Eichhörnchen Kommentar
Mit Richterin Ahle in Potsdam führe ich schon seit Jahren einen Paragrafen-Krieg. Dort landen die ganzen Ordnungswidrigkeitsverfahren um Verstoße gegen die Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung. Also wer gegen den Castortransport auf die Schiene demonstrieren geht und einen Nachnamen mit L bis Z als Anfangsbuchstabe hat, darf Richterin Ahle kennen lernen.
Grundrechte fallen bei Richterin Ahle nicht so ins Gewicht,denn eine Verurteilung der bösen Aktivistin muss sein. Sie sieht es verbissen und damit es auch bei „unbelehrbaren“ AktivistInnen die zu ihrer Handlung stehen und diese mit zahlreichen Anträge verteidigen schnell zu einem Urteil kommen kann, hat sie sich in der Rechtsprechung per Ankreuzformular spezialisiert. Viel schneller geht es allerdings nicht, denn die Betroffenen wissen sich mit Gegenanträgen und Beschwerden zu wehren.
Das Urteil, das Richterin Ahle im Dezember 2012 wegen dreier Kletteraktionen gegen Castortransporte und einem Naziaufmarsch gesprochen hat (200 Euro Bußgeld), beschäftigt Monate später immer noch die Gerichte.
Mit meiner Laienverteidigerin Hanna, habe ich Rechtsbeschwerde eingelegt. Ohne Verteidigerin hätte ich mein Rechtsmittel nicht begründen dürfen. Hier sieht man den Vorteil der Laienverteidigung. Es lohnt sich, sich das Wissen anzueignen um in der Lage zu sein, sich gegenseitig zu verteidigen (Genehmigung nach §138II der Strafprozessordnung). Ich verteidige auch ab und zu andere AktivistInnen, wenn ich grad nicht selbst angeklagt bin. Zu zweit auf der Anklagebank macht es mehr Spaß. Und für meine Beschwerde in Potsdam hätte ich nie einen Anwalt bezahlen können/wollen.
Die Erfahrung zeigt, dass es sich lohnen kann, eine aufwendige Beschwerde zu schreiben – dabei sind wir mit Revision oder Rechtsbeschwerde noch nicht sehr erfahren. Die Rechtsprechung der Frau Ahle per Ankreuzformular wollte ich nicht so stehen lassen. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten sind die Chancen auf Zulassung und Erfolg einer Rechtsbeschwerde sehr gering – die Chance haben wir trotzdem genutzt.
Das Schreiben der Staatsanwaltschaft, das ich am heutigen Tage erhielt, ist für Richterin Ahle eine Schlappe!
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg sieht ein, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen einen Grund dafür bieten, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechtes zuzulassen (Aktenzeichen 53 Ss-OWi 189/13, Brandenburgisches Oberlandesgericht). Eine Grundsatzentscheidung des Oberlandesgerichtes soll es nach dem Willen der Generalstaatsanwaltschaft aber nicht geben.Es sei so die Oberstaatsanwalt Böhme „nicht (mehr) geboten eine solche Entscheidung herbeizuführen, weil die Verstoße Jahre zurück liegen. Die Anklagebehörde will nicht weiter machen, sie will die drei Bußgeldverfahren, die in einem geführt worden sind, nun einstellen. Sie gibt klein bei.
Wie das Oberlandesgericht nun entscheiden wird, wird sich zeigen… Mich würde ein Grundsatzurteil schon interessieren… also ist eine Kanalbrücke eine Bahn- oder Schifffahrtsanlage? Ist das Betreten eines Bahnhofes anders zu bewerten, je nachem ob man drinnen ist oder sich auf dem Dach aufhält? Mit einer Einstellung kann ich natürlich auch leben… die hätte aber früher kommen können, wenn die Frau Ahle sich nicht so verbissen zeigen würde.
Der Vorgang zeigt auf jeden Fall, dass das Urteil von Richterin Ahle selbst für die Staatsanwaltschaft nicht mehr zu halten ist! Dabei hätte Richterin Ahle früher Feierabend machen können und das Verfahren selbst einstellen können, wie ihre Kollegin Richterin Von Büllow es im Hinblick auf die schwierigen Rechtsfragen in der selben Sache es tat – auf der Anklagebank saß damals mein „Mittäter“ Karsten.
In einer anderen Rechtsbeschwerdesache lässt die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Brandenburg seit nun über einem Jahr auf sich warten…