Mein Freund der Baum (Teil 2)

Karsten sagte von sich er sei kein Umweltschützer, sondern ein Atomkraftgegner – selbst bei unserer ersten gemeinsamen Baumbesetzung im Januar 2007 gegen ein Straßenbauprojekt an der Reichenbach Brücke in Lüneburg.

Banner OB Mädges Umwelt ABC Aphalt Beton Castor

Zu Teil I: der Beginn einer langen Freundschaft – erste antiatom Aktionen

Karsten sagte von sich er sei kein Umweltschützer, sondern ein Atomkraftgegner – selbst bei unserer ersten gemeinsamen Baumbesetzung im Januar 2007 gegen ein Straßenbauprojekt an der Reichenbach Brücke in Lüneburg.

Es war eine spontane Aktion – damals waren Baumbesetzungen keine so verbreitete Aktionsform wie heute. Es war meine ersten Baumbesetzung. ich habe viel von Karsten gelernt.

Zwei Personen in einer ZTraverse (Seil) mit Banner: Lüneurg Autoritäre Stadt Kopf benutzen Bäume schützen Bäume nützen! und ein Baum als Bild
2007 erster Tag der Baumbesetzung

Wir erfuhren in der Lokalzeitung davon, dass Bäume für einen Brückenneubau zeitnah gefällt werden sollten. Wir schauten uns das Projekt genauer an und für uns war klar: Der Neubau ist ökologischer Unsinn. Es braucht an der Stelle keine neue breitere Brücke. Eine Sanierung der alten reicht aus. Wer Straßen sät, erntet Verkehr ( Es hat sich leider bestätigt, and er Stelle fließt heute der verkehr nicht besser…).

Karsten griff zur Nähmaschine, wir suchten Beamer und Abtönfarbe raus und malten mit der Unterstützung von Freund*innen ein Banner gegen die AUTOritäre Politik.

2 Personen malen ein Banner
Aktionsvorbereitung mit Cécile und Karsten

Wir besetzten Anfangs zu zweit. Nach wenigen Tagen unterstützte dann die Aktionsgemeinschaft für die Umwelt Robin Wood die Aktion, weitere Aktivist*innen kamen dazu.

Karsten im Baum unterhalb der Hängematte und Plane
Karsten im Baum, Foto Subkontur
karsten wei ein Tänzer in Seilen im Baum neben einem Banner von Robin Wood
Karsten tanzt im Baum, Foto Subkontur
Proträt von Karsten mit Kletterausrüstung
Gesicht der Baumbesetzung – Foto Subkontur

Die Aktion sorgte lokal für großes Aufsehen, der OB Ulrich Mädge mochte unser Banner „OB Mädges Umwelt ABC Asphalt Beton Castor“ nicht.

Banner OB Mädges Umwelt ABC Aphalt Beton Castor
Rotes Tuch für den OB

Karsten übernahm den Hauptpart der Baumbesetzung, auch ein Teil der Pressearbeit, denn nach einigen Tagen waren die Schulferien zu ende, ich war französisch Lehrerin und musste Vormittags zum Unterricht.

Aktivist sprich im Baum mit AKmeraman
Pressearbeit mit Karsten

Am Tag der Räumung durch ein Sondereinsatzkomando (das war glaube ich nach ca. 2 Wochen Besetzung) wurde ich bei meiner Ankunft direkt aus der Schule am Boden präventiv festgenommen. Die Räumung lief für die Aktivisten im Baum gefährlich ab, das SEK kappte Sicherungen, wendete Schmerzgriffe in über 10 Metern Höhe an, um Karsten und einen anderen Besetzer zum „freiwillig“ in die Hebebühne herunter klettern zu bewegen.

Polizei stellt den Baum um
Räumungstag
Kletterer iben in Ästen mit Megafon
Klettern klettert weg mit seinem megafon am Tag der Räumung
Karstn mit Siegeszeichen in der Hebebühne im vermummten beamt*innen
Karsten macht den Siegeszeichen in der Hebebühne, neben den Vermummten SEK Beamt*innen – Foto SubkonturRäumungstag.
Festnahme von Karsten durch unfreundlichen vernummenten Beamten vom SEK, Karsten ist gefesselt
Unfreundliche Festnahme – Foto Subkontur

Bei dieser Baumbesetzung habe ich Karsten intensiver kennen gelernt. Wir seien wie „ein altes Ehepaar“ das sich streitet, witzelten die Menschen unten, als sie unsere Gespräche im Baum lauschten. Zugegeben ich kam mit seinen Witzen mit den „illuminatis“ und dem „chilenischen Geheimdienst“ nicht immer klar. Karsten hatte viele irgendwie lustige Sprüche, die er gern bei jeder gelegenheit wiederholte, beim Klettern zum Beispiel: „Wenn du herunter fällst, gibt es ein Klaps oben drauf“. Ich lernte Karsten zugleich als lebende Enzyklopädie kennen. Er hatte unglaublich viel Wissen zu vielen Themen und war ein guter Bastler.

Eine Anekdote

Ich habe „Mein Freund der Baum“ als Überschrift gewählt und beziehe mich auf das Lied von Alexandra, mein Freund der Baum. Karsten hat das Lied während der Räumung als das vermummte SEK mit Hebebühne zu ihm fuhr von seinem MP3fähiges Tasten-Handy abgespielt (damals war es für mich neu, dass man Musik mit einem Handy abspielen kann) und das Megafon davor gehalten. Später, als ich wegen einer anderen Aktion (Baumkletterprotest gegen ein Naziaufmarsch, zwei Frauen über eine Straße konnten die Umleitung des Aufzuges bewirken) vor Gericht stand, reichte mir Karsten sein Handy, damit ich das Lied im Prozess als „politische Einlassung“ abspiele…zum Missfallen des Gerichtes… aber Erheiterung des Publikums. Und seitdem stand ich nicht mehr wegen Baumklettern vor Gericht – obwohl ich selbstverständlich weiter klettere (siehe Kurzgeschichte „Baumklettern gefährdet Ihre Stadt“ in meinem Buch „Kommen Sie da runter!“)

Mein Spitzname

Und mein Spitzname kommt von meinem ersten Prozess wegen Baumklettern in Lüneburg nach einer Demo gegen das Atommülllager Schacht Konrad. Es wurde ein Banner „Freiheit für die Eichhörnchen“ gemalt und die Menschen, Karsten voran, „Eichhörnchen“ zu nennen. Mit der Zeit hat Karsten dann „Hörnchen“ daraus gemacht. Und meine Französischen Freund*innen haben Eichhörnchen übersetzt und gegendert: Écureuille. So kommt es, dass mein Spitzname länger als mein Vorname ist!

Banner freiheit für die Eichhörenchen vor dem Amtsgericht
Vor dem Amtsgericht Lüneburg, 2007

Presse

TAZ: https://taz.de/Hier-ist-das-Klettern-auf-Baeume-verboten/!331994/

Subkontur: http://www.subkontur.de/fotoberichte/20070109/20070109.html#hintergrund

Zu Teil 3: Non-Stopp Aktivist*innen gegen Castortransporte