Die Brennelementefrabrik in Lingen steht seit dem Brand vom 6.12.18 im nuklearen Bereich der Anlage still. Framatome hatte die Wiederaufnahme des Betriebs für diese Woche angekündigt (Beitrag vom Umweltinstitut dazu), obwohl viele Fragen zum Brand noch ungeklärt ist. Der niedersächsische Umweltmister Lies hat ein Fragenkatalog der Antiatom-Initiativen immer noch nicht beantwortet. Noch steht die Anlage still. Mit einer Demonstration am vergangenen Samstag und einer Blockade der Uranfabrik am Montag haben wir klar gemacht, dass es auch so bleiben muss. Es ist rechtlich möglich diese Anlage, die trotz angekündigtem Atomausstieg über eine unbefristete Betriebsgenehmigung zur Versorgung von Atommeilern weltweit verfügt, zu schließen – ohne Verpflichtung Schadenersatz an Framatome zu leisten. Ob die Anlage stillgelegt wird, ist eine politische Frage. Darum machen wir Druck. Atomausstieg ist Demo-, Blockade-, Kletter-, Seil- und Handarbeit!
Demo in der Innenstadt und Protestbanner am neuen Rathaus
Am Samstag demonstrierten rund 200 Menschen durch die Lingener Innenstadt. Ein Happening an der Demostrecke am neuen Rathaus sorgte dabei für Aufregung, als zwei Demonstrantinnen ein Transparent auf das Vordach entrollten und von der Polizei in Cowboy Manier festgenommen wurden – schließlich darf auch von der Lokalpolitik gefordert werden, dass sie sich für die Schließung der Brennelementefabrik einsetzt.
Über den Polizeieinsatz, die in ihrer Pressemitteilung verbreiteten falschen Verdächtigung und die unprofessioneller Berichtserstattung in der Zeitung (copy and paste einer Polizeimeldung und übles Kommentar dazu, ohne Überprüfung der Angaben der Polizei) berichtet ein Rechtsanwalt aus Lingen, der zugleich die Lokalpolitik gut kennt in seinem Blogbeitrag.
Dorf Sheriff
Als die Polizei zur Aktion gerufen wurde, beschwerten sich die Beamten darüber, die Aktivist*innen hätten ihnen eine ruhige Nachtschicht vermasselt. Sie beschwerten sich über die eisigen Temperaturen, ließen ihre Autos Feinstaub auspusten, um die Standheizung zum Laufen zu bringen und stiegen alle paar Minuten aus, um den Aktivist*innen mittzueilen, wie angenehm warm es im Auto sei.
Den Aktivist*innen hatte zuvor Dorf Sheriff (die Beamten wollten weder Namen noch Dienstnummer nennen, also haben sie deren Verhalten entsprechend Spitznamen erhalten) die Feuertonne mit Atomzeichen zur symbolischen Darstellung des Brandes in der Brennelementefabrik, die etwas Wärme in der eisigen Nacht (-6 Grad) spendete, entwendet.
Dorf Sehriff hatte es eilig, die Feuertonne zu entwenden. Er stürmte ohne Vorwarnung auf die Gruppe und fasste die glühende Feuertonne mit beiden Händen an, um diese zur Seite zu werfen. Die Tonne wurde anschließend mit Feuerlöscher gelöscht. Es entstanden Bilder mit gespenstischer Stimmung, als wäre es der Rauch und Schaum vom Unfall in der Anlage. Danke Polizei für die Mitwirkung an der Gesamtchoreographie!
Dorf Sheriff haben wir nach dem Vorgang mit der Feuertonne nicht wieder gesehen. Ob er sich die Hände an der glühenden Tonne verbrannt hat?
Tja etwas länger nachdenken hätte sicher helfen können. Aber die Polizei legte es offensichtlich darauf an, den Demonstrierenden ihren Schutz vor Kälte weg zu nehmen, damit sie ihre Demonstration von selbst beenden. Doch einschüchtern lies sich die Gruppe nicht. Kleptomane sorgte viel mehr für Unterhaltung.
Kleptomane Polizist
Der ältere Polizist weigerte sich wie seine Kolleg*innen auch Name oder Dienstnummer für Beschwerden zu nennen. Da dieser ein Verhalten zu Tage legte, das an Kleptomanie denken lässt, erhielt er spontan diesen Spitznamen – wobei dies umgangssprachlich zu verstehen ist, im Vergleich zur echten Definition von Kleptomanie wäre hier von vorsätzlichem bewusstem Handel auszugehen.
Die Polizei hat zahlreiche Gegenstände entwendet. Ich schreibe entwendet, weil es zunächst kein Beschlagnahmeprotokoll gegeben hat, eine Rechtsgrundlage wurde nicht genannt, die Gegenstände wurden bis heute nicht raus gerückt.
Die Polizei machte zwar – wegen nicht funktionierendem Megafon unverständliche – Durchsagen an die Demonstrierenden, erklärte jedoch kurz darauf die Demonstration für 2 Stunden zu dulden. Also hatte ihr Verhalten irgendwie kaum Logik. Die Vermutung liegt nahe, dass die Klauerei der Polizei einzig den Zweck hatte, die Menschen zum Aufgeben wegen Kälte und mangelnder Außenwirkung (Wegnahme von Kundgebungsmittel wie Plakate) zu motivieren.
So wurden zahlreiche Gegenstände wie Isomatte, Strohsäcke, Stühle und Banner durch Beamten weg genommen. Doch das Banner oben zwischen die zwei Tripods und an die Kletter*innen kam die Polizei nicht heran. Kleptomane stach aus der Gruppe Polizisten hervor. Er drehte Kreise um seine Beute herum, kam immer wieder enger an die Menschen heran um plötzlich zuzugreifen und eine Isomatte oder einen Strohsack zu entwenden. Er versuchte sogar beim Vorbei laufen einem Demonstranten die Wollemütze vom Kopf zu reisen! Er versuchte auch die Isomatte auf die, der Demonstranten saß, weg zu nehmen und zerriss diese dabei auseinander. War diese Sachbeschädigung zweckmäßig? Verhältnismäßig?
Der Freund und Helfer unfähig einen Rollstuhl zu bedienen
Ich musste am Montag mal wieder die Erfahrung machen, dass Polizeibeamten unfähig – oder unwillig – sind einen Rollstuhl zu bedienen. Die Polizei hat die Demonstrant*innen nach einander entfernt. Als ich dran war, erläuterte ich den Beamten an einer rechtswidrigen Polizeimaßnahme nicht aktiv mitwirken zu müssen. Rechtswidrig war der Einsatz u.a. weil die Entfernung der Demonstrant*innen am Boden den Weg für den SEK-Einsatz mit einem Teleskopstapler, dessen Führer den erforderlichen Schein zur Beförderung von Personen im Korb nach eigener Aussage nicht besaß. Eine Gefährdung der Kletter*innen durch Umkippen des Tripods verhinderten die Demonstrant*innen, indem sie die Füße des gestells festhielten. in der Vergangenheit hat die Polizei schon mal einen Demonstranten durch ihre Dummheit und Weigerung Gesetze der Physik anzuerkennen im Umgang mit dem Gestell zum Fall aus 5 Meter Höhe gebracht.
Schließlich darf die Polizei Zwang anwenden, dieser muss jedoch verhältnismäßig sein. Betroffene sind zur aktiven Mithilfe bei der eigenen Festnahme nicht verpflichtet. Mithelfen kam für mich aufgrund der Umständen nicht in Frage und auf mein Recht nicht aktiv mitzuwirken beharrte ich.
So darf die Polizei einem Demonstranten kein Bein brechen, um ihn von einem Versammlungsort zu entfernen. Das steht nicht im Verhältnis. Das ist jedoch was die Polizei in meinem Fall versucht hat. Sie hat versucht mich in einer Art und Weise zu entfernen, die meinen Rollstuhl stark beschädigen konnte. Statt die Bremse zu lösen oder meinen Rollstuhl zu tragen, wurde der Rollstuhl auf die Kippschutzräder gekippt und mit meinem Gewicht drauf mehrere Meter geschliffen. Die Kippschutzräder sind dafür nicht vorgesehen und ausgelastet, eine Beschädigung ist bei einer solchen unsachgerechten Bedienung zu erwarten.
Im Sommer beschädigten Bundeswehrsoldaten meinen Rollstuhl (Kippschutz linke Seite auf dem Bild) in dieser Art und Weise (Einsatz war illegal, Verfahren gegen mich nach §170 II StPO eingestellt, Vorwürfe von Bundeswehr und Polizei waren aus der Luft gegriffen). Ich musste wegen Reparatur einen Monat ohne meinen Rollstuhl auskommen. Das bedeutete eingeschränkte Mobilität und mehr Schmerzen. Es schließlich als ob mir ein Bein gebrochen worden wäre, der Rollstuhl ersetzt meine Beinfunktion, wenn die Beine wegen der Rheumaerkrankung zu stark schmerzen.
Vorliegend ist es einigermaßen okay ausgegangen. Ich habe heftig und lautstark protestiert und die Beamten haben nach wenigen Meter den Rollstuhl doch getragen. Geht doch!
Ich bin samt Rollstuhl ca. 90 Kg schwer, kaum schwerer als manch ein Demonstrant, eigentlich. Aber das hätten die Beamten gleich machen können, ich habe ihnen erläutert wo der Rollstuhl ohne Beschädigung angefasst werden kann. Und am Samstag hatten sie es hat schon hinbekommen, den Rollstuhl weg zu tragen, als ich ja… vor einem Zivilfahrzeug, das eine Mitdemonstrantin entführt hatte, falsch geparkt habe. Die Polizei lag wert darauf, dies in ihrer PM (mit vielen Fake News zum Einsatz am Rathaus) zu erwähnen…Und im WWW sind natürlich über die Rollstuhlfahrerin, die sich lautstark gewehrt hat, verletzliche idiotische Kommentare zu lesen. Diese Menschen die hetzen, würden sich nicht dagegen wehren, dass ihnen ein Bein gebrochen wird oder dies angedroht wird? Natürlich nein.Aber in deren Weltbild sind Behinderte nur unfähige Menschen, die auf einer Demo nichts zu suchen haben. Diskriminierung ist tief in der Gesellschaft verankert.
Maschinenführer von Rosen Technology im Nazi-Outfit
Für etwas Aufregung sorgte schließlich die Räumung der beiden Kletter*innen durch ein SEK. Die Firma Rosen Technology stellte dafür – und dies nicht zum ersten Mal – einen Teleskopstapler mit Korb für die Räumung der Aktivist*innen zur Verfügung.
Der Fahrer wurde befragt, ob er einen Schein zur Bedienung der Maschine mit Menschen im Korb besitze. Die Frage wurde verneint. Die erforderliche Zusatzqualifikation besaß er nicht. Der Einsatz wurde trotzdem fortgesetzt. Mit einem Polizisten im Korb und einem weiteren außerhalb, was nach Unfallverhütungsvorschriften unzulässig ist.
Unheimlich wirkte es auf die Beteiligten, als diese feststellten, dass der Maschinenführer unter seiner Arbeitsjacke der Firma Rosen, einen Oberteil mit dem Thor Steinar Logo, einer Nazi-Marke, trug. Das passte aber irgendwie zum – illegalen – Einsatz! ANF Framatome lässt sich durch Firma Rosen mit Arbeiter im Nazi-outfit gegen Protestierenden aushelfen.
Zum guten Schluss
Die Beteiligten blicken auf erfolgreiche Aktionstage zurück und… werden sicher bis zur endgültigen Stilllegung der Anlage wieder kommen.
ar, sondern ein Ziviauto in das Männer im Hooliganstyle eine Freundin verfrachteten. Zu den Anhörungsbögen
Abschlussmitteilung: Brennelementefabrik erfolgreich blockiert
Heute am 21.01.19 haben Aktivist*innen von Contratom die Brennelementefabrik der Firma Framatome-ANF (ehemals Areva-ANF) für mehrere Stunden erfolgreich blockiert. Die Aktion stand im Kontext des 40 jährigen Bestehens der Brennelementefabrik und dem Brand im nuklearen Bereich der Fabrik.
Gegen 5:30 Uhr wurden zwei Metalldreibeine vor die Zufahrt des Werksgeländes gestellt, welche zwei Aktivist*innen emporkletterten um die Räumung zu erschweren. Die Zufahrt mit Fahrzeugen zum Werksgelände war ab diesem Zeitpunkt nicht über die Hauptzufahrtstraße mehr möglich. Zwischen den Dreibeinen wurde ein Banner mit der Aufschrift „Atomkraft brandgefährlich“ gespannt. Auf dem Boden wurden gelbe Atomfässer und eine Feuertonne gegen die kalten Temperaturen platziert.
Etwa 15 Minuten später kamen mehrere Streifenwagen der Polizei zu der Aktion. Die Polizist*innen fingen ziemlich schnell an den Aktivist*innen am Boden ohne eine rechtliche Begründung Banner und wärmendes Material (Tee und Isomatten) zu entwenden. Ein Polizist versuchte sogar einem Aktivisten die Mütze vom Kopf zu reißen. Die Mitarbeiter*innen der Brennelementefabrik konnten seitlich an der Blockade passieren. Einige der Mitarbeiter*innen fühlten sich scheinbar durch die Anwesenheit der Aktivist*innen so provoziert, dass sie gefährdend versuchten sich zwischen den Dreibeinstangen durchzudrücken obwohl keinerlei personalisierte Provokation von den Aktivist*innen ausging.
Gegen 9:30 Uhr erschien eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei aus Osnabrück und ein Sondereinsatzkommando aus Hannover um die Räumung der Blockade vorzubereiten. Außerdem wurde von der benachbarten Firma „Rosen Technology and Research GmbH“ ein Gabelstapler ausgeliehen, welcher von einem Mann in Thor Steinar Klamotten, einer rechtsextremen Kleidermarke, gefahren wurde. Vermutlich hatte der Gabelstaplerfahrer keine Erlaubnis Menschen in dem Korb des Gabelstaplers zu befördern. Die Bereitschaftspolizei räumte zuerst in unprofessioneller Art und Weise die Aktivist*innen am Boden. Auch jene, die zur Verhinderung eines möglichen Kippens des Dreibeins an den Füßen standen, wurden geräumt.
Danach räumten Beamten des SEK die beiden Aktivist*innen aus den Dreibeinen mithilfe des Gabelstaplers. Gegen 10:30 Uhr hatten diese die beiden Aktivist*innen zu Boden gebracht. Nach Identitätsfeststellung der Aktivist*innen wurden Platzverweise gegen alle Aktivist*innen ausgesprochen.
Eines bleibt im Gegensatz zu Atomkraft sicher: Solange die Brennelementefabrik weiter betrieben wird, werden Aktivist*innen immer wieder kommen und sich der Atomindustrie in den Weg stellen!