Der Flensburger Bahnhofswald hat in den letzten Wochen mit der Auseinandersetzung um das dort geplante Bauprojekt (Bau eines Parkhauses und eines Hotels), deutschlandweit an Bekanntschaft gewonnen. Hieß es gestern noch, es sei keine Räumung der besetzten Bäumen aufgrund der Gefahren der Coronapandemie – Flensburg ist ein Hotspot mir Ausgangssperre – zu erwarten, wurde heute früh über einen Räumungs-Einsatz im Wald berichtet. Bäume sollen gefällt worden sein, darunter ein Baum samt Baumhaus. Selbst Bäume, in denen sich Menschen befinden, wurden Berichte zur Folge angesägt. Somit wird Menschenleben gefährdet.
Die Baumhausbewohner*innen haben sich mit einer Pressemitteilung zur Wort gemeldet. Ich gebe sie unten wieder. Von den Investoren ist mir keine Mitteilung zu ihrem heutigen Vorgehen bekannt. Ich beabsichtige, einen längeren Bericht zu schreiben, denn das Geschehen braucht Aufklärung. Die Rechtsgrundlage ist unklar und möglicherweise nicht vorhanden, Menschen wurden gefährdet. Ich habe zu diesem Zweck eine Presseanfrage gemacht. Die Presseanfrage habe ich an die Investoren (deren Kontaktdaten hier veröffentlicht worden sind) und an die Pressestelle der Stadt Flensburg gerichtet. Ich dokumentiere die Anfrage und berichte später.
Presseanfrage vom 19.02.2021
Ich bitte um zeitnahe Beantwortung folgender Presseanfrage zum heutigen Geschehen im Flensburger Bahnhofswald:
Der Flensburger Bahnhofswald hat in den letzten Wochen mit der Auseinandersetzung um das dort geplante Bauprojekt, Deutschlandweit an Bekanntschaft gewonnen. Hieß es gestern, es sei keine Räumung der besetzten Bäumen aufgrund der Gefahren der Coronapandemie zu erwarten, wurde heute früh über einen Räumungs-Einsatz im Wald berichtet. Bäume sollen gefällt worden sein, darunter ein Baum samt Baumhaus. Meine Fragen lauten wie folgt:
1) Welche Rechtsgrundlage gibt es für den Einsatz gegen die Baumhausbewohner*innen im Bahnhofswald?
2) Vor wenigen Tagen hieß es, es gebe eine Verfügung, wonach die Demonstrant*innen die Baumhäuser zu verlassen haben, weil es Probleme mit dem Brandschutz gebe. Wurde diese Verfügung der Stadt Flensburg den Baumhausbewohner*innen persönlich zugestellt?
3) Wurden vor der heutigen Intervention im Wald, die anwesenden Baumhausbewohner*innen aufgefordert, die Häuser zu verlassen? War ein Gerichtsvollzieher anwesend?
4) Wurde der Einsatz von Zwang durch Sicherheitskräfte gegen die Baumhausbewohner*innen angekündigt, bevor Zwangsmaßnahmen durchgeführt wurden?
5) Wurde die Versammlung, die die Aktion im Wald darstellt, vorab aufgelöst, wenn ja durch wen?
6) Ist es zutreffend, dass die Räumung durch Sicherheitskräfte einer privaten Sicherheitsfirma durchgeführt wird / wurde?
7) Ist es zutreffen, dass diese Zwang angewendet haben, u.a. in Form von Fesselung von Menschen mit Kabelbinder und in Form des Einsatzes von Hunden?
Auf welcher Rechtsgrundlage geschieht dies?
7) Ist es zutreffend, dass der Auftrag durch die Sicherheitsfirma FL EVENT Flensburg Deutsches Haus die Security erfüllt wird?
8) Ist es zutreffend, dass die Polizei vorab durch die verantwortlichen Investoren nicht über den Einsatz in Kenntnis gesetzt wurde?
9) Wurde vor dem Fällen des einen Baumhauses überprüft, ob sich Menschen darin aufhielten? Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden bei Fällarbeiten getroffen, angesichts dass der Wald bewohnt ist? Wurden Sicherheitsabstände zu an deren Baumstrukturen berücksichtigt?
10) Wie ist der Einsatz mit der aktuellen Corona-Pandemie zu verantworten? Gestern hieß es noch, ein Einsatz sei aufgrund der Corona-Pandemie zu gefährlich. Warum ist es heute anders? Flensburg sorgt gerade bundesweit für negativen Schlagzeile wegen der unkontrollierten Verbreitung von COVID-19 und Ausgangssperre.
11) Die Polizei ist inzwischen zahlreich erschienen: unterstützt sie nun die Räumung? Trotz gegenteiliger Ankündigung wegen der Corona-Pandemie noch am gestrigen Tag?
Mit freundlichen Grüßen
Cécile Lecomte, freie Journalistin
Anlage: Kopie meines Presseausweises
Pressemitteilung der Baumhausbewohner*innen und Unterstützer*innen
Hotel-Investor stellt Privatarmee im Corona-Hotspot Flensburg auf um besetzte Bäume zu fällen
Im folgenden zitieren wir die Pressemitteilung der Besetzer:innen vom Bahnhofswald Flensburg:
In Flensburg gibt es seit Oktober im Bahnhofswald besetzte Baumhäuser, in denen Menschen leben, um die Fällung des Waldes für ein Hotel und ein Parkhaus zu verhindern. Die Investoren Duschkewitz und Hansen sind heute mit einer Armee von Security-Angestellten gekommen um selbst Fällungen vorzunehmen und Baumhäuser zu räumen. Auch auf Auffoderung der Polizei stoppten sie die Arbeiten zunächst nicht.
Im Januar und Februar geplante Räumungen wurden durch die Stadt Flensburg nach Auftreten von Corona-Mutationen abgesagt um nicht durch einen Großeinsatz das Infektionsgeschehen weiter anzutreiben. Den Investoren sind durch Corona bedrohte Menschenleben offensichtlich vollkommen egal, so forderten sie erst die Stadt auf zu räumen und drohten mit Regressforderungen. Als diese verantwortungsbewusst handelte und sich weigerte eine Räumung während hoher Corona-Infektionszahlen zu verantworten, begannen sie einfach selbst mit Fällungen und versuchen Tatsachen zu schaffen.
Dabei schrecken sie nicht davor zurück, Leute körperlich zu bedrohen und zu gefährden. Als die Polizei sie ansprach aufzuhören, stoppten sie erst eine halbe Stunde später tatsächlich die Arbeiten. Zur Zeit verhandeln sie mit der Polizei. Es sieht so aus, als könnte die Situation jetzt für eine Teilräumung und -rodung des Waldes genutzt werden.
Hier wird wieder einmal deutlich wie sehr Investoren es auch für ihr Recht halten über Leichen zu gehen. Nicht nur, dass sie ein intaktes Biotop für so etwas unsinniges wie ein neues Hotel und Parkhaus zerstören wollen, sondern auch die Bedrohung durch die Pandemie nehmen sie nicht ernst. Während andere sich in Flensburg nicht mal mehr mit einer Person eines anderen Haushalts treffen dürfen und eine nächtliche Ausgangssperre ab morgen gilt, bleibt Arbeiten und damit eine Privatarmee wie die hiesige ein Problem. Die Räumung und Rodung muss sofort gestoppt werden.
Aktuelles: https://twitter.com/boomdorp
Hier sind die Kontaktdaten der beiden Investoren:
Jan Duschkewitz
Telefon 0461 – 50528200
Fax 0461 – 505282028
Harnis 7
24937 Flensburg
Ralf Hansen
Telefon 0461-9960123
Fax 0461-9960102
Die eingesetzte Hebebühne ist von der Firma Kreutzberger.