Wie es aktuell läuft ist einfach scheiße! Ich kann es nicht netter umschreiben. Wir können unsere Freund*innen und Familie nicht mehr sehen. Müssen uns aus Rücksicht zurücknehmen und das normale Leben, wie wir es kannten, ist einfach nicht mehr möglich. Allerdings ist das auch verständlich. Ich möchte keine Personen gefährden und will auch nicht, dass andere Personen das Virus übertragen. Wir handeln also aus Rücksicht und Fürsorge und passen in der Form aufeinander auf, dass wir uns isolieren und auf große Zusammenkünfte größtenteils verzichten.
Und dennoch stehe ich heute hier. Das wirkt paradox, aber ich habe keine andere Möglichkeit mich einzumischen und meine Stimme zu erheben, so dass sie auch gehört wird. Denn wir alle nehmen uns zurück, sind rücksichtsvoll, tragen Maske und halten Abstand.
Doch trotzdem werden Menschen täglich dazu gezwungen mit dem Bus und der Bahn auf die Arbeit zu fahren und ihre Gesundheit beim Arbeitsweg und bei der Arbeit zu riskieren, weil sie keine Alternative zur Arbeit haben.
Der Kapitalismus stellt uns somit vor die grausame Wahl: Unsere Gesundheit riskieren durch Lohnarbeit oder unsere Lebensgrundlage zu verlieren, weil wir kein Geld mehr bekommen. Die organisierte Traurigkeit zeigt in dieser Pandemie ihr wahres Gesicht. Es geht nicht um Menschen, sondern um den Profit, der – koste es was es wolle – erhalten werden muss. Es ist egal, wenn Menschen dabei sterben oder unter den Folgen einer Corona-Erkrankung noch Jahre oder Jahrzehnte leiden müssen. Es war bereits vorher deutlich, aber mittlerweile bekommen wir es täglich ins Gesicht gedrückt:
Dieser Staat agiert zum Wohle der Wirtschaft und wir aller können dabei unter die Räder geraten, solange die Wirtschaft weiter läuft. Studien der TU Berlin haben ergeben, dass die Ansteckungsgefahr in Großraumbüros um das 8-fache höher ist als die Ansteckungsgefahr im Supermarkt und trotzdem wird nicht über Einschränkungen der Wirtschaft geredet. Das Thema scheint in der öffentlichen Diskussion ein rotes Tuch zu sein. Wehe, Wehe, du wagst es den Profit zu schmälern. Dann bist du zu radikal, ein*e Träumer*in oder schlichtweg naiv. Aber ich habe keine Lust mehr, Entscheidungen von oben aufgezwängt zu bekommen und mit anzusehen, dass Menschen an den Folgen der Entscheidungen leiden. Wer fühlt sich denn sicher mit vielen Leuten zusammengequetscht in einer S-Bahn? Doch die Ungerechtigkeit hört nicht beim Betrachten der Lohnarbeit auf.
Wie kann es denn bitte sein, dass während einer Pandemie Menschen kein Zuhause haben und immer noch in Parks oder unter Brücken schlafen müssen, wenn tausende Hotels in diesem Land leerstehen. Wenn es in jeder Stadt AirBnB-Wohnungen gibt und Gebäude einfach leerstehen, weil sie dadurch profitabler sind als wenn sie von Menschen zum Wohnen genutzt werden. Wohnen ist ein Menschenrecht und verkommt trotzdem zu einer Ware im Kapitalismus. Die Städte werden verkauft und die Mieten immer höher, während bezahlbare Wohnungen immer schlechter werden. Wer fühlt sich schon sicher in einer Wohnung, die von Schwarzschimmel befallen ist?
Doch gegen die Vereinzelung sollen Impfungen helfen. Das Mittel gegen die Pandemie wird sicherlich helfen. Doch ist dieses nur viel zu langsam verfügbar. Die Impfquote in Deutschland liegt aktuell gerade mal bei ca. 4 Prozent – und das nach 3 Monaten. Und trotzdem stehen wir global gesehen vergleichsweise gut dar. Denn der Impfstoff ist durch das Patentrecht geschützt und darf deshalb nur von den Entwicklerfirmen und Subunternehmen produziert werden. Die Folge ist, dass Menschen im globalen Süden erst sehr spät den Impfstoff erhalten werden, weil sie sich diesen aktuell einfach nicht leisten können. Im Großteil von Afrika wird der Impfstoff erst 2023 flächendeckend verfügbar sein.
Wir beschweren uns jetzt nach einem Jahr Pandemie schon wie schlimm das ist und Menschen im globalen Süden müssen noch mindestens zwei weitere Jahre verharren in Isolation bis ein Impfstoff sie erreicht. Die Ursache dafür ist die Sucht nach Profit, welche vielen Menschen das Recht auf körperliche Unversehrtheit vorenthält. Wie soll ich mich mit gutem Gewissen impfen lassen, wenn ich weiß, dass durch meine Privilegien andere Menschen keinen Zugang zu dieser notwendigen Medizin haben?
In dieser Zeit der Pandemie kehrt ein Fluch zurück, welcher eigentlich nie richtig weg war. Wir erleben einen Höhenflug des Faschismus. Beflügelt durch die sogenannten Querdenken-Proteste, trauen sich Faschos wieder in die Gesellschaft und öffentlich ihren menschenverachtenden Scheiß von sich zu lassen. Sie fordern Durchseuchung, sehen in Jüd*innen die Urheber der Corona-Pandemie und scheißen auf jede Form von Rücksicht und Anstand. Ich könnte kotzen jedes Mal, wenn ich sehe wie diese Menschen faschistoides Gedankengut normalisieren. Wenn sie ohne Maske durch die Gegend laufen, anderen Personen Masken vom Gesicht ziehen oder gar einen Brandanschlag auf das Robert-Koch-Institut begehen. Diese Leute mögen vielleicht Spinner sein, aber sie sind alles andere als harmlos. Sie normalisieren faschistische Tendenzen und ermöglichen somit den Aufstieg von Gruppen, die aus gutem Grund an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Wer mit Neonazis marschiert, macht sich mitschuldigt. Mit Neonazis wird nicht diskutiert, man bekämpft sie. Auf der Straße, im Betrieb und im Parlament. Die Lage ist also beschissen.
Doch den Kopf in den Sand stecken und warten, dass der Sturm vorüber zieht ist nicht drinnen. Ich will nicht wissen, wie die Welt aussieht, wenn ich den Kopf wieder erhebe. Nein, wir müssen uns erheben. Gemeinsam und solidarisch.
Wenn der Staat uns nicht hilft, müssen wir uns gegenseitig helfen. Wir können uns zusammenschließen – gemeinsam beschließen nicht mehr zur Arbeit zu gehen und die Unternehmen dadurch zwingen besseren Infektionsschutz zu bieten. Wir können Häuser besetzen und diese für Menschen ohne Wohnung öffnen. Damit diese auch ein sicheres Zuhause haben. Durch den öffentlichen Druck können wir Pharma-Konzerne enteignen und den Impfstoff an die Menschen zurückgeben, so dass alle Menschen die Möglichkeit haben, gegen das Virus geschützt zu sein. Und wenn die Faschos sich wieder irgendwo versammeln, können wir auch dort sein. Wir können sie stören, blockieren und anpöbeln. Und ihnen zeigen, dass sie nicht geduldet werden.
Es klingt utopisch, auf eine Welt zu hoffen, die aus der freiwilligen Zusammenarbeit der Menschen bestimmt wird und nicht durch Regierungen und Konzerne gelenkt wird. Aber ich möchte weiter hoffen und weiterkämpfen, um den ungerechten Normalzustand zu überwinden hin zu einer Gesellschaft, wo Menschen wieder im Mittelpunkt stehen.
Eine andere Welt ist möglich, wir müssen nur beginnen sie zu erkämpfen!