OLG Celle: Skurriles Nachspiel zu MOX-Transport 2012

Die Zivil-Klage des Landes Niedersachsen gegen einen Antiatom-Aktivisten wird am 9. November 2016 dem OLG Celle verhandelt. Das Land fordert über 15 000 Euro für Heilbehandlungskosten, weil ein Polizist sich bei einer Personalienfeststellung anlässlich einer Protestaktion gegen einen MOX Transport zum AKW Grohnde im Jahre 2012 verletzt hat (Eichhörnchen Bericht). Der in Regress genommener Aktivist verhielt sich vollkommen passiv, der Polizist verletzte sich selbst indem er versuchte, den Aktivisten hoch zu heben und dabei unprofessionell vorging.

Der Vorgang erinnert mich an die Forderung einer Polizistin aus Hessen mir gegenüber. Hintergrund war eine Ingewahrsamnahme bei der Waldbesetzung gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens im Jahre 2009. Die Polizistin, die der Meinung war, ich hätte mich bei der Räumung einer Harvestermaschine « schwer gemacht », verlangte 1200 Euro Schmerzensgeld. Sie verlor den Zivilprozess gegen mich. Ich habe daraus eine amüsante Kurzgeschichte geschrieben und in meinem Buch Kommen Sie da runter! veröffentlicht. Die Geschichte heißt « Die Erdanziehungskräfte ».

« Ebensowenig gab es sonstige physikalische Veränderungen, insbesondere keine Entgegnung Klage-Begründung auf eine Veränderungen der Erdanziehungskraft, aus denen auch nur annähernd geschlossen werden könnte, die Beklagte habe sich « plötzlich schwer » gemacht. Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens », hieß in einer Stellungnahme meines Verteidigers in diesem absurden Verfahren. ( Aktenzeichen: 31 C 1253/09 – 23 Amtsgericht Frankfurt am Main).

Die Zivil-Klage des Landes Niedersachsen gegen einen Antiatom-Aktivisten wird am 9. November 2016 dem OLG Celle verhandelt. Das Land fordert über 15 000 Euro für Heilbehandlungskosten, weil ein Polizist sich bei einer Personalienfeststellung anlässlich einer Protestaktion gegen einen MOX Transport zum AKW Grohnde im Jahre 2012 verletzt hat (Eichhörnchen Bericht). Der in Regress genommener Aktivist verhielt sich vollkommen passiv, der Polizist verletzte sich selbst indem er versuchte, den Aktivisten hoch zu heben und dabei unprofessionell vorging.

Der Vorgang erinnert mich an die Forderung einer Polizistin aus Hessen mir gegenüber. Hintergrund war eine Ingewahrsamnahme bei der Waldbesetzung gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens im Jahre 2009. Die Polizistin, die der Meinung war, ich hätte mich bei der Räumung einer Harvestermaschine « schwer gemacht », verlangte 1200 Euro Schmerzensgeld. Sie verlor den Zivilprozess gegen mich. Ich habe daraus eine amüsante Kurzgeschichte geschrieben und in meinem Buch Kommen Sie da runter! veröffentlicht. Die Geschichte heißt « Die Erdanziehungskräfte ».

« Ebensowenig gab es sonstige physikalische Veränderungen, insbesondere keine Entgegnung Klage-Begründung auf eine Veränderungen der Erdanziehungskraft, aus denen auch nur annähernd geschlossen werden könnte, die Beklagte habe sich « plötzlich schwer » gemacht. Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens », hieß in einer Stellungnahme meines Verteidigers in diesem absurden Verfahren. ( Aktenzeichen: 31 C 1253/09 – 23 Amtsgericht Frankfurt am Main).


Interessant war auch eine Stellungnahme der Polizistin in diesem Verfahren. Ich hatte erklärt, sie sei an ihrer Verletzung am Handgelenk selbst schuld, weil sie mich nicht fachgerecht getragen habe. Darauf erwiderte sie, dass Polizist*innen in ihrer Ausbildung nicht lernen würden, wie man Menschen weg trägt. Im am 9. vor dem OLG Celle verhandelten Fall geht es auch die Verletzung eines Polizisten beim Tragen beim hoch heben eines Demonstranten. Vielleicht sollte das Land Niedersachsen, statt Geld bei den opfern der Polizeigewalt Geld einzufordern, dafür sorgen, dass die Beamten korrekt ausgebildet werden und lernen, wie Menschen getragen werden, ohne sich und die getragene Person dabei zu verletzen! Denn das Gericht urteilte in meinem Fall, dass Sitzenbleiben ein Grundrecht jedes Demonstranten ist und diese zu keiner aktiven Mithilfe bei der eigenen Ingewahrsamnahme verpflichtet sind.

In meinem Fall setzte damals das Landgericht der absurden Gerichtsposse einen Schlussstrich. Es riet die klagende Polizistin dazu, Ihre Berufung gegen das Urteil vom Amtsgericht (hier als PDF nachzulesen), zurück zu nehmen (Hinweisschreiben des Landgerichtes als PDF). Das hinderte dann Land Hessen nicht daran, mir eine Rechnung für die Kosten im Zusammenhang mit der Verletzung der Polizistin zu schicken. Denn diese hatte von land offensichtlich Schmerzensgeld für ihren Arbeitsunfall erhalten. Sie hatte ihrer Hierarchie jedoch nicht mitgeteilt, dass sie ein erstes Verfahren gegen mich verloren hatte ( zum Bericht)…Das Land nahm seine Forderung alsbald zurück, nachdem ich etwas sarkastisch auf die Forderung reagierte.

Ich habe eine Zusammenfassung zu diesem absurden Verfahren geschrieben, die ist hier las PDF zu finden.

Und nun zum Fall des Aktivisten dessen Prozess nun am 9. November vor dem OLG statt findet:

Demonstrant soll für Missgeschick eines Polizisten zahlen, das er gar nicht verursacht hat

Weil sich ein Beamter beim hektischen Versuch der Personalien-Feststellung nach einer Aktion verletzte, soll ein Demonstrant jetzt 15.121,72 € Heilkosten zahlen. Dabei lag dieser am Boden und hat sich völlig passiv verhalten. AKW-Gegner sehen darin einen indirekten Angriff auf die Versammlungsfreiheit und fordern vom Land, die Klage zurück zu nehmen. Die Berufungsver­hand­lung findet am 9. November vor dem OLG Celle statt.

Unter landesweiten Protesten wurden im November 2012 Plutonium-MOX-Brennelemente aus dem briti­schen Sellafield via Nordenham ins Nieder­sächsi­sche AKW Grohnde transportiert. Kurz bevor der Transport das AKW erreichte, versammel­ten sich spontan mehrere Demon­stran­ten, um ihn zu blockie­ren, einer von ihnen kettete sich mit einem Rohr unter dem LKW fest. Er wurde von der Polizei vom LKW gelöst, schmerzhaft von der Straße entfernt und unsanft über eine Leitplanke geworfen. Der Betrof­fe­ne rollte eine Böschung hinunter und blieb dort – die Hände noch immer in dem Rohr gefesselt – be­nom­men liegen. Ohne ihm die Chance zu ge­ben, sich selber aufzurichten, ver­suchte ein Beamter ihn hochzuzerren, um die Personalien festzu­stellen. Weil der Beamte sich hierbei eine „Ruptur des Discus des linken Handgelenkes“ zugezo­gen habe, verlangt das Land Niedersachsen von dem Betroffenen 15.121,72 € für Heilkosten u.a.

Das Landgericht Hannover gab dem Land am 2.2.2016 überraschend recht und verwies darauf, dass auch ein Flüchtender für die Folgen seiner Flucht aufkommen müsse.

Das sei doch ziemlich abwegig, meint Rechtsanwalt Nickel aus Bielefeld, der für den Betrof­fenen Berufung beim OLG Celle eingelegt hat: „Das allgemeine Einsatzrisiko eines Polizeibeamten darf nicht auf einzelne Teilnehmende einer Demonstration abgewälzt werden“. Sein Mandant sei nicht geflüchtet, sondern habe wehrlos am Boden gelegen. Abseits der Straße habe es auch keine Risikosituation oder beson­dere Eile gegeben, die Personalien festzustellen. Wenn der Beamte sich verletzt habe, dann doch nicht auf­grund der Pro­test-Versammlung, sondern weil er sich bei einer normalen dienstlichen Maßnahme übereilt und unge­schickt verhalten habe.

Die Regionalkonferenz AKW Grohnde abschalten fordert vom Land die Rück­nah­me der unsinn­igen Schadensersatzforderung. Offensichtlich wage das Land nicht, Legitimität und Legalität der öffentlichen Aktionen in Frage zu stellen und versuche jetzt, einen einzelnen Teilnehmer privat ab­zu­strafen.

„Das Verfahren greift das Versammlungsrecht zwar nicht direkt an, aber für jede/n einzelnen Teil­neh­merIn jeder Versammlung wäre es schon bedrohlich, für ungeschicktes und abwe­gi­ges Ver­hal­ten von Be­am­ten außerhalb der Versammlung zur Kasse gebeten werden zu können“, wer­tet Peter Dickel, 2012 einer der An­mel­der der Proteste um Grohnde, das Vorgehen des Landes.

Berufungsverhandlung:

  • Mi., 09.11.2016, 11.00 Uhr Oberlandesgericht Celle, Schloßpl. 2, 29221 Celle

Mehr Informationen (Homepage Grohnde-Kampagne)

3 réflexions sur « OLG Celle: Skurriles Nachspiel zu MOX-Transport 2012 »

  1. Ich konnte heute leider nicht nach Celle weil es für die Bahn jedes Jahr überraschend ist, dass es einen Winter gibt… es fuhren heute keine Züge nach Celle.

    Aber: ich habe in Erfahrung gebracht, dass das Urteil am 8. Dezember verkündet wird und dass der Prozess aus Sicht des beklagten Aktivisten gut verlaufen ist, der Richter ärgerte sich über ein unvollständiges Polizeivideo… Die polizeiliche Praxis, für die Polizei Unangenehmes aus einem Video raus zu nehmen,  kommt mir bekannt vor…

    Infos: http://www.grohnde-kampagne.de/

  2. MOX-Heilkostenverfahren: Gericht zieht Seriosität von Polizei-Beweisen in Zweifel

    Rechtsanwalt Nickel vor dem OLG Celle

    (Do. 10-11-2016/Di) Im Berufungsverfahren gegen eine Heilkostenforderung des Landes Niedersachsen gegen einen Teilnehmer der Anti- MOX-Proteste 2012 in Grohnde hat der Vorsitzende Richter Saathoff dem Land nahegelegt, die Klage zurück zu ziehen und sich dabei sehr kritisch zu vorgelegten Polizei-Beweisen geäußert: In den Polizei-Videos fehlen jeweils die entscheidenden Sekunden. Das Land besteht jedoch auf einer Entschei­dung, die das OLG am 8. Dezember verkündet will. Rechtsanwalt Nickel (Foto) aus Bielefeld, der den Beklagten vertritt, geht nach den Äußerungen des Gerichtes davon aus, dass es die Forderung und Klage des Landes ablehnen wird.

    Wie berichtet verlangt das Land Niedersachsen von einem Demonstranten 15.000,- € Heilkosten, weil sich ein Beamter bei einer Personalien-Feststellung nach einer Blockade-Aktion verletzt hatte. Das Landgericht in Hannover hatte die Forderung im Februar bejaht, am Mittwoch wurde die Berufung jetzt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle verhandelt. Zu Beginn der Verhandlung gab der Vorsitzende Richter Saathoff dem Betroffe­nen die Möglichkeit, die Vorgänge aus seiner Sicht zu schildern und wies darauf hin, das dies in der Vorinstanz unterblieben war.

    Er sei, nachdem er sich unter dem MOX-Transport festgekettet hatte, von einer technischen Einheit der Polizei gelöst und von der Straße entfernt worden. Dabei seien seine Hände noch immer in einem Rohr festgekettet gewesen und er habe den Eindruck gehabt, seitens der Polizisten sei es darauf angelegt worden, ihm Schmerzen zuzufügen. Seine Schmerzen sei mit hämischen Worten wie „Selber schuld“ oder „überlegs Dir nächstesmal vorher“ kommentiert worden. Er sei dann über eine Leit­planke geworfen worden, einen Abhang heruntergerollt und benommen liegen geblieben. Er habe sich den Maßnahmen nicht widersetzt und auf Nach­frage mitgeteilt, in welcher Tasche sein Personalausweis war.

    Der Vorsitzende legte wert auf die Feststellung, dass es hier nicht um eine versammlungsrechtliche Frage gehe sondern ausschließlich darum, ob der Vor­gang bei dem sich der Beamte verletzt hatte, notwendiger Teil einer Gefahrenabwehr oder Risiko-Situation gewesen sei oder nicht. Die Vorinstanz habe dies bejaht, der Senat des OLG sehe dies aufgrund der vorliegenden Fakten und Beweise anders. Das Land habe bisher weder dargelegt noch Beweise vorgelegt, dass dieser Umgang mit dem Demonstanten notwendig gewesen wäre. Besonders kritisch bewertete Richter Saathoff, dass in den beiden vorge­legten Polizei-Videos gerade die Sequenzen fehlen, bei denen der Beklagte über die Leitplanke bewegt wurde. Nach einer vom Gericht angebotenen Beratungspause teilte der Vertreter des Landes mit, dass die Klage nicht zurück gezogen werde, machte aber zur Sache keine weiteren Ausführungen. Richter Saathoff wurde noch einmal sehr deutlich. Er wisse nicht, warum die Videosequenz fehle und wolle es sich auch gar nicht vorstellen. Aber man könne es. Das Urteil des OLG Celle wird am 8. Dezember verkündet. "Wir gehen davon aus, dass wir mit der Berufung einen vollen Erfolg erzielen weden und eine Haftung verneint wird", erklärte Rechtsanwalt Nickel im Filmbericht von N3/Hallo Niedersachsen.

  3. Urteil vom 8.12.2016: OLG Celle weist Heilkosten-Forderung des Landes gegen Demonstranten ab

    Das Oberlandesgericht Celle hat gestern die Heilkosten-Forderung des Landes Niedersachsen über 15.000,- € gegen einen Aktivisten abgelehnt, der im November 2012 gegen MOX-Transporte nach Grohnde demonstrierte. Die Revision wurde nicht zugelassen. Bereits in der mündlichen Verhandlung am 9. November 2016 hatte das Gericht Zweifel an den vorgelegten Beweisen der Polizei und der rechtlichen Argumentation des Landes deutlich gemacht und dem Land die Rücknahme der Klage nahe gelegt. Das Urteil des Landgerichtes von Februar 2016 wurde somit aufgehoben.

    Zur Pressemitteilung des OLG.

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