* Eilantrag vor 2 Jahren gewonnen: Krankenkasse wurde vorläufig zur Kostenübernahme verpflichtet
* Verhandlung in der Hauptsache
UPDATE 6.11.: Termin ist aufgehoben. Das Gericht einen hat Vergleich unterbreitet und sowohl meine Krankenkasse als auch ich, haben zugestimmt. Ich habe meinen Anspruch erfolgreich durchgesetzt, die Kosten der Cannabis-Blüten werden bis Ende 2020 übernommen und dann auch weiter wenn der Arzt sagt, die Therapie ist weiterhin notwendig. Ich kann mit dem Ergebnis zufrieden sein, auch wenn ich mir gern die Mühlen um dieses Verfahrens erspart hätte, Das Verfahren dauerte 2 Jahre an. Die Entscheidung ist rechtskräftig (für mich besser als weitere lange Jahre bis zu einem gerichtlichen Urteil) Eilentschscheidung der Gerichtes war zudem bereits zu meinem Gunsten ausgefallen.
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Am 19. Januar 2017 wurde das neue Gesetz zu Cannabis als Medizin einstimmig durch den Bundestag verabschiedet. Der Gesetzgeber wollte nach eigenem Bekunden, die Versorgung von Versicherten mit schwerwiegenden Erkrankungen durch den Anspruch auf Cannabis als Medizin verbessern. Doch das Gesetz wurde nicht ausreichend klar formuliert und viele Krankenkassen lehnen trotz ärztlicher Verschreibung der Therapie die Kostenübernahme ab.
Zwei Jahre später kämpfen Patient*innen immer noch um ihren Anspruch auf eine Behandlung mit medizinischem Cannabis. So auch die Lüneburger Umweltaktivistin Cécile Lecomte.
Nach der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, sollte durch den § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V
„[…] die Versorgung von Versicherten mit schwerwiegenden Erkrankungen durch den Anspruch auf Cannabis nach S. 1 verbessert werden. Die Genehmigungsanträge bei der Erstversorgung der Leistung sind daher nur in begründeten Ausnahmefällen von der Krankenkasse abzulehnen.“ (BT Dr. 18/10902).
Die Realität sieht aber für Betroffenen leider anders und sie müssen nicht nur gegen ihren Schmerzen ankämpfen, sondern auch gegen die Mühlen der Bürokratie und Ablehnungen von Krankenkassen.
Lecomte ist an chronischer rheumatoide Arthritis erkrankt und besaß aufgrund des schweren Verlaufes ihrer Erkrankung bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes die Ausnahmeerlaubnis für medizinischem Cannabis. Die Krankheit manifestiert sich durch chronische schmerzhafte Entzündung in den Gelenken und Zerstörung dieser. Für Lecomte bedeutet die Therapie mit Cannabisblütten, eine wichtige Schmerzlinderung.
« Das Zufügen von Schmerzen durch das Vorenthalten einer Therapie die nachweislich meine Schmerzen lindert, nehme ich als Misshandlung wahr. Dies werde und kann ich nicht klaglos hinnehmen! »
Schrieb Lecomte in einem Widerspruchsschreiben an ihrer Krankenkasse, als diese die Kostenübernahme nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes ablehnte. Und sie kämpft heute noch um eine angemessene Schmerztherapie, in ihrem Fall hat sich nach unzähligen Therapieversuchen herausgestellt, dass eine Therapie mit medizinischem Cannabis einzig wirksam und nebenwirkungsarm ist.
„Viele Menschen denken, man wolle nur „Auf Rezept kiffen“. Dem ist aber nicht so. Es geht mir um Schmerzlinderung, um Lebensqualität. Es macht mir keinen Spaß, jeden Tag auf medizinischem Cannabis zurückzugreifen, ich rauche nicht, ich nehme die Blüten oral ein und es schmeckt mir nicht! Aber die Wirkung hat mich überzeugt. Damit kann ich weitestgehend schmerzfrei schlafen.“ so Lecomte
Mit Hilfe der Kanzlei „Menschen und Menschenrechte“ reichte sie 2017 Klage vor dem Lüneburger Sozialgericht ein. In einer ersten Eilentscheidung im Mai 2017 gab ihr das Gericht Recht, ihre Krankenkasse wurde vorläufig zur Kostenübernahme verpflichtet, weil die Klage hohe Aussicht auf Erfolg habe und eine Unterbrechung der seit Jahren andauernden Therapie sich negativ auf den Gesundheitszustand der Klägerin auswirken könne.
Am kommenden Donnerstag wird nun in der Hauptsache verhandelt.
In ihrer Blog-Kolumne „Anders sein“ berichtet die Aktivistin regelmäßig über ihre Kämpfe um eine adäquate Hilfsmittelversorgung und Schmerztherapie, über Behindernisse im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und Barrierefreiheit – der Prozess am Donnerstag gehört für sie dazu.
Cécile Lecomte ist unter ihrem Spitznamen „Eichhörnchen“ als Kletteraktivistin in der Umweltbewegung bekannt, sie schreibt in dieser Kolumne auch darüber, wie sie trotz ihrer Behinderung weiterhin klettert und sich am Protest beteiligt und muntert andere Menschen dazu auf, sich ebenfalls aktiv zu engagieren. „ Behinderung ist nicht Synonym von „Nichts können“ sondern von „anders können“ so Lecomte.
Weitere Informationen
– Bericht von Cécile Lecomte zum bisherigen Verlauf der juristischen Auseinandersetzung
– Beschluss vom Sozialgericht im Eilverfahren, Mai 2017 Az. S 16 KR 24/17 ER (pdf)
Junge Welt Interview dazu: https://www.jungewelt.de/artikel/366370.kosten%C3%BCbernahme-verweigert-f%C3%BCr-mich-ist-cannabis-ein-arzneimittel.html
»Für mich ist Cannabis ein Arzneimittel«
Hi Eichhörnchen!
100pro!
Ich war erst kürzlich in der Klinik und hatte eine Mitpatienten, der sich über 8 Jahre wegen seiner Schmerzen schwere Opiate reingewürgt hat, weil er von den ‘ Ärzten nichts anderes bekam.
Sein behandelnder Arzt in der Klinik hat ihm aufgrund seiner Krankheitsgeschichte sofort Cannabis zur Schmerzlinderung angeboten. Es ist dringend nötig, daß sich hier etwas ändert, schon alleine um das Geschäftsmodell der Pharmamafia lahmzulegen und wegen der schlimmen Nebenwirkungen der herkömmlichen ‘Medikamente’ . Ich kenne mittlerweile x Leute, die an Nebenwirkungen zugrunde gegangen sind, während die Pharmaindustrie nach wie vor überhaupt kein Interesse daran hat, den Betroffenen dauerhafte Linderung ihrer Schmerzen zu verschaffen.
Liebe Grüsse,
Thomas