Der Protest gegen Stuttgart 21 wurde niedergeknüppelt (Schwarzer Donnerstag und andere Polizeigewalt), kriminalisiert und unzählige Menschen wurden vor Gericht gestellt. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung – hier als Interesse an Urteile im Namen der Deutschen Bahn und S21 – Obwohl ihr Protest als sozial-adäquat notwendig anzusehen war und immer noch ist. Ob Auswirkungen auf das Stadtklima (Wegfall eines Parks, Dauerbaustelle, Wasserproblematik, etc., Kostenexplosion, oder Umwelt- und Technische Probleme beim Bau, die Kritikpunkte der S21-Gegner*innen bestätigen sich nach und nach. Die DB gibt nun selbst – zwar nur unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit – die Unsinnigkeit des Ganzen zu.
Ich übernehme die Pressemitteilung von Robin Wood zu einer Protestaktion am heutigen Tag anlässlich des Stuttgarter Frühlingsfestes und neuen Veröffentlichung zu internen Einschätzungen der DB zu S21. (Bild: Jens Volle / Robin Wood).
„Erst wenn alles zerstört ist, werdet Ihr merken, dass sie unfähig sind, einen Bahnhof zu bauen“ – ein großes Banner mit dieser Aufschrift prangt seit heute früh aus Protest gegen S21 an der Brücke „Berger Steg“ in Stuttgart. Aufgehängt haben es dort Kletternde von ROBIN WOOD, die mit dieser Kunstperformance in Anspielung an die Weissagung der Cree einen öffentlichen Denkanstoß geben wollen. Die Brücke liegt in Sichtweite des „Cannstatter Wasen“, auf dem heute das Stuttgarter Frühlingsfest beginnt, zu dem Jahr für Jahr über eine Million Besucher*innen kommen. Stuttgarts Bürgermeister Michael Föll wird heute das Frühlingsfest eröffnen.
ROBIN WOOD kritisiert das S21-Projekt als milliardenschwere, verkehrspolitische Fehlplanung und fordert den sofortigen Baustopp sowie die Realisierung des Umstieg-Konzepts.
„Viel Zeit, viel Geld und viele Worte ändern nichts an der schlichten Tatsache, dass Stuttgart 21 als Bahnhof niemals funktionieren wird“, sagt Monika Lege, Mobilitätsreferentin bei ROBIN WOOD. „S21 ist technisch nicht machbar, nicht finanzierbar und blockiert die postfossile Verkehrswende.“
Triftige Gründe sprechen gegen S21:
Die sich vervielfachenden und nicht gedeckten Kosten
Zehn Milliarden Euro soll S21 laut Bundesrechnungshof inzwischen kosten. Die Deutsche Bahn AG ist ein bundeseigenes Unternehmen. Auch wenn die Deutsche Bahn gegen Bund, Land und Stadt klagt, wird S21 letztlich aus öffentlicher Hand finanziert. Die Bahn-Spitze hat diese Woche im Bundestags-Verkehrsausschuss nun erstmals die Unwirtschaftlichkeit des Projekts eingestanden und das eigene Defizit durch das S21-Projekt auf 2,2 Milliarden Euro beziffert! Dieses Geld fehlt zur Umsetzung einer postfossilen Verkehrswende, die zum Schutz von Klima, Gesundheit und Umwelt dringend notwendig ist.
Abbau von Schienenkapazität
Auf einem unterirdischen Durchgangsbahnhof mit acht Gleisen wird nie soviel Schienenverkehr realisiert werden können wie auf dem oberirdischen Kopfbahnhof mit 16 Gleisen. Das Maximum von S21 liegt bei vier Zügen pro Gleis in der Stunde, also bei insgesamt 32. Im bestehenden Kopfbahnhof können planmäßig 51 Züge pro Stunde fahren, was z.B. Fahrpläne von 1969 belegen. Das Nadelöhr S21 blockiert einen Deutschlandtakt auf der Schiene.
Gefälle
Das Gleisgefälle von S21 ist mit 15 Promille sechsmal höher, als es die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung aus Sicherheitsgründen erlaubt. Nirgendwo auf der Welt gibt es einen Bahnhof mit auch nur annähernd so steilen Gleisen.
Anhydrit
Die Risiken eines Tunnelbaus im Anhydrit, umgangssprachlich Gipskeuper, sind nicht beherrschbar. Bei S21 verlaufen mehr als 15 Kilometer Tunnel im Anhydrit. Die Stadt Staufen im Breisgau hat bis heute die Folgen der Geothermie-Bohrung im Anhydrit nicht im Griff, der Boden bleibt in Bewegung. Bei Kontakt mit Wasser quillt der Untergrund auf, die Bebauung darüber wird angehoben bis hin zum Einsturz von Gebäuden. Selbst das Gutachten des Beratungsunternehmens KPMG für die Deutsche Bahn nennt dies ein „unüblich hohes Risiko für die Betriebstauglichkeit“.
Die Kletternden haben unten an der Brücke „Berger Steg“ folgenden Hinweis befestigt: „Dies ist eine Kunstperformance von Aktivist*innen der Umweltschutzgruppe Robin Wood mit dem Titel ‚Denkanstoß‘. Das Banner ist professionell befestigt. Es wird im Rahmen einer öffentlichen Finissage wieder entfernt.“