Das alljährliche Forum der Gentechniklobby fand dieses Jahr nicht wie üblich in Üplingen, sondern in Gatersleben auf dem Gelände der IPK ( Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung) statt. Auf dem Gelände des IPK werden – unter dem Deckmantel der Wissenschaft – gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Der Lobbyverband „InnoPlanta“ hat seinen Sitz in Gatersleben. Sein Gründungsvorsitzender, Thomas Leimbach, ist heute Chef des Landesverwaltungsamtes, d.h. der Behörde, die – eigentlich – die Praxis der Gentechnik kontrollieren soll. Der Standort Gatersleben und das InnoPlantaforum sind ein Muster dessen, wie Lobbyisten die Gentechnik in Deutschland (und in aller Welt) vorantreiben wollen. Nirgendwo sind die Drähte zwischen LobbyistInnen, Konzernen, ihren Tochterunternehmen und verschiedenen Kleinstfirmen, staatlichen Behörden und sogenannter Wissenschaft so intensiv und dicht wie in Gebäuden und auf den Versuchsfeldern in Gatersleben. Verflechtungen, Macht- und Geld stehen im Vordergrund.
Diese Interessen sollen gegen den Willen der Bevölkerung, die der Gentechnik gegenüber kritisch steht – durchgesetzt werden. Auf den Protest von GentechnikgegnerInnen wurde am Dienstag in Gatersleben Demonstrationsverbote und willkürliche Polizeigewalt geantwortet.
Seit dem Verbot vom kommerziellen Anbau vom Genmais MON 810 durch die Regierung 2009, lässt die Gentechnik in Deutschland nur sporadisch von sich reden. Das Interesse für Verseuchungsskandale mit importierter Ware lassen nach Bekanntgabe schnell nach, über die Genehmigung von neuen Sorten von Gentechnisch veränderten Pflanzen wird wenig Wind gemacht. Es soll nicht zum Thema werden. Das Verbot vom Monsanto Mais 810 hat viele Gemüter einfach beruhigt, große Demonstrationen gegen die Gentechnik sind die Ausnahme geworden. Dass in diesem Jahr kein kommerzieller Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und nur wenige Versuchsfelder angelegt wurden, wird als Erfolg gefeiert. Und lenkt vom eigentlichen Geschehen ab. Im Hintergrund arbeitet die Lobby weiterhin an der Durchsetzung dieser gefährlichen Technologie. Die Verflechtung zwischen Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sollte nicht unterschätzt werden. Im Spiel ist jede Menge Geld und Macht. (Hierzu siehe das Buch „Monsanto auf Deutsch“)
Genau auf diese Problematik wollten rund 150 DemonstrantInnen am 4. September aufmerksam machen und die Lobby nicht ungestört tagen lassen. Fünf Kundgebungen waren vor verschiedenen Tore des IPK angemeldet worden. Eine Nebenzufahrt wurde als Anfahrt zum InnoPlanta-Forum genutzt. Dort allein hatten sich ca. 100 der insgesamt zahlreicheren PolizistInnen postiert, dazu einiger Wachschutz. Die angemeldeten Demos in der Nähe des Tors, waren verboten (durch Auflagenbescheid an andere Orte verlegt) worden. Der Versuch, zum Tor zu gelangen, wurde mit Polizeigewalt beantwortet. Da sich die DemonstrantInnengruppe aber nicht sofort verjagen ließ, willigte die Versammlungsbehörde nach einigen Verhandlungen und Hinweise auf Verfassungsgerichtsurteil ein, dass eine kleine Demo in der Nähe des Anfahrtsweges bleiben konnte. Eine weitere Nebenzufahrt wurde von AktivistInnen mit einer Ankettaktion dicht gemacht. Die Polizei löste das Feueralarm aus… die freiwillige Feuerwehr rückte an, wusste aber nicht der Polizei zu Helfen, die AktivistIn wollte ja auch nicht „befreit“ werden! Dien Polizei ist nur in Notfällen zur Amtshilfe verpflichtet.Das war offensichtlich nicht der Fall. Außerdem wurde die Feuerwehr per Notruf und nicht im Rahmen der Amtshilfe gerufen. Die Feuerwehr rückte unverrichteter Dinge zurück.
Liebe Polizei, ist der Mißbrauch von Notrufen – hier Notruf bei der Feuerwehr -, nicht eine Straftat? (§154 StGB)
Die Ankettaktion war mehr ein symbolischer Akt als eine richtige Störung. Das IPK-Gelände hat zahlreiche Tore, zahlreiche Aktionen wurden von der Polizei im Keim ersticken.
Am frühen Nachmittag hatten AktivistInnen den Tagungsort der Lobby auf dem Gelände ausfindig gemacht. Ca. 25 DemonstrantInnen zogen in diese Richtung und versammelten sich auf einer Nebenstrasse. Die Lobbyisten, die ihre Mittagspause auf einer Wiese verbrachten, wurden mit einem großen Pfeifkonzert begrüßt. Es kam es wieder zu einem gewalttätigen Polizeieinsatz, einem kurzzeitigen Kessel und vier Festnahmen. Die DemonstrantInnen wurden sofort aus dem Blickfeld der so vor jeglichem Protest geschützten Lobbyisten gedrängt. Rechtsbruch zum Schutz der Gentechniklobby. Die Versammlung wurde nicht ein mal aufgelöst!
Das Eichhörnchen konnte der Räumung entgehen und sich auf einen Baum retten.. und im Sichtfeld des InnoPlanta-Forums bleiben. Ich konnte die extrem gewaltige Räumung durch die Polizei genau verfolgen. Ich blieb dann gut drei Stunden im Baum. Mit Transparent und Trillerpfeife. Kleiner Protest zum trotz. Immer wieder wurde ich von TagungsteilnehmerInnen „begutachtet“. Man fühlt sich wie im Zoo, aber die Lobbyisten sind auch komische Tiere hinter Zaun und Polizeischutz! „Gentechnik weg Ätsch“ Stand auf meinem Transparent. Nach der Bedeutung des Spruchs wurde ich immer wieder gefragt „Eures Genfeld ist Weg! Platt gemacht! Ätsch! Ihr braucht hier nicht zu tagen! Gentechnik Abschaffen!“. Hintergrund ist die Zerstörung eines Feldes mit gentechnisch veränderten BASF-Kartoffeln – durch Unbekannten. Ja, das Feld befindet sich ausgerechnet in Gatersleben. Das IPK gibt es nicht offen zu. Aber es wurde mir berichtet, Mensch braucht nur vorbei zu laufen, um die Zerstörung in Augenschein zu nehmen.
Nach der Gewaltdemonstration der Polizei hatte ich keine Lust herunter zu klettern. Von Versammlungsrecht hatte die Polizei überhaupt keine Ahnung, Ihr Einsatz war offensichtlich rechtswidrig. Ich könnte dagegen klagen. Wenn ich recht bekommen, was oft vorkommt, hilft es mir aber nicht weiter. Es schützt nicht vor Gewalt! Ich will den Rechtsstaat lieben, aber ich schaffe es einfach nicht…
Gegen Ende konnte sich eine Freundin durchsetzen und als Vertrauensperson zu mir kommen. Keine Ingewahrsamnahme aber eine Personalienkontrolle. Natürlich ohne Rechtsgrundlage für. Ich habe ziemlich lange nach gehackt, aber ein Gesetzesparagraf für ihre schickanöse Maßnahme konnten die Beamten nicht nennen. „Weil wir mit ihnen zu tun gehabt haben, wir brauchen ihre Personalien für unseren Bericht“ Tolle Begründung. Rechtskunde ist bei der Polizei wirklich Mangelware. Der Staat hält es nicht für nötig, sich an seine Gesetze zu halten. Wenn Polizisten rechtswidrig handeln, werden sie nicht belangt. Rechtsfertigungsgründe (Notwehr), Erlaubnistatbestandsirrtum, sind die Zauberwörter, die nur für Polizeibeamten und Machthabenden gelten!
Das nächste „Innoplanta“ Treffen lassen wir nicht ungestört statt finden! Wir kommen wieder!
Gentechnik weg – Ätsch!!!
Bericht über die Aktionen vor einem Jahr.
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