Medizinversorgung in Haft

Cecile mit Freind:innen und Banner nach ihrer Freilassung aus der JVA
vor der JVA Hohenasperg, 14. April 2019 bei meiner Freilassung.

Die Kontext:Wochenzeitung berichtet heute über den Bechluss, den ich vor dem Landgericht Stuttgart gegen das JVA-Krankenhaus Hohenasperg, erstritten habe.

Hintergrund sind 3-Tage Ordnungshaft, weil ich in einer Gerichtsverhandlung in Heilbronn, wo es um eine Protest-Schwimmaktion gegen einen CASTOR-Transport ging, die Verhandlungsführung des Richters scharf kritiserte.

Das Landgericht hat die Rechtswidrigkeit der Haftbedingungen (u.a. die medizinische Versorgung) festgestellt.

« Dem Justizvollzug sei es « grundsätzlich ein Anliegen, körperlich behinderten Gefangenen eine adäquate Unterbringung und Behandlung im Justizvollzug zu ermöglichen »

Stellungnahme des Ministeriums gegenüber Kontext:Wochenzeitung in dem Artikel

Das ist in meinen Augen nichts anderes als leere Floskeln . Die Hohenasperg ist offiziell ein1 Krankenhaus, dort wird nicht einmal eine gesetzeskonforme medizinische Versorgung gewährliestet. Dort sind die Hafträume nicht barrierefrei. Ich mag mir nicht ausmalen, wie es in einer « normalen » JVA aussieht. Mein Fall war kein Einzelfall, Misshandlungen und Unterlassene Hilfeleistung sind leider Alltag. Darüber berichtete ich in meinem Tagebuch.

Ich habe inzwischen Dienstaufsichtsbeschwerde beim Justizministerium eingereicht – damit man in Regierungskreisen nicht einfach « das wussten wir aber nicht », behaupten kann. Ich habe darin nicht nur meinen Fall geschildert, sonder auch der Fall der älteren Dame, die wenige Stunden nach meiner Ankunft in der Zelle, bewustlos zusammenbrach. ich fordere zugleich Schmerzensgeld vom land Bande-Württemberg, auch wenn dies Schmerzen und Trauma nicht wieder gut machen kann. Denn es ist auch eine traumatische Erfahrung, eingesperrt zu sein und gleich am ersten Tag gleich drei Male den Notknopf drücken und zusehen zu müssen, wie jemand ohnmächtig zusammenbricht, dann wieder zu sich kommt aber Blut kotzt und offensichtlich unter starken Schmerzen leidet und mind. 3 Tage lang keinen Arzt zu sehen bekommt. Bis heute frage ich mich wie es der alten Dame geht.

Nach Einschätzung Tolmeins [Anwalt] verstoßen Behörden in der Bundesrepublik häufiger gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland 2009 ratifiziert hat. Artikel 14, Absatz 2 gibt vor, dass Menschen mit Behinderung im Strafvollzug nicht benachteiligt werden dürfen.

Kontext:Wochenzeitung

Vor diesem Hintergrund begrüßt Tolmein die Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts. Dass Cécile Lecomte das Verfahren geführt habe, hält er für enorm wichtig, weil es bislang wenig vergleichbare Urteile gebe und sie mit dem Erfolg auch anderen Betroffenen Mut mache: « Bevor sich die Situation von Menschen mit Behinderungen im Strafvollzug grundlegend verbessert, müssen vermutlich noch einige Prozesse gewonnen werden. »

Kontext:Wochenzeitung

So sehe ich es auch. Aber es ist eigentlich die Institution Gefängnis, die Infrage zu stellen ist. Es löst Probleme der Gesellschaft und der Menschen nicht. (siehe mein Artikel zum Thema in der GWR)

Der Beschluss betrifft die Haftbedingungen an sich. Nicht die Anordnung von Ordnugshaft, wogegen ich keine Chance hatte mich zu wehren.

Ich finde es nach wie vor Willkürlich, dass ein Richter als Alleinherrscher mehrtägige Ordnungshaft wegen scharfer verbaler Kritik an seiner Verhandlungsführung verhängen kann und darf. das ist eine Gefängnisstrafe ohne Prozess. Ohne Beweisaufnahme. die Entscheidung richtet sich nach dem, was Richter als Wahrheit ins Protokoll aufnimmt. Vorliegend hatte der Richter auf eine Protokollkraft « verzichtet » – dies hatte ich auf guten Gründen beanstandet -, was einen späteren Antrag auf Protokollberichtigung unmöglich machte, denn es gab keine « neutrale » Zeugen. Eine Protokollberichtigung geht so gut wie nie durch und erst recht nicht, wenn es keine Protokollkraft gibt, deren Stellungnahme eingeholt werden kann. Aussagen von Zuschauer:innen, die die unrichtige Protokollierung bezeugen können, zählen nicht.

Spricht es reichte aus, dass ich die Protokollführung mit scharfen und ja umgangsprachlichen Worte kritisierte, um Ordnungshaft wegen Ungebühr zu begründen. Meiner Wahrnehmung nach ging es um die Bestrafung einer unbequemen Aktivistin die Anträge zu ihrer Verteidigung stellte, statt sich wie üblich in OWi-Verfahren schnell Aburteilen zu lassen. Der Richter, ein aktives CDU Mitglied, schien zudem politisch links eingestellte Menschen, Atomkraftgegner: innen zu hassen.

Anwält:innen haben mir erzählt, dass sie ebenfalls immer mal wieder mit falscher, unrichtiger oder unvollständiger Protokollierung (Verdrehung der getätigten Aussagen von Zeug:innen, Beanstandung die nicht imn Protokoll auftauscht) zu kämpfen haben. Manchmal frage ich mich ob es nicht Sinn ergeben würde, Audioaufnahmen – meinetwegen offiziell mit Technik vom Gericht aufgenommen – als Beweis bei einem Antrag auf Protokollberichtigung zuzulassen? Denn was im Protokoll einer Verhandlung steht ist Grundlage für Begründung und Entscheidung über Rechtsmittel wie (Rechts)Beschwerde, Revision gegen eine Entscheidung. Aktuell steht die Aufzeichnung von Verhandlungen zwar nicht unter Strafe (es ist verboten, darf unterbunden werden, aber es gibt keine Strafe, wenn das doch gemacht wird), aber eine Aufnahme ist auch kein zuässiges Beweismittel.