LKA und Verfassungsschutz: wo ist bitte der Unterschied?
Par eichhörnchen le dimanche 26 juillet 2015, 22:12 - Artikeln - articles - Lien permanent
Ein Eichhörnchen im Überwachungsstaat.
Der NSU-Terror ist seit Bekanntwerden seiner Untaten in aller Munde. Neun Morde
sollen durch Mitglieder dieser rechtsextremen Organisation begangen worden
sein. Trotz zahlreicher Spitzel und V-Männer in der Neonazi-Szene wollen die
Behörden nichts geahnt haben, um Aufklärung sind sie nicht bemüht. Rein
zufällig sollen bei der einen und der anderen Behörde ausgerechnet NSU-Akten
geschreddert worden sein. Vor dem parlamentarischen Ausschuss wollen die
Verantwortlichen von Kriminalämtern und Verfassungsschutz entweder nichts
gewusst haben oder sich nicht erinnern. Die Behörden arbeiten angeblich nicht
zusammen. Und dass der rechte Terror faktisch über die V-Männer mit
Staatsgeldern mitfinanziert wurde, stört nicht. Viel mehr wurde nun ein
neues Gesetz, dass dem Verfassungsschutz mehr Befugnisse einräumt,
verabschiedet. Für die Behörden laut. Das »Terrorismusargument« ist für die
Einschränkung von Grundrechten immer gern gesehen.
Das Problem der Ausländerfeindlichkeit und des rechten Terrors wird
dadurch nicht gelöst – weil es nicht eine Frage des Dürfens und Könnens,
sondern des Wollens ist. Die Behörde ist auf dem rechten Auge blind, weil dort
große Sympathie für rechtes Gedankengut vorhanden ist. Der Fehler liegt bei
Polizei und Verfassungsschutz selbst.
In der Vergangenheit haben die Polizei und Verfassungsschutz selbst ohne neue
gesetzliche Regelung Hand in Hand gearbeitet, sofern dies gewollt war. Zum
Beispiel gegen das böse „linksextremistische“ Eichhörnchen!
»Übermittlung Ihrer Personalien an das Bundesamt für Verfassungsschutz
zur Erlangung dort vorhandener zusätzlicher Informationen«, teilte mir das
Bundeskriminalamt auf Anfrage mit.
Auch sehe ich den Unterschied zwischen Verfassungsschutz und Polizei nicht so
wirklich – jedenfalls in meinem Fall.
Die Behörden machen Copy and Paste voneinander: oder wie sollen sich sonst
genau die selben Formulierungen in meinen Akten einschleichen?
Beispiel :
Auskunft des Verfassungsschutzes Niedersachsen über die über mich bei der
Behörde gespeicherten Daten: „...kletterten Sie an der Fassade des
Amtsgerichtes Hannover empor um ein Transprent auszubreiten“
Auskunft des Landeskriminalamtes über die über mich bei der Behörde
gespeicherten Daten: „ ... kletterten an der Fassade es
Amtsgerichtsgebäudes empor um ein Transparent auszubreiten“
Sehr Staatsgefährdend...
Super Staatsgefährdend sind auch solche Dinge, die der Verfassungsschutz
speichert:
„ In einem Verfahren wegen unbefugten Aufenthalts im Gleisbereich am 22.
Oktober 2006 auf der Bahnstrecke Lüneburg – Dannenberg wurde durch das AG
Hannover am 14. November 2007 ein Bußgeld in Höhe von 5 € verhängt.“
oder: „ Im September 2008 nahmen Sie an der Herbstkonferenz der
Anti-Atomkraft-Bewegung in Braunschweig teil. Gegen Sie wurde zudem ein
Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, weil sie am 20. September 2008
anlässlich des europäischen Aktionstages einen nicht angemeldeten Infotisch in
der Altstadt von Lüneburg betrieben hatten. [...]; Am 25. Oktober 2008 nahmen
Sie an einer Demonstration gegen einen Castor-Transport in Uelzen teil. [...];
Am 07. November 2011 nahmen Sie an einer Gedenkveranstaltung zum Todestag von
Sebastien Briat auf dem Marktplatz in Lüneburg teil. Zudem beteiligten Sie sich
am 27. April 2012 an Protesten anlässlich eines Rückkehrappells der Bundeswehr
auf dem Marktplatz in Lüneburg. [...]«
Oder, aus der jüngsten Auskunft: «Sie haben am 10.10.2014 in Stuttgart sowie am 11.10.2014 in Frankfurt eine Lesung zu Ihrem Buch „Kommen Sie da runter!“ gehalten und waren am 12.10.2014 Referentin bei einer Veranstaltung zum Thema „Das Private ist öffentlich, ist politisch!“ in Münster.
Da bin ich aber beleidigt, dass nur 3 von über 60 Veranstaltungen mit meinem Buch den
verfassungsschutz interessieren. Und Münster, Stuttgart, Frankfurt das
liegt sicher in Niedersachsen... lustig weil der weder der Verfassungsschutz
Hessen, noch NRW oder BW Daten über mich speichern (sofern deren Auskuft
stimmt). Also bin ich nur in den Augen vom Verfassungsschutz Niedersachsen
"linksextremistisch" (und vom Bundesamt für Verfassungsschutz) Hamburg hatte
auch was, habe die haben mit geschrieben dass sie gelöscht haben (glaube ich
einfach mal dran)...
Und wenn das
Mobile Einsatzkomando (MEK, Landespolizei) mich fleißig rund um die Uhr
überwacht, übernimmt der Verfassungsschutz Niedersachsen gerne die durch
die Überwachung gewonnenen Daten. Im Überwachen unterstützt man sich
gegenseitig. Und das schon vor der tollen Verfassungsschutzreform!
Der Verfassungsschutz darf eigentlich nicht alles mögliche speichern, er darf
nur Dinge speichern, die eben für den Schutz der „demokratischen Ordnung“ (was
diese Worthülle auch immer bedeutet...) relevant sind. Aber er hat immer ein
Argument parat um doch mehr zu speichern: Weil er über Erkenntnisse zu
linksextremistischen Aktivitäten meiner Person verfügt, darf er mich die ganze
Zeit überwachen und auch die belanglosesten Dinge speichern. Die besagten
Erkenntnisse werden allerdings nicht offenbart, das würde ja die Sicherheit der
Quellen und des Staates gefährden.
Also erhalte ich auch nur eine Teilauskunft mit Verweis auf § 13 Abs 2
NVerfSchG und kann mich gegen die Speicherung nicht wehren, weil die Dinge, die
die rechtliche Grundlage dafür bilden eben geheim sind.
Dass der Verfassungsschutz so vorgeht, ist allgemein bekannt. Solche
unvollständigen Auskunftsersuchen dürften viele politisch engagierten Menschen
erhalten. Denn alles was den VerfassungsschützerInnen nicht passt ist
„extremistisch“. AtomkraftgegnerInnen scheinen beim Verfassungsschutz per
se "extremitisch" zu sein.
Bei meiner letzten Anfrage zu beim LKA Niedersachsen über mich gespeicherten
Daten kam eine Überraschung: das LKA tut genauso geheim wie der
Verfassungsschutz und verweigert sich mit Verweis auf § 16 Abs. 4 NDSG, mir
eine vollständige Auskunft zu erteilen. Der Verweis auf § 16 Abs. 4 NDSG
bedeutet, dass mir die Auskunft verweigert wird, weil die Behörde ihre Quellen
schützen will, die Auskunftserteilung die ordnungsgemäße Wahrnehmung der
übrigen Aufgaben der Behörde gefährden würde oder die öffentliche
Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes
Nachteile bereiten würde!
Na dann, wo ist bitte der Unterschied zwischen Verfassungsschutz
und LKA, wenn sie immer Copy and Paste machen und beide Behörden auf geheim
tun?
Ich hätte nicht gedacht, dass Baumklettern so subversiv ist und Eichhörnchen
eine solche eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt!
Eine „Ehre“, dass der Staat Aktionskletterkunst so ernst nimmt? Vielleicht
ausgerechnet ein Grund weiter zu machen! Ätsch!
Ich habe gegen die Auskunftsverweigerung Klage gegen das LKA Niedersachsen
vor dem Verwaltungsgericht Hannover eingereicht.
Ich bin gespannt auf dem Verlauf des Verfahrens. Das wird sicherlich Kafkaesk.
Denn will soll ich meine „Rechte“ verteidigen, wenn ich nicht mal erfahren
darf, weshalb diese mir nicht zugesprochen werden?!
Hier zur Dokumentation, meine Klage (und ich freue mich wenn andere
Menschen mir über ihre Erfahrung mit solchen Klagen berichten!)
...
reiche ich gegen den Bescheid vom LKA Niedersachsen vom 17.06.2015 (erhalten am 22. Juni 2015) Az. 05450-15-8 Klage ein.
Meine Klage bezieht sich auf die Auskünfte die mir mit Verweis auf § 16 Abs. 4 NDSG verweigert wurden.
Ich beantrage, dass die Rechtswidrigkeit der (Teil)Auskunftsverweigerung festgestellt wird und dass das LKA Niedersachsen verpflichtet wird, mit vollständige Auskunft über die über mich bei der Behörde gespeicherten Daten zu erteilen.
Begründung
Mit Schreiben vom 22.04.2015 und vom 28.5.2015 verlangte ich auf Basis von §16, Abs. 1 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes vom Landeskriminalamt Niedersachsen Auskunft über die zu meiner Person gespeicherten Daten.
Mit einem Schreiben vom 17.6.2015 erteilte mir das LKA Niedersachsen eine teilweise Auskunft, verweigerte aber Auskünfte über weitere zu meiner Person gespeicherten Daten unter pauschalem nicht näher erläutertem Verweis auf § 16 Abs. 4 NDSG (Seite 7 des Schreibens vom 17.6.2015) Das LKA schrieb nicht auf welche Alternativ des § 16 Abs. 4 NDSG es sich bezieht.
Ich kann nicht nachvollziehen weshalb die Auskunft mir auf diese Rechtsgrundlage verweigert wird.
Ich sehe nicht inwiefern eine Auskunftserteilung die Erfüllung des Auskunfts- oder Einsichtsverlangens die ordnungsgemäße Wahrnehmung der übrigen Aufgaben der datenverarbeitenden Stelle gefährden würde (Satz 1)
Ich Sehe nicht inwiefern die Auskunft oder Einsicht die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde (Satz 2)
Ich sehe nicht inwiefern die personenbezogenen Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der berechtigten Interessen von Dritten geheim zu halten sind. (Satz 3)
Das Einschalten der Landesbeauftragten für Datenschutz hat keine Klärung gebracht, so dass ich meine Rechte nur noch im Wege dieser Klage verteidigen kann.
Zur weiteren Begründung beantrage ich Akteneinsicht. Ich beantrage Einsicht in die Vorgänge die zur Auskunftsverweigerung geführt haben. Ohne zu wissen weshalb mir einer Auskunft verweigert wird, kann ich meine Klage nicht ordentlich begründen.
Fortsetzung folgt!
Und: an dieser Stelle den hinweis auf die Demo Freiheit statt Angst in Köln am 29. August. Ich werde dort ein Redebeitrag halten (ja ja der fleißige mitlesende LKAssungsschmutz schreibt das sicher sofort auf)