der Zeit vor unserem kennen lernen.
Ich habe Karsten ende März zum letzten mal im Krankenhaus auf der Palliativstation besucht. Hätte ich gewusst, dass es das letzte Mal war… Er starb schneller als geahnt, da er sich dort leider mir Corona infizierte und persönlich Abschied nehmen somit nicht mehr möglich war. „Vergangenheit kennt kein Konjunktiv“ würde er dazu sagen.
Als ich ein seinem Zimmer saß, kam ein Arzt hinein und fragte nach seinen Wünschen für seine Beerdigung – die Diagnose unheilbarer Krebs war wenige Tage alt. Er antwortete wie Karsten immer antwortete, mit einem Spruch à la Karsten „Heute ist kein guter Tag zum Sterben“, „Ich wollte immer 100 werden“. Und „die Lebenden müssen damit klar kommen, dass ich nicht mehr da bin“. Ja Karsten, das ist aber verdammt schwer!
Bis zuletzt machte er Witze und strahlte Energie aus. Auf die Frage ob er sich eine religiöse Zeremonie wünsche antwortete er„Oh Gottes Willen nein, ich bin nur nie aus der Kirche ausgetreten, weil ich es nicht einsehe, dass dafür gezahlt werden muss.“ und er hielt einen 10 minutigen Vortrag über das fliegende Spaghetti-Monster und Religionskritik. Der Arzt war etwas verwirrt, ich habe ordentlich gelacht. Bis zum Ende hat er mich zum Schmunzel gebracht!
Ich werde die „Karstenischen Sprüche“ (wie ich diese nannte) arg vermissen!
Krebs ist ein Arschloch!!!!!
Danke, dass ich dich kennenlernen durfte und so tolle Dinge mit dir erlebt habe! Jetzt muss ich akzeptieren, dass du nicht mehr da bist, mir mit Rat und Tat nicht mehr zur Seite stehst und meinen Weg ohne dich weiter finden.
Ich kämpfe weiter für eine Welt ohne Atomkraft, ohne Klimakiller ohne Faschos und für linke Freiräume und viel mehr. Denn: es gibt keine Alternative!
Mach’s gut, Karsten.
Mach’s Besser, hätte er erwidert und „Hörnchen“ getröstet.
Hörnchen, 15.5.2022