« Das Virus hat eine Begleiterscheinung, die nicht minder gefährlich ist: Die Querdenken-Proteste »

Ich veröffentliche die Einlassungem der zwei Angeklagten im gestrigen prozess vor dem Amtsgericht Lüneburg.

Zeichnung - Anklagebank, Richter und Niedersachsen Wappen
Zeichnung von Peter Pintatis- Anklagebank, Richter und Niedersachsen Wappen

Ich veröffentliche die Einlassungen der zwei Angeklagten im gestrigen Prozess vor dem Amtsgericht Lüneburg

Seit mittlerweile 10 Monaten ist die ganze Welt von der Corona-Pandemie betroffen. Das Virus greift Menschen an und vor allem Menschen, die an Vorerkrankungen leiden oder keinen Zugang zu einem guten Gesundheitssystem haben, sterben an den Folgen einer Erkrankung. Menschen werden aufgefordert aus Solidarität mit diesen Menschen sich an Maßnahmen zu halten und ihr privates Leben herunterzufahren.

Das Virus hat eine Begleiterscheinung, die nicht minder gefährlich ist: Die Querdenken-Proteste.

Seit Beginn der Pandemie trifft sich einen krude Mischung aus besorgten Bürger*innen, Esoteriker*innen, Rechten und Faschist*innen an den verschiedensten Orten im gesamten deutschsprachigem Raum, um gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und eine herbei philosophierten Weltverschwörung zu demonstrieren. Die Menschen fordern selber Freiheit, aber diese Forderung ist blanker Hohn. Denn sie fordern nichts als eine Freiheit der eigenen Privilegien für sich selber. Dies geschieht auf die Kosten all jener Menschen, die bereits an dem Virus verstorben sind. Wer das Virus leugnet oder ihm seine Gefährlichkeit abspricht, verhöhnt diese Menschen nach ihrem Tod.

Eine Gesellschaft, welche sich selber als demokratisch und freiheitlich versteht, hat die Pflicht sich gegen Menschen einzusetzen, die den Tod anderer nicht nur billigend in Kauf nehmen, sondern auch noch verhöhnen. Wer mit Nazis und Faschist*innen marschiert, ist vielleicht kein Nazi, aber er*sie macht den Faschismus möglich. Faschistische Regime funktionieren nicht auf der absoluten Zustimmung, sondern durch die Toleranz der sogenannten bürgerlichen Mitte. In einer Zeit des gesellschaftlichen Rechtsrucks und der Verbrüderung von Esoteriker*innen und Faschist*innen zu einer Allianz der Menschenfeindlichkeit ist es unabdingbar, dass ein konsequenter Antifaschismus zum Grundkonsens wird.

Es darf niemals geschehen, dass Faschist*innen unwidersprochen die Straße und die Öffentlichkeit überlassen wird. Widerspruch und Widerstand gegen Querdenken ist notwendig. Diese Menschen normalisieren nicht nur faschistische Tendenzen in der Gesellschaft, nein sie befördern sie! Wenn von einer Weltverschwörung geredet wird oder einzelne Personen für die Verbreitung eines Virus verantwortlich gemacht werden, schaffen sie einen Nährboden für Antisemitismus. Dass Querdenken nicht nur eine harmlose Versammlung von angeblich verwirrten Menschen ist, haben die beiden Anschläge, welche aus dem Umfeld der Bewegung kamen gezeigt. Zum einen wurde das Robert-Koch-Institut Ziel eines Brandschlages und zum anderen wurde ein Sprengsatz in einem Wohnhaus in Berlin deponiert, welcher zum Glück nicht explodiert ist. Das Bekennerschreiben, welches bei dem Brandsatz gefunden wurde, forderte den Stopp der Infektionsschutzgesetze. Ansonsten würden weitere Anschläge erfolgen. Wer durch Angst, Schrecken und der Bereitwilligen Tötung von Unbeteiligten politische Ziele durchsetzen will, ist ein*e Terrorist*in. Dieses Beispiel zeigt, dass diese Bewegung nicht geduldet und bekämpft werden muss.

Ich finde es, deshalb gut, dass Aktionen gemacht werden und Menschen sich aktiv gegen die Menschenfeindlichkeit dieser Bewegung zur Wehr setzen. Es ist unabdingbar, dass faschistische Tendenzen in der Gesellschaft bekämpft werden. Denn diese können nur zu Leid, Terror und Tot führen.

Es freut mich, dass es in Lüneburg von Anfang an starken Widerspruch zu Querdenken gab und fast jede Aktion derer mit gegen Aktionen beantwortet wurden. In ihrer Unterschiedlichkeit haben die Aktionen ihre Legitimität. Querdenken hat es in Lüneburg nicht leicht und das ist auch gut so.

Zeichnung - Richter und StA
Zeichnung von Peter Pintatis – Richter und Staatsanwältin

Doch was machen staatliche Behörden und Repressionsorgane?

Sie kriminalisieren jene, die sich aus gutem Grund den Menschenfeinden entgegenstellen. Immer wieder werden Antifaschist*innen mit Repressionen überzogen, sie werden vor Gericht geschleift und ins Gefängnis gesteckt. Dieser Staat agiert vor allem gegen antifaschistischen Gegenprotest anstatt die andauernden Verstöße gegen Infektionsschutz-Bestimmungen zu ahnden. Doch was soll mensch auch erwarten, wenn die durchführende Gewalt in diesem Land mehr Einzelfälle rechter Netzwerke in den Sicherheitsorganen hat als es aufzählbar ist. Auf den Staat war und ist kein Verlass.

Deshalb bleibt es bei dem alten Spruch: „Antifa heißt Handarbeit. Never let the fascist have the streets.“

« Corona Leugnerinnen und selbsternannte Querdenkerinnen sind scheiße gefährlich! »

Einlassung des zweiten Angeklagten
Ich schließe mich der Einlassung meines Vorredners an und sie liegt dieser Einlassung als Anlage bei. Sollte diese Einlassung Teil eines Antrags sein ist der gebotenen Vollständigkeit halber auch die Einlassung meines Vorredners im Wortlaut zu übernehmen.

Ich werde kurz darlegen mit welchen Erkenntnissen über die Vorraussetzungen ich in diesen Verhandlungstag starte

Erste Erkenntnis: das Gericht nimmt die Covid-19 Pandemie nicht ernst! Zur Akteneinsicht: Ich habe dem Gericht vorgeschlagen mir die Akte als Kopie oder digital zuzusenden welches abgelehnt wurde. Stattdessen wurde mir angeboten vor Ort Akteneinsicht nehmen. Und das trotz Infektionsrisiko für mich und die Angestellten des Gerichts. Bei der Verabredung des Termins wurde ich auch nicht gefragt ob ich Corona oder ob ich Symtome hätte oder zur Kontaktgruppe 1 einer infizierten Person gehören würde oder gerade Quarantäne sei. Nichts dergleichen. Des Weiteren wäre es mir bei der Angabe meiner persönlichen Daten im Kontaktformular theoretisch ein Leichtes gewesen falsche Kontaktdaten anzugeben. Ich würde mich nicht wundern wenn es Ansteckungsfälle hier im Gericht gab oder gibt. Das Gericht nimmt die Covid-19 Pandemie nicht ernst und gefährdet durch nicht vorhandene oder nicht umgesetzte Infektionsschutzmaßnahmen die Angestellten des Gerichts, alle Prozessbeteiligte und damit auch alle Prozessunbeteiligte. Und das an einem Tag mit dem traurigen Rekord des Tageshöchstwertes an Todesfällen laut RKI: 1244 Todesopfer!

Zweite Erkenntnis: Das Verfahren ist nicht fair!

Ich sag nur
Akteneinsicht: wieiviel zeit hatte die StA und wieiviel Zeit hatte ich für die Akte?
Das Fax zur Genehmigung meiner Wahlverteidigerin musste im Gericht gesucht werden nachdem ich hinterhertelefoniert habe. Hä?
In der Akte sind CDs mit Videoaufnahmen. Wer kennt die Aufnahmen? Richtig Die StA. Wer kennt die Aufnahmen nicht. Richtig. Ich.

Das könnte ich jetzt noch weiter ausführen aber das Gericht hat sich mit Unterzeichnung des Strafbefehls eh schon festgelegt und deswegen kann ich mir das auch sparen.

Dritte Erkenntnis: Corona Leugnerinnen und selbsternannte Querdenkerinnen sind scheiße gefährlich!

Nur 1 kurzes Beispiel:

Berichten zufolge schrecken sie mittlerweile nicht mal mehr davor zurück vor Krankenhäusern ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten. Sogar noch schlimmer, sie üben Gewalt aus. Mir ist ein Fall bekannt bei dem einer Patientin im Rollstuhl die Maske aus dem Gesicht gezogen wurde. Das ist Gewalt, da gibt es keinen Interpretationsspielraum.

Also ist Protest gegen diese Gewalt notwedige Selbstverteidung der Zivilgesellschaft und damit legitim!