Hameln: Verfahren gegen Atomkraftgegnerin eingestellt

  • Bunte Transparente und ein voller Verhandlungssaal zur Unterstützung der angeklagten Kletteraktivistin (Danke!)

  • Scharfe Kritik an das Ermittlungsverhalten der Anklagebehörde und der Polizei prägte die vierstündige mündliche Verhandlung.

„Kriminell ist die Atomindustrie“, stand am 21.5.2013 anlässlich einer Gerichtsverhandlung gegen eine Kletteraktivistin auf ein Transparent vor dem Amtsgericht Hameln. Gut 20 Menschen waren zur Unterstützung der Angeklagten gekommen.

Hintergrund des Prozesses war ein Protestwochenende mit vielfältigen Demonstrationen gegen das Atomkraftwerk Grohnde im Oktober 2011. In diesem Zusammenhang führte eine kleine Gruppe eine spontane Kletter- und Sitzblockade über und auf eine Zufahrtsstraße durch. Als die Polizei Versammlung gewaltsam und ohne Vorwarnung angriff, um Polizei-Fahrzeuge und MitarbeiterInnen des AKWs einen Weg zu bahnen, seilte sich die Angeklagten den heranfahrende Fahrzeugen in den Weg. Dies gefiel der Polizei nicht. Ein Polizist griff nach der herunter hängenden Kurzsicherung die Aktivistin und gefährdete diese (Gefahr eines Hängetraumas).

Das Geschehen führte aber zu keinen Ermittlungen gegen die Polizeibeamten. Vor Gericht kamen nur die Anzeigen der Beamten gegen die Kletterin. Der Angeklagten wurde einen „gefährlichen Eingriff in den Schienenverkehr“ und „Beleidigung“ vorgeworfen. Mit einer Einstellung des Verfahrens auf Staatskosten endete am Dienstag nach einer vier vierstündiger Verhandlung das Verfahren. Eine scharfe Kritik an das Vorgehen der Polizei sowie an das Verhalten der Ermittlungsbehörde prägte das Verfahren.

  • Bunte Transparente und ein voller Verhandlungssaal zur Unterstützung der angeklagten Kletteraktivistin (Danke!)

  • Scharfe Kritik an das Ermittlungsverhalten der Anklagebehörde und der Polizei prägte die vierstündige mündliche Verhandlung.

„Kriminell ist die Atomindustrie“, stand am 21.5.2013 anlässlich einer Gerichtsverhandlung gegen eine Kletteraktivistin auf ein Transparent vor dem Amtsgericht Hameln. Gut 20 Menschen waren zur Unterstützung der Angeklagten gekommen.

Hintergrund des Prozesses war ein Protestwochenende mit vielfältigen Demonstrationen gegen das Atomkraftwerk Grohnde im Oktober 2011. In diesem Zusammenhang führte eine kleine Gruppe eine spontane Kletter- und Sitzblockade über und auf eine Zufahrtsstraße durch. Als die Polizei Versammlung gewaltsam und ohne Vorwarnung angriff, um Polizei-Fahrzeuge und MitarbeiterInnen des AKWs einen Weg zu bahnen, seilte sich die Angeklagten den heranfahrende Fahrzeugen in den Weg. Dies gefiel der Polizei nicht. Ein Polizist griff nach der herunter hängenden Kurzsicherung die Aktivistin und gefährdete diese (Gefahr eines Hängetraumas).

Das Geschehen führte aber zu keinen Ermittlungen gegen die Polizeibeamten. Vor Gericht kamen nur die Anzeigen der Beamten gegen die Kletterin. Der Angeklagten wurde einen „gefährlichen Eingriff in den Schienenverkehr“ und „Beleidigung“ vorgeworfen. Mit einer Einstellung des Verfahrens auf Staatskosten endete am Dienstag nach einer vier vierstündiger Verhandlung das Verfahren. Eine scharfe Kritik an das Vorgehen der Polizei sowie an das Verhalten der Ermittlungsbehörde prägte das Verfahren.

Gericht und Verteidigung gingen gleich zu Beginn der Verhandlung auf Konfrontationskurs. Die Verteidigung stellte einen Befangenheitsantrag gegen Richter Schöpe, weil dieser die Beiordnung des Anwaltes der Angeklagten als Pflichtverteidiger ablehnte und schon vor der Hauptverhandlung ihrem Vortrag kein Glauben schenkte. Im gleichen Zug wurden die mangelhaften Ermittlungen kritisiert.„Es fand keine einzige Zeugenvernehmung statt. Die Beamten betrieben ein „Insichgeschäft“, stimmten ihre Berichte miteinander ab und schrieben nur das was sie schreiben wollten. Das sie gewaltsam und ohne Vorwarnung in eine bestehende Versammlung eingriffen, schrieben sie beispielsweise nicht. Das sie Menschenleben gefährdeten und mindestens eine Demonstrantin verletzen, schrieben sie auch nicht.“ schrieb die Angeklagte in ihrem Antrag. Ihr Anwalt ging auf die Auswirkungen von Polizeiwillkür und den Gesundheitszustand der Angeklagten ein.

Der Befangenheitsantrag wurde vom Amtsgerichtsdirektor als unbegründet zurück gewiesen. Die Verteidigung ließ aber nicht locker und kündigte Beweisanträge zur Veranschaulichung ihrer Kritik an das Verhaltens der Polizei, der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes.

Das Gericht zeigte sich schließlich davon beeindruckt und lenkte ein, so dass keine weitere Anträge gestellt werden mussten.

Der Antrag zählte 15 Gerichtsbeschlüsse, die in der Vergangenheit die Rechtswidrigkeit von polizeilichem Vorgehen gegen die Angeklagte feststellten. Von Überwachungsmaßnahmen durch Mobiles Einsatzkomados (MEK) bis Freiheitsentziehungsmaßnahmen und Misshandlungen.

Die Angeklagte ist seit langem politisch engagiert, sie musste die Erfahrung machen, dass die Polizei es insbesondere bei Demonstrationen mit Grundrechten nicht so genau nimmt und immer wieder rechtswidrig handelt und häufig ohne Grund gewalttätig wird. […] Die Staatsanwaltschaft und Richter Schöpe mit seiner Unterschrift auf dem Strafbefehl haben es versäumt genau die Handlung einer Behörde zu hinterfragen, die dazu neigt, willkürlich zu handeln. Dies muss die Angeklagte immer in Kleinarbeit beweisen – und erhält in der Regel am Ende höchsten ein Blattpapier namens „Beschluss“. Obwohl es um Freiheitsberaubung und die willkürliche Einschränkung Ihrer Grundrechte geht. […] Das sind alles Erfahrungen die ihre physischen und psychischen Spuren hinterlassen. Eine blutige Wunde wird beachtet, warum ist es bei einer unsichtbaren emotionalen Wunde nicht der Fall? Wiederholte willkürliche Gewalterfahrungen – seien sie physischer oder psychologischer Natur – gehen nicht einfach so an die Opfer dieser Gewalt und Willkür vorbei. „Post-traumatische Belastungsstörung“ (PTBS), werden die Folgen dieser Willkürhandlungen gegen Betroffenen genannt. „ Der anschließenden Zeugenvernehmung durfte die Angeklagte fern bleiben, das Gericht zeigte inzwischen Verständnis für die emotionale Betroffenheit der Angeklagten.

Im Anschluss schlugen Richter und Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld auf Staatskosten vor. Ihre persönlichen Auslagen (Anwaltskosten) muss die Angeklagte tragen. Die Aussage der Zeugen lasse zum einem nicht auf einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr schließen, der Vorfall sei harmloser als ursprünglich angenommen, so der Staatsanwalt. Bei der Beleidigung könne weiter nicht ausgeschlossen werden, dass diese eine Affekthandlung gewesen sei, weil die Kletterin um ihr Leben fürchtete. Der Gesundheitszustand der Angeklagten müsse weiter berücksichtigt werden.

Die Angeklagte zeigte sich über den Ausgang des Verfahrens zufrieden: „Kriminell ist der Atomstaat, nicht der Protest! Der kreative Protest gegen die Atomindustrie geht weiter!“ erklärte sie im Hinblick auf das Verfahren und die jüngste beinahe Katatrophe in Hamburg bei dem Brand eines mit radioaktiver Fracht beladenen Containerschiffs. Die Zuständigen Behörden verschwiegen den Beinahe-Unfall zunächst. Ohne wachsame aktive BürgerInnen geht es direkt in die Katastrophe. Widerstand ist notwendig!

Eichhörnchen, den 22.5.2013

Bilder: Oben – Demo am 2.Oktober 2013, Foto Konrad Lippert / in der Mitte des Textes – Polizist PK Bode zieht am Seil der Demonstrantin, Polizisten versuchen durch blenden mit Taschenlampen die Aufnahmen zu verhindern – aufgenommen durch eineN Demonstranten/in

Hintergründe: