* Kletteraktivistin Cécile Lecomte setzt sich gegen Schadenersatzforderung der Bahn in Höhe von 3 189,83 Euro wegen 6-stündiger Kletteraktion 2008 bei Burgsteinfurt (NRW) gegen den Export von Uranmüll nach Russland erfolgreich zur Wehr. Die Bahn zieht ihre Forderung vor dem Gronauer Amtsgericht zurück.
In der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 2008 protestierte die unter dem Spitznamen « Eichhörnchen » bekannte französische Kletteraktivistin Cécile Lecomte bei Burgsteinfurt/ Metelen (NRW) in luftiger Höhe über der Bahnschiene gegen den Export von Atommüll durch die Urenco nach Russland. Eine per Hubschrauber angeflogene Spezialeinheit der Bundespolizei beendete die Aktion nach über sechs Stunden. In Presseinterviews erklärte ein Sprecher der Bundespolizei, Kostenforderungen im fünfstelligen Bereich würden auf die Aktivistin zukommen.(Video vom WDR)
Zwei zivilrechtliche Kostenforderungen des Landkreises Steinfurt und der Deutschen Bahn erhielt die Aktivistin tatsächlich. Dagegen setzte sie sich aber erfolgreich zur Wehr. Zahlen wird sie keinen Cent.
Der Landkreis Steinfurt zog bereits 2009 seine Forderung zurück, nachdem das Oberverwaltungsgericht in Münster in einem Beschluss Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Forderung äußerte.
Für Aufsehen sorgte kurze Zeit nach der Aktion eine Schadenanzeige der Bahn gegen die Kletteraktivistin: die Bahn schrieb, die Anzeige enthalte noch keinen Betrag, weil der Schaden noch berechnet werden müsse. Außerdem würde die Aktivistin u.a. für die Kosten der GSG9 aufkommen müssen. Drei Jahre später flatterte ihr die angekündigte Rechnung ins Haus. Eine Schadenersatzforderung in Höhe von 3 189,83 Euro – und zwar ohne Kostenforderung für die GSG9 – dafür aber mit 1 106,19 Euro für Arbeiten Oberleitungsanlagen! Cécile legte Einspruch gegen die Forderung ein und freute sich bereits auf eine unterhaltsame Verhandlung mit Ortsbegehung auf der Suche nach der Oberleitung der nicht elektrifizierten Bahnstrecke vor dem Amtsgericht Gronau. So weit wird es aber (leider) nicht kommen. « Wir nehmen den dem Verfahren zugrunde liegenden Antrag zurück. Der Anspruch und das Mahnverfahren sollen nicht weiterverfolgt werden », schrieb die Bahn über ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt Rahmede.
» Ich weiß nicht was die Bahn dazu bewogen hat, ihre Forderung zurück zu nehmen. Ich vermute es liegt an der politischen Brisanz der Angelegenheit. Und vielleicht sucht die Bahn inzwischen auch nach der Oberleitung der nicht elekrifizierten Strecke Gronau-Münster? » Spottet Cécile.
« Auf eine Einladung zum Gericht nach Gronau hätte ich mich eigentlich gefreut. Gronau wäre doch der perfekte Ort gewesen, um die schmutzigen Atomgeschäften der Bahn und den Nicht-Atomausstieg so lange die Urananreicherungsanlage dort läuft öffentlich zu thematisieren! «
Auch ohne Einladung des Gerichtes und der Bahn will Cécile nach Gronau wieder kommen.Bis zur endgültigen Stilllegung der Urananreicherungsanlage.
„Durch die ständige Verschiebung von Atommüll wird eine Lösung zu einem unlösbaren Problem – die Entsorgung von Atommüll – vorgetäuscht. Dabei wird eine immer größer werdende Verseuchung der Umwelt in Kauf genommen. Mit einem angeblichen « Atomausstieg » sollen die Menschen beruhigt werden. Ich nenne es aber nicht Atomausstieg, wenn in Gronau Uran für Atomkraftwerke in aller Welt angereichert wird! Wir haben mit kreativem Protest die Einstellung der Uranmülltransporte nach Russland erreicht. Das ist ein Etappensieg aber nicht das Ende des Kampfes gegen die schmutzigen Atomgeschäften der Urenco und der Bahn! Die Anlage – und alle anderen Atomanalgen weltweit – gehört sofort stilllgelegt.. “ Fordert Cécile
Fantasievoller Protest seht also weiterhin auf der Tagesordnung – wie zuletzt Anfang Februar in Münster anläßlich einer internationalen Urankonferenz.
Und weil die streitbare Aktivistin den Spieß gerne umdreht, verlangt sie nun Schadenersatz von der Bundespolizei für ihre durch das Oberverwaltungsgericht als rechtswidrig festgestellte Ingewahrsamnahme nach der Aktion damals. Auf ihre Klage hin, hat die Bundespolizei der Aktivistin 20 Euro Schmerzensgeld angeboten. « Schön, dass die Polizei erkennt, dass mir ein Anspruch auf Schmerzensgeld zusteht. Über die Höhe werden wir aber noch streiten müssen. » Schrieb Cécile zurück « Mir geht es bei dem Vorgehen primär nicht um das Geld, sondern darum öffentlich zu machen, welche « Hochachtung » die Polizei für die Freiheit von Menschen hat. » Erklärt sie mit etwas Ironie.
Eichhörnchen, den 29.2.2012
Weitere Informationen:
– Die Aktion:
– Das juristische Nachspiel
* Strafrecht
Freispruch durch das Amtsgericht Steinfurt
* Polizeirecht
Rechtswidrige Ingewahrsamnahme
*Zivilrecht
Der Landkreis nimmt seine Forderung zurück