Prozesse, Haft und weitere Aktionen: Anti-Atom-Widerstand lässt sich nicht einschüchtern
Par eichhörnchen le mardi 9 mai 2017, 20:40 - Pressemitteilungen - communiqués - Lien permanent
Quelle: nirgendwo.info
Am morgigen Mittwoch 10.05.2017 wird vor dem Amtsgericht Harburg der dritte
Verhandlungstag gegen eine Anti-Atom-Aktivistin stattfinden, der vorgeworfen
wird an einer Ankettaktion beteiligt gewesen zu sein. Am Donnerstag tritt eine
andere Aktivistin, die wegen einer vergleichbaren Blockade zu einer Geldstrafe
verurteilt wurde ihre Haft in Hildesheim
an. Was beide verbindet ist die Überzeugung, dass es der Repression nicht
gelingen wird, sie von weiteren Aktionen abzuhalten.
Trotz „Atomausstiegs“ laufen die Urananreicherungsanlage in Gronau und die
Brennelementefabrik in Lingen unbefristet weiter und versorgen Atomanlagen
weltweit mit Brennstoff. Damit verbunden sind zahlreiche Transporte, denen sich
Anti-Atom-Aktivist_innen immer wieder mit verschiedenen Mitteln in den Weg
stellen.
Im Sommer 2012 versperrten eine Kletteraktion und eine Ankettaktion einem mit
abgereichertem Uran beladenen Zug zwischen Gronau und Münster die Weiterfahrt.
Die beiden damals Angeketteten wurden vom Landgericht Münster zu Geldstrafen
verurteilt. Hanna Poddig, eine der beiden, hat sich entschieden, ihre Strafe
nicht zu bezahlen, sondern mindestens einen Teil davon in der JVA Hildesheim
abzusitzen. Ihr Haftantritt wird am Donnerstag mittag sein.
Ungeachtet des offenkundig in solchen Fällen ausbleibenden
„Erziehungs“-Effektes der verhängten Geldstrafen verhandelt das Amtsgericht
Harburg am morgigen Mittwoch gegen eine Person, der vorgeworfen wird, Nötigung
und Störung öffentlicher Betriebe begangen zu haben indem sie eine angekettete
Person bei einer Blockade im Hamburger Hafen 2014 mit Lebensmitteln versorgte.
Blockiert wurde dort ein Transport mit Uranerzkonzentrat auf dem Weg in eine
französische Konversionsanlage. Der Prozess beginnt um 9 Uhr vor dem
Amtsgericht Harburg.
„Ich hoffe“, so die in Harburg angeklagte Irene, „dass die Prozesse und
Verurteilungen weder bei uns noch bei anderen den gewünschten
Abschreckungseffekt haben. Veränderungen werden nach wie vor erkämpft und nicht
erbettelt - Atomausstieg bleibt Handarbeit“. In den nächsten Monaten passiert
vieles im Anti-Atom-Bereich, so stehen beispielsweise Castortransporte auf dem
Neckar bevor und es wird eine Anti-Atom-Floßtour und mehrere
Anti-Atom-Sommercamps geben.
Mehr Informationen:
urantransport.de
nirgendwo.info/hamburg und
nirgendwo.info/steinfurt
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Der heutige, dritte Verhandlungstag zum Füttern-Prozess ging nach 7,5 Stunden ergebnislos zu Ende, er wird am 31.5. um 9 Uhr fortgesetzt, vorm Amtsgericht in Hamburg-Harburg.
Prozessbericht: Vorm Prozess gab es eine kurze Auseinandersetzung ums Kreide malen vor Gericht, was den Justizwachtmeistern, die diesen Prozesstag neu hinzugezogen wurden, nicht passte – letztendlich wurde das Kreide malen durchgesetzt. Im Prozess verlas der Richter zunächst einige Beschlüsse und dann den Notfallbericht der HPA zum Ereignis um das es ging.
Dann wurde eine dritte Verteidigerin zugelassen, nach dem diese im letzten Prozesstag abgelehnt wurde und das Landgericht eine Beschwerde dagegen positiv entschieden hatte. Dann ging es vor allem um die Frage, ob die Zeug*innen-Vernehmung wiederholt werden müsste. Der Richter war der Meinung dass dies nicht der Fall wäre, worauf hin die Verteidigung beantragte, ihn für befangen zu erklären, da er durch einseitig belastende Befragung der Zeug*innen, die Ablehnung der Verteidigung und Nicht-Wiederholung der Zeug*innenbefragung. Dabei wurde auch ausgeführt, welche Privilegien Richter*innen grundsätzlich haben und die Funktion von Strafen zur Erhaltung des status quo und nicht zur Verbesserung der Welt thematisiert. Nach einigen Stunden wurde der Befangenheitsantrag erwartungsgemäß abgelehnt. Am Ende des Prozesses wurde seitens der Verteidigung ein umfangreicher Beweisantrag zu der Atomkatastrophe in Fukushima verlesen um das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstands in den Prozess einzubringen und eine Einstellung anzuregen. Dies wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Danach verlas der Richter noch einen Bericht über die Ankettaktion auf der Webseite contratom.de, den er wohl selbst ermittelt hatte. Danach wurde der Prozess vertragt auf den 31.5.2017. Da sind Zuschauer*innen wieder herzlich willkommen und können sich auf weitere Anti-Atom-Anträge freuen.