Wenn der Patient zum Objekt wird

Als mein Rheumaarzt mir vor einem Jahr vorgeschlagen hat, mein Rheuma im Krankenhaus behandeln zu lassen, habe ich abgelehnt. Mein Kuraufenthalt von vor ein paar Jahren kam mir sofort in Erinnerung. Ich hatte dort den Kontakt zu anderen Betroffenen geschätzt. Der Kuraufenthalt an sich hatte mir aber so gut wie nichts gebracht. Es war eine Art Massenabfertigung ohne Beachtung des Einzellfalles. Diese ist aber bei meiner Krankheit aber notwendig. Polyarthritis entwickelt sich bei jeder betroffenen Person anders. Zu den Pflichtveranstaltungen gehörte ein Vortrag des Kostenträgers, die Rentenversicherung. Der Diskurs blieb mir im Hals stecken. Rheabilitation war das Zauberwort. Damit die Menschen so lange wie möglich produktiv auf dem Arbeitsmarkt verfügbar bleiben. Mensch fühlte sich ein bisschen wie eine kaputte Maschine, die sich vorübergehend bei der Reparatur befand.

Weil meine Beschwerden immer schlimmer wurden, musste ich vor wenigen Wochen doch ins Krankenhaus. Dort sollte ein Staging (Diagnose, Stand der Dinge) erfolgen und eine neue medikamentöse Therapie begonnen werden. Ich habe bereits viele erfolglose Therapieversuche hinter mir und die Krankheit schreitet immer weiter fort. Im Krankenhaus habe ich erlebt, wie die Logik des Profits die Menschen zum Objekt und erst recht krank machen kann.

Als mein Rheumaarzt mir vor einem Jahr vorgeschlagen hat, mein Rheuma im Krankenhaus behandeln zu lassen, habe ich abgelehnt. Mein Kuraufenthalt von vor ein paar Jahren kam mir sofort in Erinnerung. Ich hatte dort den Kontakt zu anderen Betroffenen geschätzt. Der Kuraufenthalt an sich hatte mir aber so gut wie nichts gebracht. Es war eine Art Massenabfertigung ohne Beachtung des Einzellfalles. Diese ist aber bei meiner Krankheit aber notwendig. Polyarthritis entwickelt sich bei jeder betroffenen Person anders. Zu den Pflichtveranstaltungen gehörte ein Vortrag des Kostenträgers, die Rentenversicherung. Der Diskurs blieb mir im Hals stecken. Rheabilitation war das Zauberwort. Damit die Menschen so lange wie möglich produktiv auf dem Arbeitsmarkt verfügbar bleiben. Mensch fühlte sich ein bisschen wie eine kaputte Maschine, die sich vorübergehend bei der Reparatur befand.

Weil meine Beschwerden immer schlimmer wurden, musste ich vor wenigen Wochen doch ins Krankenhaus. Dort sollte ein Staging (Diagnose, Stand der Dinge) erfolgen und eine neue medikamentöse Therapie begonnen werden. Ich habe bereits viele erfolglose Therapieversuche hinter mir und die Krankheit schreitet immer weiter fort. Im Krankenhaus habe ich erlebt, wie die Logik des Profits die Menschen zum Objekt und erst recht krank machen kann.

Ich habe eine Woche auf der Rheuma-Station einer Hamburger Klinik verbracht. Dort können ca. 15 Personen zeitgleich aufgenommen werden. Die Menschen, die dort stationär aufgenommen werden, haben in der Regel ein chronisches Leiden.

Ich komme oft zu dem Schluss, dass man betroffen sein muss, um wirklich zu begreifen was es heißt, eine schwere chronische Krankheit zu haben. In meinem Fall ist die Krankheit nicht lebensbedrohlich. Sie hat jedoch mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, als ich mit 24 erkrankte. Polyarthritis, eine auto-immun bedingte chronische Gelenkentzündung. Die Krankheit ist zermürbend: Dauerschmerz, Fatigue Syndrom, Bewegungseinschränkung, etc.

Diesen Zustand hat natürlich auch psycho-soziale Folgen, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Wenn man früher ein anderes Leben geführt hat, fällt es einem schwer sich auf die neue Situation einzustellen. Es fällt mir schwer, das Fortschreiten der Krankheit zu akzeptieren, zu akzeptieren, dass ich nicht mehr Felsklettern und Bergsteigen kann wie früher. Ohne die Hilfsmittel, die ich mir zu Hause besorgt habe, fühle ich mich hilflos. Im fühle mich in einfachen alltäglichen Situationen unwohl: Beim Kochen bei FreundInnen, wo ich ohne speziellem Messer nicht mitschnibeln kann und mich verpflichtet fühle dies zu erläutern, weil ich ansonsten schlechtes Gewissen habe – obwohl niemand mir einen Vorwurf macht. Die Frage „was ist dir passiert“ wenn ich humpelte oder mit Krücken rum laufe und der Satz „gute Besserung“ kann ich schon nicht mehr hören, ich reagiere oft gereizt und die Menschen verstehen meine Reaktion nicht. Denn: Die Krankheit ist nicht so sichtbar als würde mir ein Bein fehlen – was ja die vielen Fragen überflüssig machen würde – und ich will nicht jeden erzählen, dass mir nix passiert ist, dass die Krankheit so ist, schubweise verläuft, dass sie nicht heilbar ist…

Ich schreibe hier nicht um zu jammern, nein, ich will nur verständlicher machen, was ich mit psycho-sozialen Folgen meine. Die Ärzte wissen über diesen Aspekt von chronischen Krankheiten Bescheid. Wer ins Krankenhaus kommt, fragt sich aber wo sie gelernt haben. Das System Krankenhaus, das um rentabel zu sein die Menschen zum Objekt macht, macht die Menschen erst recht krank! Das System Krankenhaus hat Ähnlichlichkeiten mit dem Knast…

Die Umgebung vermittelt einem dass er/ sie wirklich krank ist. Es ist alles weiß, eintönig, reizarm.

Die menschlichen Kontakte werden auf das nötigste begrenzt, selbst das Essen wird auf das Zimmer gebracht. Mensch wird täglich um 6:45 Uhr morgens geweckt: Die Schwester kommen rein und machen ohne Warnung das grelle Neonlicht an: Blutdruck messen, Zucker messen, Puls messen. Der Patient ist ein Objekt, der Fall wird abgearbeitet. Es wird nicht erklärt, weshalb diese Untersuchungen systematisch bei allen Patienten durchgeführt werden. Wenn ein Patient Bluckdruckprobleme hat, kann das sinnvoll sein, wenn man aber schon ein mal festgestellt hat, dass es keine Probleme gibt… Das gehört aber zum Protokoll, zur Massenabfertigung. Warum dies so früh am morgen passieren muss, wurde auch nicht erklärt. Zur Polyarthritis gehört die Morgensteifigkeit, ein Grund weshalb ich morgens gerne ausschlafe und erst nachdem die Schmerzen nachgelassen haben, aufstehe. Bemerkenswert, dass dies ausgerechnet in der Rheumaabteiltung keine Berücksichtigung findet. Bekannt ist auch, dass Polyarthritis die Halswirbelsäule angreifen kann. In der Physiotherapie wird zur Schmerzlinderung die Verwendung eines Nackenstutzkissen empfohlen, solche Kopfkissen gab es aber in der Klinik nicht! Dafür gibt es in Tablettenform so viel Schmerzmittel wie man will.

Nach dem frühen Besuch passiert erstmals nichts. Die Langweile beginnt. Das Frühstück kommt nach einer Stunde. Im Laufe des Nachmittags wird man zu 2 – 3 Untersuchungen gerufen. Die Termine stehen auf einem Zettel, warum die eine oder andere Untersuchung notwendig sein soll, wird nicht erklärt. Die Ärzte lassen sich kaum blicken. Bei einigen Untersuchungen wusste ich weshalb sie durchgeführt werden, zum Beispiel weil es die schmerzhaften Gelenke betraf. Bei anderen habe ich im Internet nach einer Erklärung suchen müssen! Die Ergebnisse der Untersuchungen werden entweder gar nicht oder oberflächlich mit der zuständigen Ärztin besprochen. Es werden klinische  Befunde erstellt. Eine psychotherapeutische Betreuung gibt es nicht. Um einen Ergotherapie-Termin musste ich kämpfen. Dort konnte man mir bei meiner Frage zu orthopädischen Schuhen (die das Gehen erleichtern würden) nicht weiter helfen.

Ab mittag oder frühem Nachmittag ist dann Schluss, Feierabend. Der Patient soll selber wissen wie er sich irgendwie beschäftigt. Wer keinen Besuch von FreundInnen oder Angehörigen bekommt, hat Pech. Ich hatte zum Glück am Rechner zu tun: Übersetzungen, Artikel schreiben, etc. Aber ich bin nachmittags in einer solchen Umgebung nur mäßig kreativ, ich arbeite normalerweise abends. Steckdosen gab es am Tisch nicht, nur am Bett! Das Internet kostete mehrere Euro für wenige Stunden – ich hatte zum Glück mein „eigenes“ Internet dabei.

Die durchgeführten Untersuchungen hätten innerhalb von 2 , höchstens 3 Tage durchgeführt werden können. Statt dessen musste ich eine Woche da bleiben, 80% der Zeit passierte einfach nichts. Die Anzahl der Tage ist für die Klinik von Bedeutung. Daran verdient sie ihr Geld! Bis zum letzten Tag wusste ich nicht, ob die Untersuchungen wie geplant nach einer Woche alle vorbei sein würden und ob ich die Klinik verlassen können würde. Als mir am letzten Tag mitgeteilt wurde, ich solle das Wochenende doch noch im Krankenhaus bleiben, weil die neue Therapie, ein Biologika dass ich per Infusion bekommen sollte, erst an dem Montag verfügbar sein werde, hielt ich es nicht mehr aus. Ich schlug vor, am Montag wieder zu kommen. Doch das war nicht möglich. Bei einer stationären Aufnahme könne der Aufenthalt nicht unterbrochen werden, auch wenn keine Untersuchungen, keine Termine anstünden. Tja das wären zwei Nächte weniger, die man der Krankenkasse in Rechnung stellen kann.

Dies lies ich mir schließlich nicht gefallen. Länger hielt ich es nicht aus. Ich verließ die Klinik.

Der Krankenhausaufenthalt war notwendig. Ich weiß nun mehr zum Stand der Dinge bei meiner Krankheit und habe für die seit 4 Monaten andauernden Schmerzen im Halsbereich, die Schlafstörungen und Migräne zur Folge haben sowie langes Sitzen schwierig machen, eine Erklärung.

Geholfen hat mir der Aufenthalt ansonsten nicht. Sondern eher belastet. Weil eine chronische Krankheit sich nicht nach dem Gesetz des Profits und der Masse behandeln lässt.

Die empfohlene medikamentöse Therapie habe ich bei meinem Rheumaarzt ambulant begonnen. Ob sie hilft wird sich zeigen. Ich muss darüber hinaus nach anderen Wegen suchen.

Wer « Rheuma » oder auch Polyarthritis (auch rheumatoide Arthritis genannt) besser verstehen will: ich enpfehle den Blog « Rheumahelden« , wo Betroffene erzählen.