Nachrichten aus dem Hambacher Forst

Ich übernehme Tim’s Tagebuch (aus http://hambacherforst.blogsport.de). Dieser berichtet eindrücklich aus der Perspektive eines Baumbesetzers über die aktuelle Situation im Hambacher Forst und den Protest gegen den Kohlekiller RWE. Ich habe im Sommer den Start der Baumbesetzung unterstützt und war seitdem 2 Male dort für ein paar Tage auf Besuch . Regelmäßig kann ich leider nicht dorthin fahren. Es fehlt vor Ort im Wald an Infrastruktur (diese wird systematisch von der Polizei und von RWE zerstört, wie Tim es in seinem Tagebuch schildert). Die Folge sind u.a. häufiges hin und her zwischen Baum- und Wiesenbesetzung. All das geht zu stark auf meine rheuma kranken Gelenke. Diese schmerzen derzeit unheimlich viel – leider.

Ich verfolge den Widerstand aber weiter aus der Ferne, informiere darüber – und führe meine weiteren politischen Projekte weiter. Ich arbeite derzeit intensiv an der Planung meiner diversen Leseveranstaltungen in ganz Deutschland. Mein Buch liegt bei der Druckerei, der Druck geht Ende dieser Woche los! Anfang Februar geht es mit den ersten Lesungen los.

++++++++ Tagebuch von Tim +++++++++

Liebe Le­ser_in­nen,
mein Name ist Tim. Ich bin einer der Baum­be­set­zer_in­nen des zur­zeit wie­der be­setz­ten Ham­ba­cher Fors­tes bei Köln ( D ).
Dabei geht es um den Wi­der­stand gegen den hier statt­fin­den­den Koh­le­ab­bau durch RWE.

Ich übernehme Tim’s Tagebuch (aus http://hambacherforst.blogsport.de). Dieser berichtet eindrücklich aus der Perspektive eines Baumbesetzers über die aktuelle Situation im Hambacher Forst und den Protest gegen den Kohlekiller RWE. Ich habe im Sommer den Start der Baumbesetzung unterstützt und war seitdem 2 Male dort für ein paar Tage auf Besuch . Regelmäßig kann ich leider nicht dorthin fahren. Es fehlt vor Ort im Wald an Infrastruktur (diese wird systematisch von der Polizei und von RWE zerstört, wie Tim es in seinem Tagebuch schildert). Die Folge sind u.a. häufiges hin und her zwischen Baum- und Wiesenbesetzung. All das geht zu stark auf meine rheuma kranken Gelenke. Diese schmerzen derzeit unheimlich viel – leider.

Ich verfolge den Widerstand aber weiter aus der Ferne, informiere darüber – und führe meine weiteren politischen Projekte weiter. Ich arbeite derzeit intensiv an der Planung meiner diversen Leseveranstaltungen in ganz Deutschland. Mein Buch liegt bei der Druckerei, der Druck geht Ende dieser Woche los! Anfang Februar geht es mit den ersten Lesungen los.

++++++++ Tagebuch von Tim +++++++++

Liebe Le­ser_in­nen,
mein Name ist Tim. Ich bin einer der Baum­be­set­zer_in­nen des zur­zeit wie­der be­setz­ten Ham­ba­cher Fors­tes bei Köln ( D ).
Dabei geht es um den Wi­der­stand gegen den hier statt­fin­den­den Koh­le­ab­bau durch RWE.

Vor drei­ein­halb Mo­na­ten habe ich ein Teil­stück des Ham­ba­cher Fors­tes mit­be­setzt.
Der­zeit lebe ich in einem Baum­haus in einer ca. 200 Jahre alten Rot­bu­che, in etwa 20 Meter höhe. Die Buche sel­ber ist 30 Meter hoch, ich nenne sie Tèstimo. Téstimo kommt aus dem Ka­ta­la­ni­schen und steht für „ich Liebe“.
Um euch die­sen Pro­test und die Hin­ter­grün­de näher zu brin­gen habe ich die fol­gen­den zwei Texte aus mei­nen Auf­zeich­nun­gen di­gi­ta­li­siert und mit­hil­fe von an­de­ren Ak­ti­vis­t_in­nen zur Ver­öf­fent­li­chung ge­bracht.

Vor nun drei­ein­halb Mo­na­ten wurde wie­der ein Teil­stück des Ham­ba­cher Forst be­setzt.
Am An­fang der Be­set­zung waren es 4 Platt­for­men, in einer Höhe von ca. 20 Me­tern. Diese wur­den mit Zel­ten oder Pla­nen be­stück, um vor Regen und Wind zu schüt­zen.
Heute sind es be­reits 7 Platt­for­men in 5 Bäu­men, je­weils mit einer Grund­flä­che von un­ge­fähr 2×2 Me­tern. Die Zelte sind fes­ten Holz­hüt­ten mit Stro­hi­so­la­ti­on ge­wi­chen.
Es ste­hen nun Baum­häu­ser mit Fens­tern, meist mit einer Art klei­nen Bal­kon und ei­ge­ner Sa­ni­tä­rer Ein­rich­tung (PET-​Fla­schen und 20L-​Ei­mer).
Die Hüt­ten sind je­weils auf die un­ter­schied­li­chen Baum­kro­nen an­ge­passt, sowie nach den vor­han­de­nen Bau­ma­te­ria­li­en und Vor­stel­lun­gen derr Be­woh­ner_in­nen er­rich­tet und aus­ge­stat­tet.

Im Som­mer mit T-​Shirt und Mü­cken­sti­chen wurde der Forst er­neut be­setzt, heute sind es Tem­pe­ra­tu­ren bis 0 Grad, Stür­me wie vom Or­kan­tief „Xaver“ und ers­ter Schnee­fall.
Aus­ge­stat­tet mit reich­lich De­cken, di­cken Schlaf­sä­cken und Kla­mot­ten wird sich auf den be­vor­ste­hen­den Win­ter vor­be­rei­tet.
So­li­da­ri­sche Hände hel­fen Tag für Tag die Be­set­zung aus­zu­bau­en, sie mit Essen und De­cken zu ver­sor­gen sowie ge­mein­sam am Feuer zu sitzen.
Staat­li­che und un­ab­hän­gi­ge Pres­se be­rich­tet re­gio­nal wie in­ter­na­tio­nal seit nun mehr 2 Jah­ren von dem Pro­test hier vor Ort.

Durch die immer wie­der statt­fin­den­den Ver­su­che, die Be­set­zung zu un­ter­bin­den, be­fin­den sich keine Un­ter­stän­de, Sitz­ge­le­gen­hei­ten oder Küche mehr auf dem Boden. So­bald wel­che er­rich­tet wur­den, kam RWE im Schut­ze der Po­li­zei, riss sie nie­der und nahm das Ma­te­ri­al mit.
Das­sel­be pas­siert mit un­zäh­li­gen Bar­ri­ka­den, die zum Schut­ze des Fors­tes er­baut wur­den, um RWE und Po­li­zei die Räu­mung zu er­schwe­ren und die Wald­we­ge und Spa­zier­gän­ger_in­nen zu scho­nen. Zudem ma­chen sie sicht­bar, dass es Men­schen gibt, die den Um­gang von Staat, RWE und an­de­ren mit der Um­welt nicht hin­neh­men wol­len.

Die Be­set­zung ist ein Teil des Wi­der­stan­des gegen den „Ta­ge­bau Ham­bach“ und dem En­er­gie­kon­zern RWE der mit Kohle und Atom Geld macht.
Es geht je­doch nicht nur um den Forst, Kohle und RWE. Viel­mehr ist die­ser Pro­test ein Teil eines welt­wei­ten Wi­der­stan­des, der sich gegen die Zer­stö­rung die­ses Pla­ne­ten und allem sich dar­auf be­find­li­chem Leben, durch Geld­gier, Macht-​ und Herrsch­sucht ei­ni­ger we­ni­ger Men­schen oder Kon­zer­ne, wen­det.
Nicht nur der Pro­test ist hier we­sent­lich, son­dern auch das Hin­ter­fra­gen des ei­ge­nen Han­deln und Den­ken.
Welt­weit wer­den so­ge­nann­te „Res­sour­cen“ durch Ab­kom­men, Ge­set­ze, Sank­tio­nen und Krie­ge von Eu­ro­pa ge­si­chert. Doch „Res­sour­cen“ sind heute nicht nur Öl, Kohle und Uran, son­dern auch Was­ser, Wäl­der und Le­bens­mit­tel.
Men­schen wer­den durch diese Stra­te­gie Eu­ro­pas dazu ge­zwun­gen be­stimm­te Pro­duk­te zu pro­du­zie­ren und be­reit zu stel­len. Güter wie Kohle und Uran, aber auch Holz und Le­bens­mit­tel, wel­che ihnen dann häu­fig sel­ber feh­len und wie­der­um in die Ab­hän­gig­keit von Eu­ro­pa trei­ben. Für die Be­trof­fe­nen be­deu­tet dies Ein­schüch­te­rung, Ver­trei­bung, Ent­eig­nung, Hun­ger, In­haf­tie­rung und Er­mor­dung.
Diese Krie­ge wer­den dann hier in Eu­ro­pa mit der Si­che­rung des Wohl­stan­des, der Frei­heit oder der Si­cher­heit be­grün­det.
RWE pro­du­ziert nicht nur Strom, son­dern un­ter­stützt auch welt­wei­te Kriegs­trei­be­rei. Denn Haupt­ab­neh­mer_in­nen sind nicht bloß die Ein­zel­haus­hal­te, son­dern vor allem auch die Groß­in­dus­trie, die im Rhein­land unter an­de­rem mit dem Sitz von Rhein Me­tall und Tyssen­Krupp ver­tre­ten sind.
Rhein Me­tall ge­hört in Deutsch­land mit­un­ter zu den größ­ten Rüs­tungs­pro­du­zen­ten, die auch für das drit­ten Reich pro­du­zier­ten. Waf­fen zum Mor­den mit Ge­neh­mi­gung der Re­gie­rung, die sie dann um die ganze Welt schi­cken, um Krie­ge für Roh­stof­fe zu füh­ren, um „den Frie­den und die Deutsch/Eu­ro­päi­schen In­ter­es­sen zu wah­ren“. Des­wei­te­ren auch der Bun­des­ge­richts­hof , der vor Tagen be­stä­tig­te, dass Koh­le­ab­bau als Ge­mein­wohl diene und die da­durch re­sul­tie­ren­den Fol­gen hin­nehm­bar seien (Zwangs­um­sied­lung, Na­tur­zer­stö­rung).
RWE und an­de­re Groß­un­ter­neh­men sind Teil des welt­wei­ten Wirt­schafts­han­dels und be­stim­men da­durch die Ge­scheh­nis­se und Prei­se mit.
In Ko­lum­bi­en wer­den Ge­werk­schaf­ter_in­nen ver­folgt und er­mor­det, ge­nau­so wie in­di­ge­ne Ge­mein­schaf­ten, die sich gegen die dor­ti­gen Le­bens­ver­hält­nis­se weh­ren, die durch den Koh­le­ab­bau ge­schaf­fen wur­den. RWE be­zieht seine Kohle unter an­de­rem aus Ko­lum­bi­en.
Beim Abbau von Uran im Nor­den Finn­lands wer­den Böden ver­seucht und Wäl­der ab­ge­holzt. Eu­ro­päi­sche En­er­gie­kon­zer­ne wer­den auch von dort be­lie­fert.

Des­halb ist es wich­tig sich be­wusst zu wer­den, was hin­ter einem Pro­dukt steht, das Men­schen kau­fen.
Des­halb ist es wich­tig, sich zu fra­gen, ob ein Pro­dukt auch das Wert ist, was da­hin­ter steckt.
Des­halb ist es wich­tig, sich zu fra­gen, ob der Strom von RWE und an­de­ren es wirk­lich Wert ist, dass dafür zahl­rei­che Men­schen ver­trie­ben ver­folgt und ge­mor­det wer­den.
Des­halb ist es wich­tig, nicht bei der En­er­gie­ver­sor­gung ste­hen­zu­blei­ben:

Ge­ra­de jetzt in der Vor­weih­nachts­zeit wer­den viele Pro­duk­te ge­kauft. Viele Pro­duk­te, mehr als sonst im gan­zen Jahr. Es wer­den Klei­dung, Spiel­zeu­ge, Elek­tro­ni­sche Ge­rä­te, Scho­ko­la­de und viele an­de­re Dinge kon­su­miert.
Doch wer­den sich auch Fra­gen ge­stellt wie:
Warum hat mein Pro­dukt die­sen Preis? Wo kommt es her? Wer ver­dient daran? Die Ar­bei­ter_in­nen oder der Kon­zern? Wie sind deren Ar­beitsbedin­gun­gen? Wie sind die Aus­wir­kun­gen auf an­de­re Tiere, Pflan­zen und das Öko­sys­tem die­ses Pla­ne­ten? Brauch ich es über­haupt?
Dies sind nur ei­ni­ge Fra­gen, die ge­stellt wer­den könn­ten, um sich be­wuss­ter zu wer­den, was wir kon­su­mie­ren und was wir mit un­se­rem Kon­sum be­wir­ken. Es ist doch ziem­lich klar, dass auf die Weise, wie im Mo­ment in Eu­ro­pa kon­su­miert wird, nicht mehr lange so kon­su­miert wer­den kann.
Daher lasst uns Al­ter­na­ti­ven schaf­fen und nut­zen.
Lasst uns re­gio­nal, un­ab­hän­gig und be­wusst ent­schei­den und kon­su­mie­ren.
Lasst uns Wi­der­stand leis­ten, gegen die, die sich gegen die­sen Pla­ne­ten und den auf ihm le­ben­den Le­be­we­sen stel­len.
In was für e
iner Welt möch­ten wir leben? Und was für eine Welt wol­len wir der Ge­ne­ra­tio­nen nach uns hin­ter­las­sen?
Groß­kon­zer­nen den Ste­cker zie­hen, gegen Krieg Aus­beu­tung und Un­ter­drü­ckung!

Aus­schnitt aus mei­nem Ta­ge­buch.
…….
Ich habe den Wald im grü­nen ken­nen­ge­lernt, Bee­ren die hier wach­sen ge­nascht, die Blät­ter fal­len sehen, Pilz­ar­ten ken­nen ge­lernt und er­fah­ren, wie sie zu­be­rei­tet wer­den kön­nen.
Wenn ich heute mit einer Tasse Tee in der Hand aus dem Fens­ter mei­nes Baum­hau­ses bli­cke, sind nur noch ver­ein­zelt Blät­ter an den Bäu­men zu sehen.
Ich habe Winde er­lebt mit über 11okm, die einem das Ge­fühl gaben, sie wür­den die Platt­form im kom­men­den Au­gen­blick zer­rei­ßen.
Tage an denen der Wind tobte, es nur reg­ne­te und nun der erste Schnee.
Nebel, der die Sicht ge­ra­de mal bis in die nächs­te Baum­kro­ne er­laub­te und nur er­ah­nen ließ was sich da­hin­ter be­fin­det.
Das re­gel­mä­ßi­ge Auf­tau­chen von RWE und Po­li­zei.
Ich habe mit an­ge­se­hen, wie sie immer wie­der aufs Neue die Feu­er­stel­le, Sitz­ge­le­gen­hei­ten, Un­ter­stän­de und ihnen im Weg ste­hen­de Bäume nie­der­ris­sen.
Wie sie den Boden unter uns mit ihren Ma­schi­nen zer­stör­ten.
Wie sie lach­ten und sich be­wusst mach­ten wie sie den Wald und das dar­un­ter lie­gen­de ver­ste­hen: als Ob­jekt, als Ware die Mensch zu Geld ma­chen müsse.
Mit der Ar­gu­men­ta­ti­on, „wir müs­sen un­se­re Fa­mi­lie er­näh­ren“, ver­su­chen sich viele aus der Ver­ant­wor­tung zu zie­hen. Daran, dass die Ar­beits­plät­ze ver­schwin­den, wenn RWE es will, schei­nen sie nicht daran zu den­ken, wie es wei­ter­geht, wenn der Ta­ge­bau ge­schlos­sen wird. Es scheint in wei­ter Ferne.
Es wird in Kauf ge­nom­men, dass wir und die kom­men­den Ge­ne­ra­tio­nen auf einer zer­stör­ten Erde groß wer­den, wo die letz­ten, noch ste­hen­den Wäl­der mit Ma­schi­nen nie­der­ge­ris­sen wer­den.
Wo die Meere und Flüs­se durch Müll, Che­mi­ka­li­en und Ab­wäs­ser ver­gif­tet sind. Das glei­che mit gan­zen Land­stri­chen, die zer­stört wer­den, weil Pflan­zen dar­auf im Ak­kord an­ge­baut wer­den, ohne sich die Böden re­ge­ne­rie­ren zu las­sen. Die Luft wird durch Ab­ga­se und Treib­haus­ga­se ver­pes­tet. Diese Teile ste­hen wie­der­um un­ter­ein­an­der in Be­zie­hung. Ein Kreis­lauf, der durch uns (die wir eben­so Teil die­ser Natur sind) zu Grun­de ge­rich­tet wird, was letzt­lich auch uns selbst rich­ten wird, da dies un­se­re Le­bens­grund­la­ge ist.
Ich muss fest­stel­len, wie Po­li­ti­ker ne­ben­bei mehre hohe Po­si­tio­nen in der Wirt­schaft be­klei­den oder ihre ei­ge­nen In­ter­es­sen wah­ren. Sei es SPD , Bünd­nis 90 die Grü­nen oder CDU. Wie z.B. Wolf­gang Spelt­han von der CDU, der zum einen Auf­sichts­rat bei RWE und des RWE-​Bei­rats Mitte und zum an­de­ren Lei­ter der Kreis­po­li­zei der Be­hör­de Düren ist.
Eine Ver­flech­tung die von vie­len Men­schen als nor­mal emp­fun­den wird. Mit Äu­ße­run­gen kon­fron­tiert zu wer­den, wie: “Es ist ver­ge­bens sich gegen RWE zu stel­len, der Wald ist doch so­wie­so schon ver­lo­ren“ kann ich, an­ge­sichts des Zu­stan­des die­ses Pla­ne­ten, nur schwer nach­voll­zie­hen. Statt es als Tat­sa­che zu be­trach­ten, dass der Wald zer­stört wird und RWE un­ge­stört ma­chen zu las­sen, möch­te ich diese Men­schen mo­ti­vie­ren, sich gegen diese Zer­stö­rung zu stel­len und Wi­der­stand zu leis­ten!

EARTH FIRST! IT‘S ALL WE‘VE GOT!
[Zu­erst die Erde! Sie ist alles, was wir haben!]
La pucha mama!

Tim