Cyclassics 2011: Kritik an Vattenfall-Greenwashing verboten – Polizei foltert AktivistInnen

« Vattenfall-Cyclassics », so heißt Hamburgs größtes jährliches Radrennen. An diesem Radrennen beteiligen sich über 20 000 Menschen. Das ist beeindruckend und in sich eine gute Sache. Denn nur die wenigen Radrennen haben etwas besseres zu bieten, als reiner Wettbewerb, als ein Haufen gedopten rasenden Gestalten auf Rädern…

Problematisch ist aber der Sponsor Vattenfall, der mit Ereignisse wie die Cyclassics oder auch die « Lesetage » sein Greenwashing betreibt und damit von seiner unverantwortlichen Politik ablenken will. Die Pannen AKWs von Vattenfall haben in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt. Durch die Medien ging auch der Bau des Kohlekraftwerks Moorburg in Hamburg. Nur die wenigen wissen dagegen, dass das schwedische Unternehmen bei Cottbus Landstriche für den Braunkohle-Tagebau abbaggern lässt.

Durch öffentliche Aktionen an unerwünschter Stelle rufen UmweltaktivistInnen diese Wirklichkeit wach, wenn der Konzern sein Image grün wäscht.

Kritik ist aber im Vattenfallland unerwünscht… Dies bekamen Robin-Wood KletteraktivistInnen, die ein Transparent in Bäumen befestigen wollten, bei der Cyclassics 2011 in Hamburg zu spüren. Zuerst hantierten Verantwortlichen des Radrennens mit einem an einer Stange befestigten Messer um die KletterInnen herum, was aus Sicherheitsgründen – es wurde Material beschädigt, sowohl die Sicherheit der AktivistInnen als auch des Radrennens waren nicht mehr zu gewährleisten – zum Abbruch der Aktion führte. Die durch den Veranstalter herbeigerufene Polizei nahm dann zwei AktivistInnen  – darunter das Eichhörnchen – willkürlich fest. In Gewahrsam wurden die AktivistInnen von PolizistInnen grundlos verletzt und misshandelt. »Willkür und Folter im Namen von Vattenfall », so die AktivistInnen. Inzwischen  haben sie Klage bei Gericht eingereicht.

« Vattenfall-Cyclassics », so heißt Hamburgs größtes jährliches Radrennen. An diesem Radrennen beteiligen sich über 20 000 Menschen. Das ist beeindruckend und in sich eine gute Sache. Denn nur die wenigen Radrennen haben etwas besseres zu bieten, als reiner Wettbewerb, als ein Haufen gedopten rasenden Gestalten auf Rädern…

Problematisch ist aber der Sponsor Vattenfall, der mit Ereignisse wie die Cyclassics oder auch die « Lesetage » sein Greenwashing betreibt und damit von seiner unverantwortlichen Politik ablenken will. Die Pannen AKWs von Vattenfall haben in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt. Durch die Medien ging auch der Bau des Kohlekraftwerks Moorburg in Hamburg. Nur die wenigen wissen dagegen, dass das schwedische Unternehmen bei Cottbus Landstriche für den Braunkohle-Tagebau abbaggern lässt.

Durch öffentliche Aktionen an unerwünschter Stelle rufen UmweltaktivistInnen diese Wirklichkeit wach, wenn der Konzern sein Image grün wäscht.

Kritik ist aber im Vattenfallland unerwünscht… Dies bekamen Robin-Wood KletteraktivistInnen, die ein Transparent in Bäumen befestigen wollten, bei der Cyclassics 2011 in Hamburg zu spüren. Zuerst hantierten Verantwortlichen des Radrennens mit einem an einer Stange befestigten Messer um die KletterInnen herum, was aus Sicherheitsgründen – es wurde Material beschädigt, sowohl die Sicherheit der AktivistInnen als auch des Radrennens waren nicht mehr zu gewährleisten – zum Abbruch der Aktion führte. Die durch den Veranstalter herbeigerufene Polizei nahm dann zwei AktivistInnen  – darunter das Eichhörnchen – willkürlich fest. In Gewahrsam wurden die AktivistInnen von PolizistInnen grundlos verletzt und misshandelt. »Willkür und Folter im Namen von Vattenfall », so die AktivistInnen. Inzwischen  haben sie Klage bei Gericht eingereicht.

Vattenfall ist einer der vier Großen auf dem deutschen Energiemarkt. Der Konzern betreibt Atomkraftwerke, sowie klima-schädlichen Kohlekraftwerke. Immer wieder gibt es Protest von UmweltschützerInnen.

2007: Baumbesetzung gegen Braunkohletagebau in Lacoma (bei Cottbus)

Meine erste harte « Begegnung » mit diesem Konzern war im Jahre 2007 in Lacoma. Dort lässt der Konzern ganze Landstriche für 20 Jahre Profit mit Baunkohletagebau abbagern: Menschen werden aus ihren Dörfern vertrieben, Ökosysteme zerstört.

Immer wieder gab es widerstand – dieser bremste das Monster in seiner Zerstörungswut. Vattenfall ganz aufzuhalten gelang nicht – in einer strukturschwachen Region wo ein Konzern wie Vattenfall das Sagen über Wirtschaft und Arbeitsplätze hat, ist es besonders schwer, sich Gehör zu verschaffen. Die Dörfer, die aus der Landkarte gestrichen werden sollten, wurde besetzt und von der Polizei gewaltsam geräumt.

2007 fand eine Baumbesetzung an der ich mich beteiligte statt. In einem Areal von über zwei Quadratkilometern wurden Bäume durch zwei Dutzend AktivistInnen besetzt gehalten. Mein Zuhause war eine mehrere Hundert Jahre alte Eiche, mit einer gewaltigen Krone. Ich wohnte alleine in « meinem » Baum. Die Besetzung dauerte ca. zwei Wochen an. In dieser Zeit berührte ich nur drei male den Boden. Seilbrücken bauen, Transparente spannen, Tag für Tag wurde mein Zuhause größer. Per Funk hielten wir Kontakt zu unserer « Basisstation », die uns mit Essen und weitere für die Besetzung notwendige Gegenstände versorgten. Ohne die « Bodenleute » hätte die Besetzung gar nicht funktionieren können. Die Teichlandschaft war idyllisch, ein echtes Biotop mit zahlreichen seltenen Pflanzen und Tierarten. Guter Hintergrundartikel auf Indymedia

Lacoma 2007
Lacoma 2007: Räumung der Baumbesetzung

Schlafen konnten wir Nachts allerdings kaum. Das Geräusch der Pumpen von Vattenfall, die das Wasser aus den tieferen Bodenschichten absaugte ließ uns kaum ein Auge zu machen. Die Natur rund um uns starb allmählich. Die triste lebenslose Grube vom Tagebau rückte immer näher. Irgendwann, das war ende September am frühen morgen kamen die Fälltrupps von Vattenfall. Der Sicherheitsdienst des Konzerns prügelte auf die Menschen, die sich am Boden versammelt hatten, ein. Die Werksfeuerwehr machte sich dann an den Bäumen zu schaffen. Im Minutentakt wurden die Bäume um meine Eiche gefällt. Einer fiel nur wenige Meter von mir entfernt. Mit Hilfe der Polizei wurde ich dann geräumt.

Ich hatte mich am Baum in ca. 10 Meter Höhe mit einem Stahlrohr fest gekettet. Einen Schlüssel um mich selbst zu befreien trug ich nicht bei mir. UnterstützerInnen wurden auf 100 Meter Entfernung abgedrängt, es wurde keine Vertrauensperson in meiner Nähe zugelassen – nach dem Schlüssel hätte ich also nicht fragen können. Wenn sie das Leben der Menschen gefährdet, achtet die Polizei darauf, dass es keine Zeugen gibt.

Der Baum wurde bis auf wenige Zentimeter über meinen Kopf Stück für Stück mit einer großen Kettensäge abgetragen. Geschützt vor herabfallenden Holzklötzen und Spänen wurde ich nicht. Als ich dann zum Polizeifahrzeug geführt wurde, musste ich noch zusehen wie mein Baum gefällt wurde… Den anderen AktivistInnen erging es ähnlich. (TAZ-Artikel zur Räumung)

Es folgte dann eine Gerichtsverhandlung. Nicht gegen die Polizei, sondern gegen mich : Mit wurde « Passivbewafnung » vorgeworfen. Die « passive Waffe » soll das Stahlroh womit ich mich am Baum festketette gewesen sein. Die Verhandlung platze, als die Polizei zugeben musste, dass sie die Räumung zwar gefilmt habe,  das Beweismaterial sei aber inzwischen nicht mehr auffindbar… Oder war die Polizei auf ihre Cowboy-Räumungsaktion mit Gefährdung von menschenlenben doch nicht so stolz??? Inzwischen konnte eine Einstellung es Verfahrens erreicht werden.

Protest in Hamburg

Ob Klimacamp, Baumbesetzungen oder Aktionen bei Vattenfall-Greenwashing-Veranstaltungen. In Hamburg gibt es schon lange Proteste gegen Vattenfall.

Für viel Debatte in der Öffentlichkeit sorgte unsere erfolgreiche Baumbesetzung gegen das Kohlekraftwerk Moorbug und die dazu gehörige Fernwärmeleitung im Winter 2009-10. Drei Monate hielten wir die Bäume im verschneiten Gählerpark besetzt. Täglich besuchten uns EinwohnerInnen, PassantInnen, Schulklassen und JournalistInnen, um sich über unsere Aktion zu informieren. Eine Baumbesetzung mit so viel Öffentlichkeit hatte ich zuvor nie erlebt.Wir konnten bei der Fernwärmeleitung einen Baustopp erreichen. Es gab uns Flügeln für weitere Aktionen gegen den Konzern! Und allein seit Jahresanfang hat das Unternehmen in Hamburg Zehntausende KundInnen an Ökostromanbieter verloren. Fukushima hat hier sicherlich eine gewisse Rolle gespielt. Wir nutzten unserseits die Gelegenheit um Vattenfall auf’s Dach zu steigen.

Baumbesetzung HH 2010 gegen Vattenfall
Hamburg 2010: Baumbesetzung gegen Vattenfalls Kohlekraftwerk Moorburg

Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Im April dieses Jahres hat Vettenfall erneut beantragt, eine Fernwärmetrasse für sein sich noch im Bau befindlichen Kohlekraftwerk quer durch die Stadt zu bauen, obwohl der Konzern damit im ersten Anlauf ja an massiven Protesten gescheitert war… Aktuelle Infos gibt es auf der Seite der Ini gegen die Moorburgtrasse.

Protest gegen die Vattenfall Cyclassics.

Alle Jahre wieder findet das berühmte Radrennen statt. Alle Jahre wieder mischen sich Vattenfall-KritikerInnen ein. Mal fährt ein « Tschüß-Vattenfall » Radteam mit, mal wird ein Gebäude beklettert und mit Transparent temporär geschmückt, mal hängt ein Transparent an oder über der Rennstrecke. Ich habe mich bislang an Robin Wood Aktionen beteiligt, wo es nicht darum ging, das Radrennen zu stoppen, sondern dieses kritisch, mit Transparenten an unerwünschten Stellen zu begleiten.

Cyclassics 2007 - gegen Vattenfalll
Cyclassics 2007: Eichhörnchen steigt Vattenfall auf’s Dach aus Protest gegen Vattenfall

Vor einem Jahr gelang es uns ein großer Überraschungscoup: Wir spannten ein riesiges Transparent über der Rennstrecke am symbolträchtigsten Ort des Rennens, der Köhlbrandbrücke. Zahlreiche RadfahrerInnen zeigten ihre Unterstützung mit Beifallkundgebungen beim Durchfahren.

In diesem Jahr wollten wir erneut unsere Meinung mit Transparenten an der Rennstrecke kund tun.

Mensch-mit-dem-Messer

Wir hatten uns hierfür eine öffentlichkeitswirksame Stelle in Bäumen in Sichtweite des Zieles ausgesucht. Wie anfangs erwähnt, brachen wir allerdings unsere Aktion aus Sicherheitsgründen frühzeitig ab. Aktionen können nicht immer gelingen… das weiss jede-r erfahrene AktivistIn! Nicht aber die Öffentlichkeit: Sie nimmt die gelungenen Aktionen wahr. Von den anderen erfährt sie kaum was.

Etwas unvorbereitet traf uns also nicht das Scheitern der Aktion, sondern viel mehr die willkürliche Reaktion der Polizei darauf. Obwohl die Polizei erst eintraf, als wir und bereits abseilten, wurden wir – zwei KletterInnen – anschließend in Gewahrsam genommen. Ein Polizist mit vier goldenen Sternen am uniform ordnete dies an. Er machte sich nicht ein mal die Mühe, seine Maßnahme zu begründen.

Laut Gesetz darf einer in Gewahrsam genommenen Person keine aktive Mithilfe an ihre Festnahme abverlangt werden. Aber für ihre eigene Gesetze interessiert sich die Polizei schon gar nicht… Also scheuerten die Beamten nicht davor, uns zu verletzen. Meine Schwerbehinderung war den PolizistInnen vollkommen egal, sie verletzten mich an meinem Rheumakranken Handgelenk und verweigerten mir dann arztliche Hilfe. Meinem Kletterpartner erging es ähnlich. Vor seiner Festnahme war er unverletzt. Als wir uns wieder sahen, blutete er an den Beinen sehr stark, auf sein Gesicht waren Prellungen zu sehen.

Verletzung Ch. aufgenommen 5 Stunden danachGegen unsere Festnahme und die Misshandlungen im Gewahrsam haben wir inzwischen Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. An das Justiz-System glauben wir nicht. Aber die Schläger in Uniform müssen sich zumindest eine Begründung für ihr gewaltsames Verhalten ausdenken und sich etwas damit auseinandersetzen. Ich bin weiter darauf gespannt, was das Gericht zum Thema Folter dann im Namen des Volkes schreibt. In Lüneburg schrieb mir ja mal ein Amtsrichter (Hobro-Klatte), dass er sich für die Forderungen des europäischen Komitees gegen Folter und Folterähnlichen Behandlung nicht interessiert… Tja, es gibt Gerichte die Schwarz auf Weiß schreiben, dass Folter ihnen egal ist. Das immer schön Futter für mein Buch… das Thema ist nämlich Repression. Nein, ich sage nicht wann es erscheint… ich müsste nämlich etwas « Aktionsurlaub » nehmen, um mich mehr darauf zu konzentrieren. Das wäre eine gute Sache… und meine kranken Rheuma Gelenke würden es auch nicht schlecht finden… Seitdem die Polizei mich am Sonntag mich, kann ich Nachts wegen der Schmerzen kaum schlafen. Der Rheumaarzt hat mir inzwischen Cortison im Gelenk gespritzt, ich hoffe, die Schmerzen werden nun nachlassen. Momentan darf ich mein Handgelenk nicht bewegen (guter Grund… das Geschirspülen zu vertagen…), wichtig ist dass die Entzündung runter geht. Ich hoffe es klappt ! Dauerschmerz ist echt kein Spaß, es geht auf die Nerven, auf die Laune, macht schlapp…

Hier auszugsweise das Wortlaut meiner Klage: Jeder kann sich ein Bild davon machen, was ich unter Verletzung, Quälerei und Misshandlung meine…

Bild: Teil der Verletzung von Ch. ; Aufgenommen nach erster Hilfe 5 Stunden nach der Festnahme.

Klage

[…]Es wird beantragt:

[…]Festzustellen, dass die Freiheitsentziehungsmaßnahme gegen die Antragstellerin am 21.08.2011 durch die Landespolizei am Ida-Ehre-Platz in Hamburg von ca. 08:45 Uhr bis ca. 12:15 Uhr dem Grunde nach und hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung rechtswidrig war.[…]

Sachverhalt:

Auszug aus dem Gedächtnisprotokoll der Klägerin:

Am 21.08.2011 wurde ich am Ida-Ehre-Platz in der Hamburger Innenstadt gegen 08:45 Uhr (es kann auch schon 9:00 Uhr gewesen sein) von der Polizei in Gewahrsam genommen. Ich war zuvor in einem Baum auf dem Platz geklettert und nach ca. einer halben Stunde herunter gekommen. Zu keinem Zeitpunkt wurde ich von der Polizei aufgefordert den Baum zu verlassen. Denn diese traf erst ein, als der Abseilvorgang bereits im Gange war – sie wurde augenscheinlich von Vattenfall-Menschen, die Kritik an den Konzern befürchteten – nebenan fand eine Veranstaltung von Vattenfall statt, gerufen.

Auf Nachfrage wies ich mich sofort aus. Und es hieß dann plötzlich – noch bevor meine Personalien durch Abfrage überprüft wurden – es sei doch keine einfache Personalienkontrolle, sondern eine Ingewahrsamnahme.

Die Polizei begründete ihre den Umständen nach offensichtlich politisch motivierte Maßnahme mit „Gefahrenabwehr“ ohne irgendeine konkrete Gefahr zu nennen. Die Anordnung kam laut festnehmenden Beamten von der Polizeidirektion, die Beamten deuteten auf einen Beamten, der gerade eingetroffen war und vier goldene Sterne an der Uniform trug. Es wurde mir trotz Nachfrage nicht mitgeteilt für wie lange ich festgehalten werden sollte – lediglich angedeutet, die Freiheitsentziehung werde bis zum Abend andauern.

Die Ingewahrsamnahme war für mich nicht nachvollziehbar. Die Polizei war ja nicht in der Lage näheres als „Gefahrenabwehr“ als Begründung anzugeben. Ich äußerte, dass bei Maßnahmen nach Gefahrenabwehr die Verhältnismäßigkeit geprüft werden müsse und dass ich gerne wüsste was mir vorgeworfen wird, dass als milderer Mittel ein Platzverweis in Frage käme und das ich diesem nachkommen würde, ich habe mich ja schon entschieden gehabt wegzugehen, bevor die Polizei überhaupt eintraf. Ich bot der Polizei auch an, meine Kletterausrüstung für die Zeit der Veranstaltung von Vattenfall sicherzustellen, wenn das Baumklettern sie so störe. Ein Gespräch mit den Beamten war allerdings nicht möglich, diese waren äußerst unfreundlich und beschränkten sich – ohne eine Sekunde nachzudenken – auf die Ausführung von Befehlen.

Mei
nen bereits vor Ort mündlich gestellten und dann mehrfach wiederholten Antrag auf richterliche Überprüfung der Maßnahme wurde abgewiesen, mit der Begründung die Polizei müsse keinen Antrag bei Gericht stellen, weil es Sonntag sei.

Die Polizei verlangte von mir aktive Mithilfe an meiner Ingewahrsamnahme. Weil ich den Standpunkt vertrat, dass aktive Mithilfe von mir nicht abverlangt werden darf und passives Verhalten als Protest gegen eine Maßnahme gegen die ich nicht einverstanden bin, mein Grundrecht ist, blieb ich am Ort der Festnahme sitzen.

Zuvor wies ich die eingesetzten Polizeibeamten auf meine Schwerbehinderung hin. Ich erklärte ich leide an chronischer Gelenkentzündung (Polyarthritis), insbesondere auf meine Handgelenke müsse auf Grund eines aktuellen Schubes (die Krankheit verläuft schubweise) Acht gegeben werden, Biege- und Drehbewegungen seien äußerst schmerzintensiv und deswegen gar nicht möglich. Aus diesem Grund trug ich Bandagen an beide Handgelenke. Da ich mit einer Festnahme nicht gerechnet hatte, trug ich die Medikamente, die ich täglich einnehmen muss, nicht direkt bei mir. a ich auch nicht wusste wie lange die Polizei mich festhalten wolle, erklärte ich, dass ich auf eine Prüfung der Gewahrsamsfähigkeit durch einen Arzt bestehe, weil ich regelmäßig Tabletten einnehmen müsse. Den Beamten händigte ich mein Schwerbehindertenausweis aus (GdB 60, Merkzeichen G)

Ich wurde zunächst von einem Ort zu einen anderen Ort getragen. Die Beamten zeigten sich bereits sehr unfreundlich und gereizt, weil sie keine Lust hatten, mich zu tragen. Ihre Griffe waren auf jeden Fall schon sehr « hart » und unsanft. Sie haben scheinbar auch nicht gelernt, wie eine Person ohne große mühe – wie Rettungssanitäter es tun – weg getragen werden kann – obwohl dies zu ihrem Beruf gehört.

Ich wurde darauf hin in einem Polizeifahrzeug gesetzt und zur Dienststelle gefahren – dabei spielten sich gefährliche Szenen ab, als die Polizei über Fußgegängerwege und dann mitte im Radrennen die Straße überquerte; Radfahrer mussten bremsen, um nicht gegen das Polizeifahrzeug zusammen zu prallen. Auf der Polizeiwache angekommen, wurde ich – als ich erklärte weiterhin nicht aktiv mithelfen zu wollen – plötzlich mit äußerster brutaler Gewalt konfrontiert. Das Auto befand sich in einer Art überdachten Gang direkt vor einer Tür die ins Gebäude führte. Ich wurde an den Kopf gefasst und so aus dem Fahrzeug gezerrt. Mein Kopf wurde zu Boden gepresst (die Druckstelle spüre ich beim Berühren der Haut heute noch), Beamten griffen nach meinen Armen und Handgelenke. Mit dieser Gewaltanwendung sollte ich dazu genötigt werden, aus meiner passiven Haltung heraus zu kommen. Ich wurde so in das Gebäude hinein geführt. Ich schrie und weinte vor unerträglichen Schmerzen. Die Beamten hielten mich aber mehrere Minuten so fest. Als sie los ließen, kauerte ich zu Boden und hielt mein rechtes Handgelenk fest. Der Schmerz war unerträglich. Ich weiß, dass ich nach Kälte (kaltes Wasser, sogenannter Kühlpack) und Schmerzmittel verlangte sowie nach einem Arzt.

Ich wurde auf „später“ verwiesen und ich weiß nicht mehr genau wie weil die Schmerzen einfach nicht zu ertragen waren und meine ganze Aufmerksamkeit lenkten, in die Zelle gebracht.

In der Zelle (eine nicht mal zwei Meter breite Betonkammer ohne Fenster) verweilte ich am Boden zusammengekrochen vor Schmerz und weinte bis ich wegen Anspannung, Tränen und Schleim Atemnot bekam. Es wurde mir zwischenzeitlich schwindelig (Zuckermangel). Ich drückte mehrfach auf dem Notknopf, dies wurde ignoriert. Nach einer Ewigkeit, ich schätze mal 45 Minuten, durfte ich auf Toilette und mein Handgelenk mit etwas Wasser kühlen.

Ich fragte erneut nach Schmerzmittel und ärztliche Untersuchung, ich wurde erneut auf « später » verwiesen. Ich erklärte das sei Körperverletzung und unterlassene Hilfeleistung, ich wolle unverzüglich richterlich angehört werden. Dabei wurde ich von den Beamten lediglich ausgelacht.

Irgendwann bekam ich ein Kühlpack. Obwohl auf der Anleitung des Kühlpacks stand, der direkte Kontakt mit der Haut sollte vermieden werden, weigerten sich die Beamten mir ein Tuch zu geben. Ich bekam zusätzlich Traubenzucker aus meinen Effekten, was gegen Schwindelgefühl half.

Durch die Anwendung von Kälte auf mein Handgelenk konnten die Schmerzen endlich gelindert werden, die Schmerzen waren noch stark, aber ich konnte meine Muskeln etwas entspannen und musste nicht mehr vor Schmerz zusammen gekrochen am Boden liegen – und mich anderweitig beschäftigen. Schmerztabletten bekam ich trotz verlangen aber weiterhin nicht.

Diese bekam ich erst bei meiner Entlassung aus dem Gewahrsam, der Freund der mich in Empfang nahm hatte sie mitgebracht. Durch die polizeiliche « Quälaktion » – mir fällt kein anderes Wort ein – verursachte zusätzliche Schmerzen sind allerdings heute – 3 Tage nach meiner Ingewahrsamnahme – noch da – bereits zum Zeitpunkt der Festnahme litt ich an einem Rheumaschub: Meine Handgelenke schmerzten bei Dreh- und Biegebewegungen (ziehenkonnte ich dafür ohne größere Schmerzen). Aus diesem Grund nahm ich schon seit über 2 Monate (Schübe dauern mehrere Monate an) täglich zwischen 5 und 15mg Kortison ein – je nach Schmerzintensität. Die Quälerei, die Misshandlung durch die Polizei hat eine deutliche dauerhafte Verschlechterung meines Zustandes hervorgerufen. Seit Sonntag Nachmittag muss ich täglich mindestens 20mg Cortison zu mir nehmen – der heutige Versuch auf 15mg herunter zu gehen ist gescheitert, die Schmerzen waren zu groß -, um nachts überhaupt Schlafen zu können. Angesichts der Nebenwirkungen von Cortison (Gefahr der Osteoporose) ist diese Tatsache von erheblicher Bedeutung, es bedeutet die Inkaufnahme einer dauerhaften Gesundheitsschädigung.

Ich wurde gegen 12:15 Uhr aus dem Gewahrsam entlassen – warum eine Entlassung plötzlich zu diesem Zeitpunkt statt fand, wurde mir gegenüber genauso wenig begründet wie die Festnahme selbst. Ich vermute, dass die Polizei inzwischen unter Druck geraten war, weil meine Bekannten inzwischen einen Anwalt benachrichtigt hatten. Den Gewahrsambereich der Polizeiwache verließ ich aber erst gegen 12:30 Uhr weil die Polizei plötzlich beschlossen hatte, Gegenstände (Klettermaterial) sicherzustellen und ich der Sicherstellung beiwohnen wollte – was die Polizei mir mit Androhung von Gewalt zunächst sogar verweigern wollte, bis sie merkte, dass ich meine Rechte wohl kenne! Danach musste ich vor der Polizeiwache (Eingangsbereich) warten.

Erst gegen 13 Uhr bekam ich ein Protokoll der sichergestellten Gegenstände. Um ca. 13:45 bekam ich dann einen schriftlichen Platzverweis ausgehändigt und konnte die Polizeiwache verlassen. Auf Grund dessen, dass ich verletzt war und dass der Tag bereits weit fortgeschritten war, waren dieser Platzverweis und die Beschlagnahme von Material in meinen Augen reine Schikane um das Ganze zu verzögern.

Warum die Durchsuchung der Gegenstände und die Anfertigung eines Protokolles nicht bereits während der Zeit der Ingewahrsamnahme erfolgte, ist mir nicht bekannt.

Belehrt über Rechtsmittel gegen die ganzen polizeilichen Maßnahmen gegen mich (Platzverweis, Beschlagnahme, Gewahrsam, Verletzung) wurde ich natürlich nicht….

Was die Staatsgewalt in meinem Fall von sich gegeben hat, hat mit Rechtsstaat wenig zu tun…. Es war reine Willkür. Das ist leider nicht das erste mal, dass ich dies erlebe.In vielen Fällen wurde dies auch gerichtlich festgestellt.

Aus dem obigen Sachverhalt ergibt sich die folgende rechtliche Bewertung – eine Ergänzung wird nach Einsicht in die Akte eingereicht:[…]

– Verstoß gegen § 21 SOG: Die Klägerin wurde durch die Polizei verletzt, Hilfeleistung wurde ihr zunächst komplett verweigert.Trotz Verlangen wurde kein Arzt gerufen. Die ist als Misshandlung zu betrachten und ebenfalls ein Verstoß gegen die Richtlinien des Europäischen Komitee gegen Folter und folterähnlichen Behandlungen (CTP).

– nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens; der körperlichen Unversehrtheit der Klägerin durch die Polizei: Schädigung der Gesundheit durch pflichtwidriges Zufügen – und Aufrechterhaltung – von Schmerzen sowie durch die nicht Hinzuziehung eines Arztes. Das Zufügen und die Aufrechterhaltung von Schmerzen erfolgte indem die Polizei pflichtwidrige und unverhältnismäßige Zwangsmittel anwendete, um die Klägerin dazu zu nötigen, an ihre eigene Festnahme aktiv mitzuwirken.[…]

Da das Instrument des Gewahrsams während der Nazizeit äußerst massiv missbraucht wurde, sollte es durch die Tatbestandsmerkmale ‘ unerlässlich’ und ‘ unmittelbar bevorstehend’ rechtlich unmöglich gemacht werden, dass die Vorschrift zu einer Ermächtigung zum sog. Vorbeugegewahrsam (früher: Schutzhaft) ausgeweitet wird (Hornmann, § 32 HSOG Rn 16 und 3).“ (OLG Frankfurt/M., Beschluss 18.06.07 – 20 W 221/06 zu § 32 I Nr. 2 HSOG).

Wie oft muss noch darauf hingewiesen werden?

[…]

Eichhörnchen