Der Stachel im Arsch der Justiz

 Als im Mai 2012 Atommüll auf dem Wasserweg quer durch die Gegend gekarrt wurde, hingen an einer Kanalbrücke in Münster zwei Eichhörnchen mit Transparent unterhalb einer Brücke  und hinderten das Atomschiff Edo für rund 7 Stunden an die Weiterfahrt. (Bericht)

Es folgte eine unterhaltsame 3-tägige Gerichtsverhandlung vor dem Schiffahrtsgericht Dortmund, die selbst 4 RichterInnen als Zuschauer mitverfolgten.  Die Bußgeldbehörde forderte 165 Euro für eine „groß ungehörige Handlung und das verbotene Benutzen bundeseigener Schifffahrts- und Betriebsanlagen“. Ich wurde schließlich zu einem Bußgeld in Höhe von 20 Euro wegen „verbotenem Benutzen bundeseigener Schifffahrts- und Betriebsanlagen“.

Der zuständige Richter sprach ein ungewöhnliches Urteil:
„Es ist sozial wichtig, was Sie tun und vollkommen nachvollziehbar, kann vieles von dem unterschreiben, was Sie hier vorgetragen haben. Aber Sie treten hier auf, als ob die Justiz der Feind wäre. Ich bin enttäuscht davon, dass Sie keine Aussage gemacht haben und nicht zu dem stehen, was sie gemacht haben. Es ist ganz wichtig, dass es Leute wie Sie gibt, die der Stachel im Arsch der Atomwirtschaft » und dadurch auch hin und wieder der « Stachel im Arsch der Polizei sind. […] Ich hoffe, dass Sie vielleicht nach diesem Verfahren, vielleicht nicht von ihrem Feindbild Staat abrücken, das wäre vielleicht etwas vermessen, aber zumindest darüber nachdenken. Die Geldbußen sind ausreichend, sie sind mehr ein symbolischer Ausdruck.“

2 Jahre nach dem besagten Urteil habe ich nun Post von Richter Tebbe erhalten. Weil ich das Bußgeld in Höhe von 20 Euro trotz Aufforderung und Besuch vom Gerichtsvollzieher nicht bezahlt habe, beantragt die Staatsanwaltschaft die Verhängung von „Erzwingungshaft“ um mich dazu zu bewegen, zu bezahlen.

 Als im Mai 2012 Atommüll auf dem Wasserweg quer durch die Gegend gekarrt wurde, hingen an einer Kanalbrücke in Münster zwei Eichhörnchen mit Transparent unterhalb einer Brücke  und hinderten das Atomschiff Edo für rund 7 Stunden an die Weiterfahrt. (Bericht)

Es folgte eine unterhaltsame 3-tägige Gerichtsverhandlung vor dem Schiffahrtsgericht Dortmund, die selbst 4 RichterInnen als Zuschauer mitverfolgten.  Die Bußgeldbehörde forderte 165 Euro für eine „groß ungehörige Handlung und das verbotene Benutzen bundeseigener Schifffahrts- und Betriebsanlagen“. Ich wurde schließlich zu einem Bußgeld in Höhe von 20 Euro wegen „verbotenem Benutzen bundeseigener Schifffahrts- und Betriebsanlagen“.

Der zuständige Richter sprach ein ungewöhnliches Urteil:
„Es ist sozial wichtig, was Sie tun und vollkommen nachvollziehbar, kann vieles von dem unterschreiben, was Sie hier vorgetragen haben. Aber Sie treten hier auf, als ob die Justiz der Feind wäre. Ich bin enttäuscht davon, dass Sie keine Aussage gemacht haben und nicht zu dem stehen, was sie gemacht haben. Es ist ganz wichtig, dass es Leute wie Sie gibt, die der Stachel im Arsch der Atomwirtschaft » und dadurch auch hin und wieder der « Stachel im Arsch der Polizei sind. […] Ich hoffe, dass Sie vielleicht nach diesem Verfahren, vielleicht nicht von ihrem Feindbild Staat abrücken, das wäre vielleicht etwas vermessen, aber zumindest darüber nachdenken. Die Geldbußen sind ausreichend, sie sind mehr ein symbolischer Ausdruck.“

2 Jahre nach dem besagten Urteil habe ich nun Post von Richter Tebbe erhalten. Weil ich das Bußgeld in Höhe von 20 Euro trotz Aufforderung und Besuch vom Gerichtsvollzieher nicht bezahlt habe, beantragt die Staatsanwaltschaft die Verhängung von „Erzwingungshaft“ um mich dazu zu bewegen, zu bezahlen.

Und weil der Rechtsstaat toll ist, werde ich „angehört“. Ich darf mich äußern. Nun ich kenne das schon… Die formale Anhörung dient lediglich  dem Schein der Rechtsstaat. Das was Mensch „äußert“ interessiert die Herrschaften faktisch nicht.
Ich habe Herrn Tebbe nun dargelegt, weshalb der Vorgang nicht geradezu geeignet eine Versöhnung mit dem ach so tollen Rechtsstaat an dem er glaubt zu fördern.
Ich habe dem Herrn Tebbe darüber hinaus ausführlich erläutert, weshalb Erzwingungshaft zwecks los ist: Gehorsam ist nicht zu „Erzwingen“. Ich bin nicht nur der Stachel im Arsch des Atomwirtstchaft und der Polizei, sondern auch des Scheinrechtsstaates!

Im folgenden veröffentliche ich Auszüge aus meiner Stellungnahme, die ich als eine Art öffentlichem Brief formuliert habe. Die Absurdität des Systems geht mehr die Öffentlichkeit als ein Richter an, der das Schreiben einfach ignorieren und seinen „Beschluss“ nach der Scheinanhörung nach eigenem Gusto formulieren kann.

Sehr geehrter Richter Tebbe,

zum Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung der Erzwingungshaft nehme ich wie folgt Stellung.

Zweck der Erzwingungshaft im rechtlichen Sinne ist nicht die „Strafe“, es ist keine strafrechtliche Sanktion. Es ist vielmehr ein „Zwangsmittel“. Die Entscheidung, ob Sie Erzwingungshaft verhängen liegt in Ihren Händen. Wenn Erzwingungshaft verhängt wird, obwohl klar ist, dass die Verhängung dieses Zwangsmittel nicht zu Erfolg führen wird, ist die Verhängung rechtswidrig. Sie hat in einem solchen Fall nur den Charakter einer Ersatzstrafe, wie bei Tagessätzen. Nicht ohne Grund unterscheidet der Gesetzgeber für die Ahndung von (seiner Meinung nach Strafbaren) Handlungen zwischen Ordnungswidrigkeitsrecht und Strafrecht. Nur: Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass Erzwingungshaft in der Regel als Ersatzbestrafung missbraucht wird. Es würde mich nicht wundern, wenn es in diesem Verfahren auch so wäre. Der Aufwand, der für dieses Verfahren schon betrieben wurde, lässt mich zu diesem Schluss kommen. Zu einem Gerichtsverfahren kam es vorliegend nur, weil ich politisch motiviert handelte. Bei Ordnungswidrigkeiten gilt das Opportunitätsprinzip. Gut, dadurch dass die Justiz es in diesem Fall nicht für „opportun“ gehalten hat, das Verfahren einzustellen, habe ich gelernt, was es alles für absurde Gesetze gibt (ja, das ist das Absurdum von Albert Canus!), dass man Schifffartsanlagen eben „fehlbenutzen“ kann. Und ja, dass das Verfahren überhaupt betrieben wurde hat politische Hintergründe: mir ist kein  anderer Fall von Verurteilung wegen „Fehlbenutzung einer Schifffahrtsanlage“ bekannt – obwohl Schifffahrtsanlagen insbesondere im Sommer massenhaft „fehlbenutzt“ werden, obwohl die Menschen sich massenhaft „ordnungswidrig“ verhalten, indem sie z.B. im Kanal baden. Worin soll sich vorliegend der Verfolgungseifer der Behörden, der bis zur Verhängung von Erzwingungshaft geht, begründen, wenn nicht in der politischen Eigenschaft der Handlung? Hier soll erzwungen werden, dass Menschen von politischen Handlungen, die dem Staat nicht genehm sind, abgehalten werden.  Hier ein passendes Gedicht von Erich Fried.

Reproduktion von RUHE und ORDNUNG

von Erich Fried

Die Ordnung ist dazu da

die Ruhe zu wahren

Die Ruhe ist dazu da

die Ordnung zu wahren

Die Frage

wem diese Ruhe und Ordnung dient

ist unstatthaft weil sie

Unruhe und Unordnung stiftet

Als Antwort darauf

geruht nun öfter die Ordnung

ihre ewigen Störer

zur ewigen Ruhe zu bringen

Das ganze Verfahren und die Erzwingungshaft sind der Versuch der Ordnung, ihre ewigen Störer
zur ewigen Ruhe zu bringen.
Ich bin aber nicht „zur Ruhe“ zu bringen. Mein Gehorsam kann man nicht erzwingen. Erzwingungshaft ist aus diesem Grund zwecklos. Ich habe in der Vergangenheit schon für 5 und 150 Euro in Erzwingungshaft (bzw. Ordnungshaft) gesessen. Das hat mein Gehorsam nicht „erzwungen“. Ich mag nicht gegen mein Gewissen handeln und finde ich mich im Sartes Existentialismus wieder (die Philosophie von Jean Paul Sartre ist Ihnen sicherlich ein Begriff).

Bei meinem letzten Aufenthalt im Gefängnis vor 4 Jahren glänzte die Justizvollzugsbehörde mit der Missachtung von Grundrechten. Hierzu verweise ich auf die Ausführungen meiner Verteidigerin, ihr Schreiben liegt Ihnen bereits vor. Auch empfehle ich Ihnen die Lektüre meines Buchs „Kommen Sie darunter!“, 2014 im Verlag Graswurzelrevolution erschienen. Beim Kapitel „Mein K(n)astortransport in der JVA Preungesheim“ handelt es sich um ein Tagebuch. Darin ist zu lesen wie die Vollzugsbehörde mit Grundrechten so umgeht… Ob die JVA-Beamten in „Erzwingungshaft“ gehen, weil sie sich rechtswidrig verhalten haben und meine Grundrechte missachtet haben? Natürlich nicht. Es ist schon seltsam, dass ein Staat von mir verlangt, mich an Gesetzte – ja selbst die absurdesten wie, dass man angeblich an einer Schifffahrtsbrücke nicht demonstrieren darf –  zu halten und der besagte Staat selbst ständig durch Missachtung derselben glänzt.
Denn es handelt sich um keinen Einzellfall. Die Missachtung von Grundrechten von BürgerInnen seitens von staatlichen Institutionen (und insbesondere seitens der Polizei) gehört zum Alltag.  Das ist meine Erfahrung. In die Öffentlichkeit gelangen die Informationen nur in Ausnahmefälle.

Wenn Sie der Meinung sind, dass ich in Erzwingungshaft gehen soll, beantrage ich, dass Sie gegen die PolizeibeamtInnen, die ständig rechtswidrig gegen mich vorgehen, ebenfalls Erzwingungshaft verhängen. Nicht dass ich vom Schein-rechtssataat sowas wie Gerechtigkeit erwarte, nicht dass ich Knast gut finde (Knast abschaffen ist das einzige sinnvollste), aber wenn der Schein-Rechtssaat von mir verlangt, dass ich mich an Gesetze halte… warum soll das nicht umgekehrt gelten? Sie wunderten sich in der Hauptverhandlung über meine Ablehnung vom Rechtsstaat… aber Sie werden anhand der noch kommenden Ausführungen sicherlich selbst merken, dass der besagte Rechtsstaat alles dafür tut.

Ich beantrage die Verhängung von Erzwingungshaft gegen die verantwortlichen BeamtInnen in folgenden Verfahren:

Es handelt sich allesamt um Verfahren, wo ein Gericht festgestellt hat, dass die Polizei in rechtswidriger Art und Weise gegen mich vorgegangen ist. Also z.B. mich meiner Freiheit beraubt hat. Das ist meine PMPK-Datei „Politisch Motivierte Polizei Kriminalität“ (wenn die Polizei schon LIMO, etc. hat.)

Az. 21 A XIV 36/03 Amtsgericht Lüneburg
Az. 3 A 209/07 Verwaltungsgericht Lüneburg
Az. 101 XIV 39L, Amtsgericht Lüneburg
Az. 6 T 87/07 Landgericht Göttingen
Az. 101 XIV 60 Amtsgericht Lüneburg
Az. 6 W 22/08 , das Amtsgericht Rostock
Az. 5 K 1045/09 , Oberverwaltungsgericht Münster
Az. 3 A 185/09 Verwaltungsgericht Lüb
eck
21 XIV 7729 B Amtsgericht Lüneburg
Az. 20 W 256/09 OLG Frankfurt am Main
Az. 4 O 298/12, Landgericht Gießen
Az. VG 1.K 257.11 Verwaltungsgericht Berlin
Az. 5 XIV 1/11, Amtsgericht Volgast
Az. 3 UR II 3/12 Amtsgericht Hameln
 Az. 5 K 1971/11 Verwaltungsgericht Hamburg
 Az. 5 A 87/13: Verwaltungsgericht Lüneburg

Und hier ein paar Erläuterungen zu den einzelnen Verfahren

Az. 21 A XIV 36/03 Amtsgericht Lüneburg:  Castor 2003 – rechtswidrige Ingewahrsamnahme anlässlich einer Versammlung von X1000malquer gegen den Castortransport.  Das nenne ich einfach mal Freiheitsberaubung.

Az. 3 A 209/07 Verwaltungsgericht Lüneburg: Rechtswidrige zweiwöchige Überwachung durch Mobiles Einsatzkommando (MEK) im Jahr 2006 vor dem Castortransport
Az. 101 XIV 39L, Amtsgericht Lüneburg: RRechtswidriger Gewahrsam beim Castor 2006 – die Polizei überwachte mich mit MEK (Voriges Aktenzeichen) und ich wurde am Tag X in der Stadt festgenommen, damit ich mich an Protestversammlungen gegen den Castortransport nicht beteiligen kann.
Eine Kurzgeschichte aus meinem Buch zur Illustration […] (Siehe « Der Kollateralschaden » in „Kommen Sie darunter!“, 2014 im Verlag Graswurzelrevolution )

Mehr als einen Zettel, der die Rechtswidrigkeit der Handlung feststellte, hab ich von der Polizei nicht bekommen. Nicht einmal eine Entschuldigung. Im Gegenteil, die nachweislich rechtswidrige Observation floss zwei Jahre später in eine Gefahrenprognose gegen mich hinein. Ich wurde vor einem Castortransport 2008 vorbeugend in Gewahrsam genommen. Ein Gewahrsam sei unerlässlich, weil ich mich trotz der Observation 2006 weiterhin an politischen Aktionen beteiligt habe, also wurde ich durch die  – rechtswidrige – Maßnahme nicht eingeschüchtert… das war die Logik… So viel zum Rechtsstaat…
Der Rechtsstreit um diese politisch motivierte 4-tägige Ingewahrsamnahme ist nun vor dem Europäischen Gericht für Menschenrechte anhängig. Hierzu kommen weitere Erläuterungen unten.

Az. 6 T 87/07 Landgericht Göttingen –  Rechtswidrige Fesselung mit Händen und Füßen an einem Gitter vom Gewahrsamkäfig, die Ingewahrsamnahme erfolgte anlässlich von Demonstrationen gegen einen Naziaufmarsch 2006.

Hier noch eine Kurzgeschichte  aus meinem Buch […] (Siehe « Käfighaltung und die Macht der Gewaltlosigkeit » in „Kommen Sie darunter!“, 2014 im Verlag Graswurzelrevolution )

Gegen die für die Misshandlungen  verantwortlichen Polizeibeamten wurde natürlich NIE ein Strafverfahren eröffnet!

Und dann wundert man sich darüber, dass Flüchtlinge durch Bundespolizisten misshandelt werden? Ein solcher Fall hat vor Kurzem in Hannover für Aufregung gesorgt, Nur ,es handelt sich nicht  – wie die StA Hannover es behauptet – um Einzelfälle. Misshandlungen gehören zum System Polizei, weil die BeamtInnen kaum fürchten müssen, dass ihre Untaten die Öffentlichkeit erreichen, sie müssen kaum damit rechnen, dass es für sie Folgen hat. Außerdem gehören folterähnlichen Behandlungen von in Gewahrsam genommen Personen offensichtlich zur Ausbildung von PolizeibeamtInnen. Hierzu kommen weitere Erläuterungen unten.

Az. 101 XIV 60 Amtsgericht Lüneburg:  rechtswidrige Ingewahrsamnahme nach einer Kletteraktion über der Castorstrecke, ein Probe-Castor musste in Höhe Tiergarten in Lüneburg auf dem Weg nach Gorleben eine 2stündige Pause einlegen. Das nenne ich einfach mal Freiheitsberaubung.

Az. 6 W 22/08 : Das Amtsgericht Rostock entschied gegen den Willen der Polizei über die Fortdauer einer Freiheitsentziehung; ich wurde frei gelassen. Der Vorwurf ? Beim Protest gegen einen Naziaufmarsch soll ich 2007 versucht haben, eine Polizeikette zu umrunden. Es gibt kein Gesetz, das dies verbietet! Es reichte aber schon mal für eine Festnahme… Protest ist für die Polizei unbequem, das reicht als Grund.

Az. 5 K 1045/09 , Oberverwaltungsgericht Münster: rechtswidrige Ingewahrsamnahme in Steinfurt nach der sechsstündigen Luft-Blockade eines Urantransportes nach Russland über der Bahnlinie Gronau-Münster im Januar 2008. Ich habe 4 Jahre später ein vom OVG ein Zettel Papier mit den Worten „Beschluss“ erhalten. Na toll.

Az. 3 A 185/09 Verwaltungsgericht Lübeck: Eine Ingewahrsamnahme auf dem Weg zu einer Antifa-Demo im März 2008 war rechtswidrig. Polizei hatte mal wieder keine Ahnung von Versammlungsfreiheit.

21 XIV 7729 B Amtsgericht Lüneburg:  Rechtswidrige Ingewahrsamnahme nach einer Protestaktion gegen einen Naziaufmarsch auf dem Dach des Lüneburger Bahnhofes.

Az. 20 W 256/09 OLG Frankfurt am Main:  Rechtswidrigkeit einer Ingewahrsamnahme von einer Dauer von 23 Stunden! Anlässlich von Aktionen gegen die Privatisierung öffentlicher Räume (Stichwort Fassadenklettern) –

Az. 4 O 298/12, Landgericht Gießen:Rechtswidrige willkürliche Festnahme und Misshandlungen  im Gewahrsam in Gießen 2009. Ich habe inzwischen 1500 Euro Schmerzensgeld erstritten. Geld kann aber die Missahndlungen nicht wieder gut machen. Diese Willkür hat Folgen, das nennt man PTBS.
[…]
Der Einsatzleiter, EPHK Klingelhöffer wurde für die Freiheitsberaubung nicht behelligt. Er kann doch nicht wissen, dass man keine Ingewahrsamnahme zur Verhinderung von „politisch motivierten Aktionen“ anordnen darf… Erlaubnistatbestandsirrtum, sagte die Staatsanwaltschaft.
« Auch verwirklichten die Beschuldigten den Tatbestand der Freiheitsberaubung zum Nachteil
 Anzeigeerstatterin sowohl in objektiver also auch subjektiver Hinsicht, da der Beschuldigte EPHK Klingelhöfer die Ingewahrsamnahme der Anzeigeerstatterin anordnete und die Beschuldigten PK Seibel und PK Brettschneider diese umsetzten. »

schrieb die Staatsanwaltschaft. Und weiter:
« Allerdings ging der Beschuldigte EPHK Klingelhöfer von der Rechtmäßigkeit seines Handelns aus. Denn er meinte, die Ingewahrsamnahme der Anzeigeerstatterin wäre gem. § 32 Abs. 1. Nr. 1. und Nr. 2 HSOG erforderlich und seine Anordnung damit gerechtfertigt gewesen.
Damit handelte der Beschuldigte in einem Irrtum über rechtfertigende Umstände (so genannter Erlaubnistatbestandsirrtum), was zur Straflosigkeit seines Handelns führt. »

Auf  meine Beschwerde  hin wurde das Verfahren später wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Für die Verfolgung von Misshandlungen und einer Freiheitsberaubung gab es seitens der Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Az. VG 1.K 257.11  rechtswidriger Platzverweis und Festnahme anlässlich einer Protest-Kletteraktion gegen das Berliner Atomforum.. P
rotest wurde durch den Platzverweis und die Festnahme einfach unmöglich gemacht.

Az. 5 XIV 1/11, Amtsgericht Wolgast Lubmin: Rechtswidriger Gewahrsam nach Protestklettern gegen den Castortransport

Az. 3 UR II 3/12 Amtsgericht Hameln: Rechtswidriger Gewahrsam beim Protest gegen die Lieferung von Plutoniumbrennstäben (MOX) in Grohnde. Die Beamten hatten mal wieder keine Ahnung von dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Das nenne ich einfach mal (wieder) Freiheitsberaubung.

 Az. 5 A 87/13: Verwaltungsgericht Lüneburg
Als nächstes kommt der Beschluss vom Verwaltungsgericht Lüneburg, dass wieder mal einen rechtswidrigen Eingriff der Polizei gegen eine Demonstration zum Gegenstand hat. Er betrifft eine einfache Kletteraktion, wo es darum ging, Banner und Zeichen des Antiatom Widerstandes in Bäumen aufzuhängen. Die Versammlung wurde durch die Polizei damals (2011) gesprengt und ich klagte dagegen.

 Az. 5 K 1971/11 Verwaltungsgericht Hamburg
Das ist der jüngste Beschluss, den ich im Februar 2015  erstritten habe, das war ein rechtswidriger Gewahrsam (und rechtswidrige Anwendung von Zwang und Schmerzen der zu Verletzungen führte) anlässlich einer Protest Kletter-Aktion gegen den Kohle- und Atomkonzern Vattenfall 2011 in Hamburg. 500 Euro Schmerzensgeld konnte ich inzwischen auch durchsetzen. Gezahlt hat das Land Hamburg, für die Eingesetzten BeamtInnen und den Einsatzleiter, LPD Kneuper, hatte es keine Folgen. Von einem Landespolizeipräsidenten kann man nicht verlangen, dass er das  Polizeigesetz kennt. Also war das keine schuldhaft begangene Freiheitsberaubung seinerseits. Ich nenne dies aber trotzdem Freiheitsberaubung, Und Geld kann weder diese Freiheitsberaubung noch die Verletzungen und Schmerzen die ich erleiden musste, wieder gut machen.

Und hier zuletzt ein paar Details zum mehrfach erwähnten Verfahren, das aktuell vor dem EGMR anhängig ist… Az. ECHR-LGer 1.1R  AMU/KU/tku  Beschwerde Nummer 80442/12. Es geht um eine viertägige vorbeugende Ingewahrsamnahme „zur Gefahrenabwehr“ zur Verhinderung von einer möglichen Ordnungswidrigkeit beim Castor 2008, die von Deutschen Gerichten für rechtmäßig erklärt wurde.  Also nicht mal Erzwingungshaft, sondern einfach Gewahrsam, präventiv, für den Fall der Fälle, Baumklettern kann ja unter Umständen ordnungswidrig sein. Das Verfahren ist nun vor dem europäischen Gericht für Menschenrechte EGMR anhängig. Man kann gespannt sein, was der EGMR über die Aussage des Lüneburger Gerichtes, dass es sich für die Forderungen vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT ) nicht interessiert (es steht schwarz auf weiß in dem Beschluss), sagt. Denn die Haftbedingungen haben eindeutig dagegen verstoßen!
Ich wurde in einer weiß gekachelte Zelle ohne Klo und Fenster im Keller des Polizeipräsidiums Braunschweig eingesperrt. Es gab kein Freigang, sondern ein halbstündiger Aufenthalt auf dem Parkplatz der Polizeistation, ich wurde wie ein Hund an der Leine spazieren geführt: ich war nämlich dabei an einer Polizeibeamtin gefesselt. Um auf Klo gehen zu dürfen musste ich klingeln und bis zu einer halben Stunde warten.Im Gewahrsamstrakt auf dem Weg zum Klo hingen Folterbilder von an Füssen und Händen gefesselten Menschen oder eine umrahmte Delle in der Wand, mit der Überschrift „Kopfstoss gleich Kopflos“. –  Welch ein Polizei-Humor. Ist das nicht mindestens Psycho-Folter?
Und die Polizeidirektion hat selbst zu gegeben, dass diese Bilder gegen die Antifolterrichtlinien verstoßen!
Auf Initiative von AktivistInnen und weiteren UnterstützerInnen wurden im Dezember 2008 Bilder von den Zuständen in der Braunschweiger Polizeidirektion öffentlich. Es fand eine Pressekonferenz statt, worauf eine gemeinsame Begehung der Gewahrsamszellen zusammen mit BeobachterInnen von Amnesty international und einer Landtagsabgeordneten folgte.. Kurz darauf teilte der Braunschweiger Polizeipräsident schriftlich mit: „Die Fotos mit Fesselungsbeispielen im Braunschweiger Polizeigewahrsam wurden entfernt.“ Mit der Begründung, die Gewahrsamsordnung für Niedersachsen sei mit Wirkung zum 1.1.2009 geändert worden, um den „Forderungen des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ nachzukommen.

Vor dem EGMR wurde aber das Vorgehen der Braunschweiger Polizei verteidigt: Im Namen der Bundesregierung wurde vorgetragen, dass die besagten Bilder zu „Ausbildungszwecken“ an der Wand hingen. PolizeibeamtInnen genossen also eine Ausbildung zum Foltern!
Aus der Stellungnahme der Bundesregierung:
Rn. 77 „ Die Bundesrepublik möchte an dieser Stelle deutlich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Bilder für die Beschwerdeführerin beeinträchtigend gewirkt haben.Nach Darstellung der Polizeidirektion Braunschweig, handelte es sich bei den Bildern ausschließlich um Fotografien von Mitarbeitern des Polizeigewahrsams, die die dargestellten Situationen zu polizeiinternen Schulungszwecken simuliert haben. Eine Einschüchterung sei nicht beabsichtigt gewesen. „

Die Bundesregierung reichte darüber hinaus eine Stellungnahme der Polizeidirektion Braunschweig an die Polizeidirektion „Küneburg“ein. Dort wird erläutert was mit Schulungszwecken gemeint ist.
text
Die Delle in der Wand war sicher zu Ausbildungszwecken da, damit die Beamten lernen, wie man Gefangenen den Kopf gegen die Wand stößt und anschließend behauptet, dass diese sich selbst verletzt haben? Das ist doch eine Steilvorlage für alle möglichen Exzessen, wenn in der « Schulung » schon vermittelt wird, dass man Menschen verachten darf!
Also sollten man sich über Misshandlungen durch PolizeibeamtInnen, wie sie vor kurzem in Hannover öffentlich gemacht worden, wundern!

Ich bin seit vielen Jahren politisch engagiert; der Protest stört die Mächtigen dieser Welt. Die Folgen sind Überwachung, willkürliche präventive Festnahmen ohne Verurteilung, Misshandlungen, Gewalterfahrungen , etc.

Das sind alles Erfahrungen die ihre physischen und psychischen Spuren hinterlassen. Eine blutige Wunde wird beachtet, warum ist es bei einer unsichtbaren emotionalen Wunde nicht der Fall? 
Wiederholte willkürliche Gewalterfahrungen – seien sie physischer oder psychologischer Natur – gehen nicht einfach so an den Opfern dieser Gewalt und Willkür vorbei.
„Post-traumatische Belastungsstörung“ (PTBS), werden die Folgen dieser Willkürhandlungen gegen Betroffene genannt.  PTBS gibt es nicht nur bei Katastrophen und Soldaten. Ich leide wie unter Punkt 2 ausgeführt an PTBS.

Die Posttraumatische Belastungsstörung (Abk.: PTBS; engl.: Post-traumatic Stress Disorder, Abk.: PTSD) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Charakteristisch für die PTBS ist das ungewollte Wiedererleben von Aspekten des Traumas. Menschen mit einer PTBS haben dieselben sensorischen Reakt
ionen (z.B. Bilder, Körperempfindungen) wie während des traumatischen Erlebnisses.  Situationen oder Personen, die an das Trauma erinnern, werden von den Betroffenen als extrem belastend erlebt und rufen starke körperliche und gefühlsmäßige Reaktionen hervor.

Diese Reaktionen sind eine gesunde Antwort auf ein krankes System – wie krank das System ist, wurde in diesem Antrag im Ansatz dargelegt, doch es fällt Betroffenen schwer, damit umzugehen, das bleibt für sie belastend, auch wenn es sich gut erklären lässt. Wenn die Handlungen des Staates gegen BürgerInnen unvorhersehbar und willkürlich werden, fehlt es an Rechtssicherheit. Diesen Mangel an Rechtssicherheit und diverse Gewalt- und Willkürerfahrungen, die in der Regel Willkürstaaten charakterisieren, können für PTBS ursächlich sein. 

Ein Gerichtsbeschluss, der die Rechtswidrigkeit einer polizeilichen Maßnahme feststellt, kann nicht das Geschehene ungeschehen machen. Er schützt leider auch nicht vor weiteren rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen. Das System ist der Fehler.

Also wenn Sie meinen, ich muss in Erzwingungshaft weil ich eine Ordnungswidrigkeit begangen habe und nicht zahlen will, dann beantrage ich einfach mal ein bisschen Erzwingungshaft für die für rechtswidrige Maßnahmen verantwortlichen Polizeibeamten.  Damit diese ja ein bisschen Zeit haben, darüber nachzudenken, welchen gesellschaftlichen Schaden sie mit ihrem Verhalten anrichten. Wenn sie schon regelmäßig Menschen ihrer Freiheit berauben, können sie auch mal rein schnuppern, wie es sich anfühlt.
Oder besser: Knast wird sofort abgeschafft! Dann muss man sich nicht mehr einen Kopf drum machen, ob Erzwingungshaft oder nicht. Die Welt wäre schöner.

Ich denke ich habe eindrücklich dargelegt, weshalb  mein Gehorsam nicht zu erzwingen ist.
Ein letztes passendes Gedicht zum Schluss.

Verstandsaufnahme

Erich Fried

(aus: Die bunten Getüme, Wagenbach, Berlin 1988, S.48)

Der Befassungsschutz

verschützt die Versitzenden

vor denen die den Verhörden

als bestockte Beschwörer verkannt sind

weil sie eine Beänderung

der Lebensverdingungen wollen

durch Bewandlung der Produktionsbehältnisse

Ein wohlverstallter Veramtenapparat

leistet Bezicht auf eigenes kritisches Denken

die Herrschenden aber halten Verratungen ab

wie sie die Verherrschten

davon abhalten können

sich verdrückt und um ihr Leben vertrogen zu fühlen

Ein Heer von Bedummern

will sie zur Selbstverherrschung erziehen

und verarbeitet zu diesem Zweck

die Normalbebraucher

mit Verschwichtigungen

und mit Betröstungen

Aber seht die Behafteten

und ihre verwaffneten Verwacher

und was die Gerichte bezapfen

vor die man sie stellt

Seht euch diese Verweisbefahren an

die Haftverfehle

und Bestöße gegen das Grundrecht

die Bedrehungen und ausweichenden Verscheide

dann die Hauptbehandlungen

und die begnügten Verrichterstatter und zuletzt die Beurteilten

und die vergnadigten Kronzeugen

Wieviel Bestellung

wieviel heimliches Einbenehmen

wieviel Bekommenheit angeblich beläßlicher Menschen

die verstochen sind von ihren betauschbaren Rollen

von Verförderungsbesprechungen

oder auch nur von der Verrufung auf ihre Treue

als Diener des Staates

Seht die Bemarktung

der menschlichen Arbeitskraft

die Bezahnung der Staatsorgane

in immer neuen Verreichen

seht die Verleidigung der Würde des Menschen

und fragt euch dann ob ihr das

verjahen wollt oder beneint

Mein Deutsh-Französisch Wörterbuch kennt das Wort Erzwingungshaft im übrigen nicht. Ist einfach zu absurd um dies zu übersetzen!

Mit atomkraftfeindlichen staatskritischen selbstbestimmten Grüßen

Cécile Lecomte

Une réflexion sur « Der Stachel im Arsch der Justiz »

  1. Richter Tebbe hat in einem absurden Beschluss 1 Tag erzwingungshaft verhängt. Eichhörnchen hat dagegen Beschwerde eingelegt. Diese liegt nun beim Landgericht.

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