Inklusion und Klimacamp

großes Banner an einer Rheinbrücke mit 4 Kletterinnen: Sauberes Gas, eine dreckige Lüge

Ich war im Juli in Basel auf dem Klimacamp und es hat mir sehr gefallen. Ich berichte hier über meine Erfahrung, als Positivbeispiel dafür, wie Inklusion bei einem Protest(camp) gelingen kann. Da ich zwischendurch krank war, kommt der Bericht mit etwas Verzögerung.

Infrastruktur

Es wurde auf möglichst barrierearme Infrastruktur und Gestaltung geachtet, dabei war allen Bewusst dass es auch ein Lernprozess ist, nicht alles auf Anhieb funtionieren würde. Auf der Camp-Homepage gab es Infrmationen zu Inklusion und Awarness, ein Selbstverständnis dazu.

Ableismus und Inklusion wurde in Plenas angesprochen, Vorschläge zu Verbesserung der Zugänglichkeit gemacht (Beispiel Kontraststarke Schilder, Kennzeichnung von Zeltleinen damit sehbeinträchtigte Menschen sich zurech finden können) oder Probleme offen und Lösungsorientiert angesprochen.
Ich hatte meine Bedürfnisse mitgeteilt, und die Teilnahme wurde mir möglich gemacht.

Ich brauchte eine Begleitung, für die Bahnreise nach Basel und hatte in Deutschland niemanden gefunden. Ein Aktivist von einem informellen Inklusionsnetzwerk, aus klimapoltischen Zusammenhägen, hat mich in Lüneburg abgeholt und wir sind gemeinsam Bahn gefahren. Seine Hinfahrtkarte wurde über das Camp finanziert, so dass ich dafür auch keine Mehrkosten zu tragen hatte. Das ermöglichte mir, mich im Zug auf meiner Isomatte hinzulegen – ohne dass Fahrgäste mich übersehen und ihre Kopfer auf meinem Kopf ablegen und der ICE 4 ist geräumig. Das war gut, weil langes Sitzen sonst meine HWS Bescherden verschlimmert, es gibt leider keine Liegeplätze in ICEs und der Nachtzug hat derzeit keinen Liegewagen für Rollstuhlnutzende. Bei der Rückfahrt erhielt ich auch Unterstützung, als mein Zug in letzter Minute ausfiel und Mensch sich mir dem Mobilitätsservice der Deutschen und Schweizer Bahn herum ärgern musste, weil diese nicht so wirklich miteinander kommunizieren. Das hat mir viel Stress erspart – und somit auch Schmerzen. Bei negativem Stress steigt die Intensität meiner rheumatischen beschwerden.
Auf dem Camp wurde mir ein großes Zelt mit echtem Bett darin zur Verfügugn gestellt. Darin was für meinen Rollstuhl ausreichend Platz vorhanden. Und Menschen haben mir bei Bedarf geholfen, ich hatte direkte Ansprechpartner*innen, die ich unkompliziert um Unterstützung bitten konnte. Die Campküche hat auch für mich meinem Rheuma-Diät entsprechend gekocht.
Eine Sache hat nicht nach Plan funktioniert: es wurde kein barrierefreies Kompostklo gebaut, da das Camp in einem Park mit öffentlicher als rollstuhlgerecht ausgewiesener Einrichtung stattfand. Die Behindertentoilette war allerdings öffentlich zugänglich, Mensch brauchte den Euroschlüssel (Schlüssel den Behinderte für den Zugang zu öffentlichen Behindertentoiletten erhalten können) dafür nicht. Ergo egoistische ableistische Gesellschaft. Die Menschen hinterlassen die Sanitäreinrichtung in einem desolaten Zustand: Verstopft, versift, Abfall überall. Hinzu kommt, dass die Anlage nicht Rollstuhlgerecht war (zu schwere Tür nach innen, die Mensch öffnen muss, obwohl noch auf der steilen Rampe, etc.) Ein nächstes mal wird ein Kompostklo auch für Rollstuhlnutzende gebaut.

Programm und Aktionen

Es gab interessante Workshops zu vielen Themen im Sinne von Intersektionalität (nicht nur reine Klima-Themen). Es wurde bei Bedarf in mehreren Sprachen gedometscht, entweder durch Flüsterübersetzung oder mit Kopfhörersystem. Gedolmetscht haben Camp-Teilnehmerinnen für andere Teilnerhmerinnen. Es wurde auch mit einer Spracherkennungssoftware experimentiert und damit Untertitel bei einigen Vorträgen live erzeugt. Zum Beipiel bei meinem gut besuchten Vortrag zu Aktivismus und Inklusion. Aber die Sofware versteht mein Deutsch mit französischem Akzent nicht immer gut… « Barrierefreiheit » will es patout nicht verstehen! ableistische Software! Ich fand das gespräch im Anschluss an den Workshop interessant.

Es gab neben den Workshops, Skillshare (Zb. Beacon Kletterstruktur aufstellen)etc. auch Kultur (zb Liedermacher am letzen Tag) und Aktionstage.
Wasserdemos, Bannerdrops zu verschiedenen Themen, Straßentheater (Brunnen Privatisierung, FlashMob,), Urban Gardening, Demos. Basel eignet sich gut für etwas Kommunikationsguerilla mit Bannern zwischen Bäumen und Masten. Banner die etwas höher aufgehangen wurden, wurden nicht entfernt und waren einige Tage später in der Stadt immer noch zu sehen.

Am 2. Aktionstag gab es eine Banner-Kletteraktion an einer Brücke in Basel « Sauberes Gas? Eine dreckige Lüge! Gegen das Greenwashing des EU-Palaments. Für eine Soziale Ökologie. NotMyTaxonomy » Es gab viel Zustimmung seitens der Menschen am Ufer für die Aktion. Wenige Tage zuvor hatte das EU-Parlament Atom und Gas in die EU-Taxonomie aufgenommen. Die kletternden Menschen wurden am ende des Bannerdrops zu schwimmenden Menschen und seilten sich in den Rhein ab, mischten sich unter anderen Schwimmenden und schwammen der Polizei davon. Im Zusammenhang mit der Aktion wurden die Personalien einigen Menschen wegen möglicher Ordnungswidrigkeit kontroliert und ein Mensch zur Polizeiwache mitgenommen und noch am frühen abend wieder freigelassen.

Eine Klimagerechtigkeit Demo fand zeitgleich am Rhein entlang statt. Das war die bunte Abschlussdemonstration des Camps. Sebstbestimmt, unangemeldet – wie auch schon das Camp selbst. Die Behörden scheinen sich mit einer Woche Camp jedes Jahr in einem Park anrangiert zu haben. Was für alle Beteiligten das sinnvollste ist. Das Camp kann stressfrei statt finden, der soziale Frieden (aus Sicht der Behörden) wird nicht durch eine Räumung gefährdet.
Für die Menschen aus Deutschland, ein etwas ungewöhliche behördlicher Umgang. Die Hamburger Versammlungsbehörde zum Beipsiel, versucht selbst angemeldete Camps zu verhindern( G20 Camps 2017, heute System Change Camp)

Während des Klimacamps gab es ein paar Solibanner. Unter anderem eins für den Widerstand gegen das Atomklo in Bure in Lothringen. Die französische Regierung hatte das geplannte Atommülllager 2 Tage zuvor für « gemeinnützig » erklärt. Dagegen gibt es Protest in Frankreich.

An dieser Stelle eine Termininfo: Am kommenden Wochenende findet das Widerstands-Kultur-Festival « Les Burelesques » bei Bure statt.

Auf der Homepage vom Klimacamp sind Fotogalerien zum Camp und den Aktionstagen verlinkt.

Album Camp:

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Album Aktionstage (ohne den letzen Aktionstag mit Abschlussdemo):

Banner alte Wiese-Eisenbahnbrücke