Redebeitrag Brother Brathering

In den von der Kommune gewählten Stadträten saßen hauptsächlich Arbeiter oder anerkannte Vertreter. Sie waren verantwortlich und jederzeit absetzbar, bezahlt mit einen Arbeiterlohn. Davon ist der heutige Staat meilenweit entfernt.

Demonstrant*innen mit Banner vor der IHK am Sande in LG am 22.5.2021. Auf dem Hauptbanner staht 150 Jahre Pariser Kommune das recht auf Stadt erkämpfen
Demonstrant*innen vor der IHK am Sande in LG am 22.5.2021

Gesprochen am 22.5.2021 auf der Recht auf Stadt Demo in Lüneburg zu 150 jahre Pariser Kommune.

In den von der Kommune (mit allgemeinem Stimmrecht) gewählten Stadträten saßen hauptsächlich Arbeiter oder anerkannte Vertreter. Sie waren verantwortlich und jederzeit absetzbar, bezahlt mit einen Arbeiterlohn.

Davon ist der heutige Staat meilenweit, um nicht zu sagen 1000sende € weit entfernt. Bis in die Länderparlamente hinein sitzt kein einziger Arbeiter, geschweige denn Arbeiterin, migrantische ArbeiterIn oder FLINTA-ArbeiterIn.

Oberstes Gebot des heutigen Staates ist es die bestehende kapitalistische Produktionsweise aufrecht zu erhalten. Sie nennt sich nicht so, sondern Wirtschaft. Deren Wohlergehen liegt angeblich in unser aller Interesse. Deshalb werden sie wie jetzt in der Pandemie mit Millionen gefüttert, während wir mit Einkommensverlust auskommen müssen. Die Rohstoffpreise und die Transportkosten der globalen Lieferketten steigen, da liegen ordentliche Lohnerhöhungen natürlich nicht drin. Die Gewerkschaften spielen das Spiel mit durch Tarifabschlüsse, die in der Konsequenz weiteren Lohnverlust bedeuten werden.

Ach ja, wir können dann ja den (Sozial)Staat um Almosen und Abhilfe bitten. Finanziert über Steuern, die der Staat sich zu großen Teilen von uns angeeignet hat. Und wenn die „schwarze Null“ wieder eingefahren werden muß (gesetzlicher Auftrag) wird da wieder gekürzt.

Beispiel Berlin: Da verscherbelt ein rot-roter Senat 2004 65 700 Wohnungen und Gewerbeeinheiten an Immobilienkonzerne, setzt damit die horrenden Mieterhöhungen in Gang um dann mit dem Mietendeckel die Unruhe zu deckeln. Und schwupp kassiert eine andere Institution, Verfassungsgericht, das wieder ein und der Mietendeckel geht nach hinten los durch Mietnachzahlungen.

Der aufgeblähte sogenannte Sozialstaat gängelt uns, wenn das Geld nicht reicht für Essen oder anständiger Wohnung mit unzähligen schwer verständlichen Anträgen und Repressalien wenn wir uns nicht daran halten. Wir erscheinen so als Bittsteller an den Staat, der uns gnädig ein paar Brotsamen des gesellschaftlichen Reichtums abwirft. Den gesellschaftlichen Reichtum den wir durch Arbeit hervorbringen und eine andere Klasse sich aneignet. Wir sollen damit ruhiggestellt werden, damit die Ungerechtigkeiten nicht in soziale Unruhen umschlagen. Gelingt das nicht, schlägt der Repressionsapparat zu.

Jetzt haben Politiker aller Farben entdeckt, was wir seit über einem Jahr wissen. Die soziale Ungleichheit steigt und sie versprechen Abhilfe. Das stinkt gewaltig nach Wahlkampf. Aber das kennen wir. Wenn sie dann ein Plätzchen am Futtertrog ergattert haben, kommen die Sachzwänge (Realpolitik) und die Abhilfe kann dauern – bis zur nächsten Wahl. Aber wir wissen – nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlachter selber.

Wir können die fertige Staatsmaschinerie nicht einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann. Wir müssen ihn überwinden.

Da kommt die Kommune wieder ins Spiel.

Die Kommune sollte keine parlamentarische, sondern eine arbeitende Körperschaft sein, ein notwendiger Durchgang zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, zur Abschaffung sämtlicher Produktionsverhältnisse worauf sie beruhen, zur Abschaffung sämtlicher gesellschaftlicher Beziehungen, die diesen Produktionsverhältnissen entsprechen, zur Umwälzung sämtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen.

Diese Produktionsverhältnisse abzuschaffen hatte die Kommune nicht die Zeit. Um das zu verhindern wurde sie militärisch niedergeschlagen. Diese Produktionsverhältnisse bestehen weiter mit all ihren gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und sie sind hoch aktuell. Auf die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten wird in anderen Redebeiträgen hingewiesen.

Es wird immer von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesprochen. Das soll uns vermitteln, der Unternehmer gibt uns Arbeit, ist so gnädig und bezahlt uns noch dafür; wir nehmen die Arbeit an und müssen dankbar sein, dass er uns bezahlt. Das geht natürlich nur wenn es den Unternehmern gut geht und weil er sich so bemüht, sollte es ihn auch besser gehen als uns.

Das stellt aber die tatsächlichen Verhältnisse auf den Kopf. Als einzelner Arbeiter, Arbeiterin, egal welcher ethnischen Herkunft oder sexuellen Orientierung wir sind, haben wir nur eine einzige Ware, unsere Arbeitskraft. Wir sind frei von Produktionsmitteln, haben deshalb nur die Freiheit diese Arbeitskraft um unseres Überlebens willen an die Kapitalisten zu verkaufen. Den Preis, den wir dafür kriegen ist der Lohn. Dieser Lohn soll die Reproduktion unserer Arbeitskraft gewährleisten. Der Kapitalist konsumiert die Ware Arbeitskraft in der Zeit, die wir für ihn arbeiten. Für uns bedeutet das, wir arbeiten eine Zeitlang für unsere Reproduktion, die in der darüber hinaus gehenden Arbeitszeit produzierten Güter eignet sich der Kapitalist als Mehrwert/Profit ein.

Wir sind also nicht abhängig vom Kapitalisten, sondern er ist abhängig von uns.

Wenn der Lohn unsere Reproduktion durch zu hohe Mieten nicht mehr gewährleistet, dann muss der Lohn hoch. Fordern wir, sagen wir mal, mindestens 500 € netto mehr und nutzen die Freiheit unsere Arbeitskraft zu verweigern, man kann auch Streik sagen. Was glaubt ihr, wie schnell das Problem der hohen Mieten gelöst ist.

Bilden wir unabhängige Streikkomitees, die nur den Streikvollversammlungen verantwortlich sind und nicht hinter abgeschlossenen Türen verhandeln und Kompromissergebnisse abschließen die unbefriedigend sind.

Davon sind wir sicherlich noch etliches entfernt. Ein erster Schritt kann aber darin bestehen, uns nicht mehr als Opfer von Politikern zu sehen, die ohnehin machen was sie wollen, sondern die Macht die wir haben erkennen.

Wir produzieren mittlerweile weltweit kooperativ den gesamten gesellschaftlichen Reichtum dieser Welt. Aber nicht zu unseren Wohlbefinden, sondern für das Kapital, dass die Früchte unseres Schaffens sich aneignet und über den. Markt erst teuer uns zurück bringen will.

Wir erleben zurzeit, wie der Mangel an Mikrochips Teile der Automobilindustrie lahmlegt. Das können wir auch durch Streiks. Solche Streiks gibt es weltweit. Sie bleiben aber isoliert, u.a. weil wir sie nicht wahrnehmen, verbreiten, uns auf sie beziehen. Textilarbeiterinnen in Bangladesh nicht erst wahrnehmen, wenn sie verbrennen, sondern wenn sie streiken wie zuletzt um die Jahreswende 2019/20.

Unsere Solidarität gilt heute den Aufständischen in Kolumbien, die sich gegen den Staat und Drogenkapitalismus erheben. Bravo und weiter so.